Täglich zwölf Stunden Identifizierungarbeit
NEUMARKT. Nach wie vor gilt eine 60jährige Geschäftsfrau aus Neumarkt als Vermißte der Flutkatastrophe in Südostasien
(wir berichteten mehrfach). Jetzt kehrte ein freiwillig nach Thailand gereister Nürnberger Kriminalbeamter zurück und berichtete von den aufwendigen Identifizierungsarbeiten in den Katastrophengebieten.
Der Nürnberger Kripochef Wolfgang Geier (links) begrüßte Krimi-
nalhauptkommissar
Jochen Keller zurück in der Heimat.
Nach dem schweren Seebeben am Zweiten Weihnachtsfeiertag in
Südostasien war das Bundeskriminalamt auf die Unterstützung von
Polizeibeamten aus den Ländern bezüglich der
Identifizierungsmaßnahmen mit angewiesen.
Kriminalhauptkommissar Jochen Keller, Angehöriger der
Kriminalpolizeidirektion Nürnberg, war von Anfang an überzeugt, dass
er bei dieser schwierigen Arbeit mithelfen wolle. Deshalb meldete
sich der 35jährige Junggeselle, der vor 16 Jahren nach dem Abitur
bei der Bayerischen Polizei eintrat, sofort für diese Aufgabe. Die
geforderten Qualifikationen erfüllte er, denn er ist seit fünf Jahren
Todesermittler bei der Nürnberger Mordkommission und spricht fließend
Englisch. Der psychologische Test war für ihn nur noch Formsache und
gesund ist er ebenfalls - auch die nötigen Impfungen waren bei ihm
gegeben.
Ohne genau zu wissen, in welchem Teilbereich er eingesetzt würde,
trat er von Frankfurt über Bangkok den Flug nach
Phuket/Thailand an. Dort wurde er in die internationale
Expertenkommission TTVIC (Thai Tsunami Victim Identification Center)
integriert. Die Leitung hatte die thailändische Regierung. Quartier
bezog er in Phuket-Town in einem Bürogebäude der thailändischen
Telefongesellschaft. Seine Aufgabe bestand darin, die Daten von
ausführlichen Vermisstenanzeigen aus der ganzen Welt mit den Daten,
die anlässlich der Obduktion der Flutopfer festgestellt wurden, zu
vergleichen, um so eine Identifizierung herbeizuführen. Mit der
eigentlichen Untersuchung der Opfer war Jochen Keller nicht befasst.
Herausragend war für ihn dabei festzustellen, dass die
Wissenschaftler, Ärzte und Polizeibeamten aus über 30 Nationen eng
kooperierten und jede Nation für jeden anderen arbeitete. Bis zum
8. März hatte er eine tägliche Dienstzeit von zwölf Stunden, und das
sieben Tage in der Woche, zu absolvieren.
Als absolut positiv empfand Jochen Keller die Reaktion der
thailändischen Bevölkerung. Sie war jederzeit freundlich und
hilfsbereit, zollte Lob und Anerkennung und bedankte sich für die
geleistete Arbeit.
Jochen Keller sieht seine Aufgabe erfüllt, denn es war ihm von
Anfang an klar, dass die Identifizierung der Toten ein wichtiger
Beitrag ist, um den Angehörigen bei der Bewältigung ihrer Trauer
beizustehen und sie auf diese Art und Weise ihre Toten
zurückbekommen.
Die 60 Jahre alte Geschäftsfrau aus Neumarkt war nicht unter den identifizierten Toten. Nach Angaben des Landeskriminalamtes zählt sie zu den insgesamt drei vermißten Personen aus der Oberpfalz. Zwei weitere Oberpfälzer (29 und 34 Jahre alt), die ursprünglich als vermißt galten, wurden unter den Toten identifiziert. In ganz Bayern ist das Schicksal von 126 Vermissten noch nicht geklärt
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