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neumarktonline Dokumentation

100 Jahre Neumarkter SPD

Von Karl-Heinz Brandenburger *

Trotz aller derzeitigen Schwierigkeiten brauchen wir unser Licht keineswegs unter den Scheffel stellen. Ganz im Gegenteil: Mit stolzer Brust und hoch erhobenem Haupt blicken wir in diesem Jahr auf eine 100jährige SPD-Tradition in Neumarkt zurück.

Im Jahre 1904 fanden sich im Gasthaus "Zum Schwan", am Unteren Markt mutige Männer zusammen und gründeten den SPD Ortsverein Neumarkt. Die "Taufpaten" waren: Franz Plank sen., Peter Dirner Philipp Großmann, Peter Müller, Karl Friedel, von Heckel, Schneidermeister Loose und andere, namentlich nicht mehr bekannte Freunde. Sie begründeten damit die politische Ebene der Arbeiterbewegung in Neumarkt. Franz Plank sen. wurde der Vorsitzende des Ortsvereins. Obwohl der Geist Bismarcks in den Köpfen der meisten Neumarkter weiter lebte, die politisierenden Zentrumskleriker durch wirtschaftlichen Druck auf die SPD-Sympathisanten, „Saalabtreibereien“ und Versammlungssprengungen, die Verbreitung der Sozialdemokratischen Ideen zu verhindern suchten, gelang ihnen dies nicht.

Franz Plank sen. - einer der „Väter“ der SPD Neumarkt
Die Genossen hielten zusammen, zeigten, wo immer nötig Solidarität, halfen sich gegenseitig in misslichen Lagen und kauften bereits im Jahre 1909 ihrem Vorsitzenden, Franz Plank sen., das Bürgerrecht, was zur Folge hatte, dass Franz Plank sen. noch im gleichen Jahr ins „Gemeindekollegium“, heute Stadtrat, gewählt wurde.

Dort wurde er von bürgerlichen Ratsmitgliedern auch gleich „standesgemäß“ begrüßt: „Neben den „Fabrikler setz i mi net“, musste Franz Plank sen. sich anhören, als er zur ersten Stadtratssitzung erschien.

Die sozialdemokratischen Turner wollten ihre Übungen öffentlich vorführen. Dazu mussten sie einen eigenen SPD Sportverein gründen, weil der bürgerliche Deutsche Turnerbund Anno 1893 ein Aufnahmeverbot für SPD-Mitglieder erlassen hatte.

Das Mitgliedsbuch von Franz Plank sen. aus dem Jahr 1905
Auf einer im Juli 1912 in den Tuchersälen in Neumarkt stattgefundenen Jahreskonferenz beklagten Diskussionsredner die Wahlmanipulation durch das Zentrum (politische Vorgängerpartei der heutigen Union). Mittels Stimmzetteldiebstahl und Einschüchterungen erreichten sie, dass die SPD nur eine recht verhaltene Entwicklung genommen hat. Das, obwohl 22 Versammlungen abgehalten und über 67 000 Flugblätter verteilt worden waren.

Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges gelang es den herrschenden Militärkreisen mühelos die sozialdemokratischen Organisationsstrukturen zu zerschlagen. Bereits im September 1914 standen ein Viertel der Neumarkter SPD Mitglieder „im Feld“.

Karl Friedel - Gründungsmitglied des Ortsvereins
Im Mai 1915 wurden nur mehr 11 Mitglieder, gegenüber 105 vor dem Kriegsausbruch, gezählt. Die als „vaterlandslosen Gesellen“ diffamierten (wem kommt dies nicht bekannt vor!?) SPD-Mitglieder wurden überproportional zur Verteidigung „ihres Vaterlandes“ herangezogen. Den Willen zur Einheit der SPD betonten auch die von Frauen gut besuchten Versammlungen im Herbst 1917. Dabei ließen sich spontan 22 Gewerkschaftler demonstrativ in die SPD Neumarkt aufnehmen.

Von revolutionärem Umsturz war während der Weimarer Republik in Neumarkt wenig zu spüren. Die Partei formierte sich schnell wieder, die Gewerkschaften nahmen erheblich an Stärke zu, die Arbeiterbewegung erfreute sich eines starken Aufstiegs. Am 18. Februar 1920 , wenige Tage vor der Ermordung Kurt Eisners, des ersten Bayerischen Ministerpräsidenten, fand in Neumarkt eine Demonstration statt, an der die „freiorganisierte Arbeiterschaft und die Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei aus allen Betrieben Neumarkts“ teilnahmen. „Genosse Großmann“, der die Partei bis 1920 geführt hatte, sprach unter großem Beifall „über die Forderungen der Arbeiter“!

Karl Meier - 2. Bürgermeister von 1948 bis 1961
Bei den Kommunalwahlen 19019 ereichte die SPD vier Mandate. In den Stadtrat wurden gewählt: Philipp Großmann, Justizrat Hans Hacker, Anton Schmitt und, in Abwesenheit, er war noch in Kriegsgefangenschaft, Franz Plank sen., der nach seiner Rückkehr auch den Vorsitz des Ortsvereins übernahm.

Der politische „Gegner“ der Vorkriegszeit, das Zentrum, hatte sich zur „Bayerischen Volkspartei“ gemausert, es waren aber die gleichen Leute! Als 1920 die Amtszeit des Volkspartei-Bürgermeisters endete, bildete sich unter der Führung der SPD eine Koalition mit den Liberalen. Sie nominierten den Rechtsanwalt Georg Weidner, der auch die Wahl für sich entschied und über ein Jahrzehnt gemeinsam mit den Sozialdemokraten die Stadt gut führte.

Bereits im Jahre 1923 zeigten sich die braunen Horden in Neumarkt. Es kam zu einem schweren Zusammenstoß zwischen bewaffneten schwarz-weiß-roten Provokateuren und linksgerichteten Arbeitern. Es wurden 25 Linke vor Gericht gestellt und zu Gefängnisstrafen zwischen 3 und 25 Monaten verurteilt.

Franz Plank jun. - 2. Bürgermeister von 1961 bis 1978, Parteivorsitzender von 1952 bis 1967
Bezeichnenderweise musste sich keiner der „Neu-Deutschen“ vor der Justiz verantworten, obwohl auch zu dieser Zeit Waffenbesitz untersagt war. Die rechtslastige Justiz und die aufkommende Nazi-Bewegung warfen ihre langen Schatten voraus.

Die Stadtratswahl von 1925 bestätigte die SPD in ihrer Stärke. Zu heftigen Auseinander- setzungen mit der Volkspartei-Mehrheit kam es 1929 in der Frage, ob für das Rathaus eine schwarz-rot-goldene Fahne angeschafft werden sollte. Der unselige Flaggenstreit in der Weimarer Republik fand so auch in Neumarkt seinen Widerhall.

Weiterhin beantragte die SPD-Fraktion die Bereitstellung eines Platzes für ein Friedrich- Ebert-Denkmal. Beide Vorhaben lehnte die Volkspartei auf Einwirkung der NS-Rathausmitglieder ab. Das Ebert-Denkmal wurde dann auf einem Grundstück der Baugenossenschaft an der Badstraße errichtet und von Bürgermeister Weidner in die Obhut der Stadt genommen. Die Nazis zerstörten die Gedenkstätte an den ersten Reichstagspräsidenten im Jahre 1933.

Der Tod von Franz Plank sen. im Jahre 1930 , riss eine schmerzliche Lücke in die Reihen der Neumarkter Sozialdemokraten. Nachfolger im Parteivorsitz wurde Hans Rödl. Die Machtergreifung der Nazis führte auch in Neumarkt dazu, dass mit diktatorischen Maßnahmen alle politischen Gegner ausgeschaltet wurden, um der NSDAP die absolute Macht zu bringen. Die Stimmengewinne der Nazis bei der letzten Reichstagswahl am 5. März 1933 waren Anlass, den Stadtrat nach diesem Ergebnis umzubesetzen. Die Umbildung verlief so, dass die Volkspartei und die NSDAP ihre Mandate behielten, die SPD erhielt nur mehr zwei und die Kommunisten sowie die Deutschnationalen verschwanden ganz. Die SPD Stadträte waren Josef Plank und Karl Friedel.

Plank gab in der ersten Sitzung des neuen Stadtrates ein klares Bekenntnis zu Deutschland und zur Demokratie ab. Bald darauf baten die SPD-Vertreter "von ihren Mandaten entbunden zu werden, da ihnen eine Mitarbeit unmöglich gemacht werde". Der Fraktionsvorsitzende der Volkspartei, Romstöck, äußerte dabei:" Wir begrüßen es, dass der Parteienhader verschwunden ist, um endlich in Rahmen des Möglichen vernünftige Arbeit leisten zu können für unsere Stadt". Die BVP schwenkte damit auf NS-Kurs ein und stimmte bis zu ihrer Auflösung allen NS-Vorlagen im Stadtrat zu.

Nach dem Ausschalten der Gewerkschaftsbewegungen am 2. Mai 1933 wurde in Neumarkt die SPD im Juni verboten.

Acht der gesinnungstreuen Genossen wurden ins KZ nach Dachau verschleppt: Josef Plank, Peter Dirner, Josef Kleber, Hans Rödl, Johann Silberhorn, Hans Hofbauer, Peter Geiß und Matthias Haßlbeck.

Nach der Rückkehr aus Dachau fanden die Gemaßregelten erst ein Jahr später wieder Arbeit, und das auch nur, wenn sie NS-Organisationen beitraten. Die Traditionsfahne des Ortsvereins wurde- trotz wiederholter Haussuchungen der Nazis- von Maria Plank, der Frau von Franz Plank, sicher verwahrt und bei der "Wiedergründung der SPD neu entrollt".

Zum zweiten Teil: Der Neubeginn 1945

* Gast-Autor Karl-Heinz Brandburger ist Vorsitzender der Neumarkter SPD

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