Die Schattenspender leiden


Dieser Ahorn in Woffenbach zeigt seit mindestens vier Wochen die typischen Symptome einer Blattrandnekrose, hieß es vom Bund Naturschutz. Dieses Krankheitsbild war bislang lediglich bei Kastanien aufgefallen und da auch nur später im Jahr
Foto: Greiner
NEUMARKT. Die Hitze macht den Stadtbäumen in Neumarkt zu schaffen: ausgerechnet die "Schattenspender und Klimaregulierer" leiden.

Der Bund Naturschutz bat am Montag die Neumarkter Bürger um Hilfe: „Mit ein bis zwei großen Gießkannen Wasser am Tag kann man den Bäumen bei dieser Trockenheit schon helfen“, sagte Vorsitzender Alfons Greiner.

Die Mitarbeiter des Bauhofs seien zwar täglich mit ihren wasserspendenden Fahrzeugen im Einsatz, bei der jetzigen Trockenheit reiche dies aber auch nicht mehr, hieß es von den Naturschützern. Hier sollten "die Bürger helfend eingreifen". Es sei schon jetzt klar, daß einige Bäume diesen heißen Sommer nicht überleben werden.


Stadtbäume würden das derzeitige Extremwetter für Menschen erträglicher machen – doch auch sie leiden unter der anhaltenden Hitze und Trockenheit.

„Die anhaltende Hitze mit Temperaturen bis zu 37 Grad macht vielen Bürgern sehr zu schaffen, auch nachts kühlen sich die Häuser und Wohnungen nur wenig ab. Wohl dem der da schattenspendende Bäume um sich hat“ sagte Richard Mergner, Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern. „Doch auch die Bäume leiden und lassen in der sengenden Mittagshitze ihre Blätter hängen“ so Mergner.

Die Stadt sei für Bäume ein Extremstandort, hieß es: Stadtbäume haben häufig einen sehr eingeschränkten Wurzelraum. In den meisten Fällen ist die Baumscheibe nur wenige Quadratmeter groß und wird durch den Gehweg, die Straße und hinten und vorne durch Parkplätze begrenzt und von Randsteinen aus Beton eingefasst.

Hinzu kommen oft Ver- und Entsorgungsleitungen im Boden unter den Bäumen und durch Sorglosigkeit tritt im Laufe der Jahre eine hohe Bodenverdichtung ein. Somit wird das Vordringen der Baumwurzeln bis zum natürlich gewachsenen Boden und zum Grundwasser verhindert.

Wenn die Baumscheibe austrocknet, leiden die Bäume sehr, und auch kurzzeitige Starkregenereignisse bringen kaum Erholung. Das meiste Wasser fließt in den Städten über die Kanalisation ab und steht den Bäumen nicht mehr zur Verfügung.

Zusätzliche Belastungen für Stadtbäume nach Angaben der Naturschützer: Abstrahlung von Glasfassaden, aufgeheizter Beton und Asphalt, Abgase, schlechter Baumschnitt, häufige Verletzungen durch Bauarbeiten und auch der Einsatz von Streusalz machten sich jetzt bei den Bäumen bemerkbar, indem die Blätter vom Rand her vertrocknen. Unter diesen sogenannten Blattrandnekrosen leiden vor allem Ahorn, Linden und Kastanienbäume.

Der Bund Naturschutz würde es begrüßen, wenn es der Stadt Neumarkt gelänge, mit entsprechenden Aufrufen die Bevölkerung zur „Baumpflege“ und zur Wasserversorgung zu motivieren, hieß es am Montag. In vielen Städten gebe es bereits BN-Baumpatenprojekte. In der Stadt Nürnberg zum Beispiel kümmern sich etwa 1000 Baumpaten um über 1300 Stadtbäume. Die Baumpflege übernimmt natürlich weiterhin die Stadt. Die Baumpaten pflegen die Grünfläche, in der der Baum steht und können sich gestalterisch verwirklichen zum Beispiel mit bunter Staudenbepflanzung, an manchen Baumstandorten findet sich ein Liegestuhl oder ein Vogelhäuschen. Dies werte die häufig als Restfläche, Hundeklo oder Müllabladeplatz wahrgenommene Baumscheibe auf.

Und auch für die Bäume bringe das viele Vorteile: Der Unterwuchs dient als Verdunstungsschutz, durch die Wurzeln der Stauden wird der Boden der Baumscheibe gelockert, zusätzliches Hacken verbessert die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens und natürlich wässern die Paten ihre Bäume an heißen Sommertagen. Die Bäume danken es und kühlen durch Transpiration, also Verdunstung von Wasserdampf über ihre Blätter die Umgebung ab. Dies macht die Stadtbäume als natürliche Klimaanlagen überlebensnotwendig für die Bevölkerung.

In Städten verschlechtert die hohe Wärmespeicherfähigkeit von Beton und Asphalt und der hohe Versiegelungsgrad die Situation zusätzlich und führt zu einer Stauung der Hitze. So ist es in Städten immer bis zu fünf Grad wärmer als im unbebauten Umland. Grünflächen spielen daher für die Klimatisierung einer Stadt eine sehr wichtige Rolle.

Bäume haben den größten Einfluss auf das urbane Mikroklima, sie kühlen durch Verdunstung und verschatten Höfe, Straßen und Plätze. Außerdem sind sie für den Erhalt der Biodiversität von größter Bedeutung. Ein ausgewachsener Laubbaum verdunstet an einem heißen Sommertag bis zu 400 Liter Wasser und kühlt somit seine Umgebung ab. Zudem sind sie effektive Schattenspender: Mit gerade einmal 15 Meter Kronendurchmesser schafft es ein einziger Laubbaum, eine Fläche von 160 Quadratmeter mit seinem Schatten zu kühlen.

Vor diesem Hintergrund sei es umso dramatischer, dass in den meisten Städten und Gemeinden Bayerns jedes Jahr eine große Zahl an Bäumen unwiederbringlich abgeholzt wird. Zum Schutz der Bäume haben nur etwa 100 von insgesamt 2056 Kommunen eine Baumschutzverordnung erlassen. Die Stadt Neumarkt besitzt übrigens eine solche. .

„Angesichts der positiven Effekte der Bäume auf das Stadtklima, die Luft- und Lebensqualität, Biodiversität und ihrer gesundheitlichen Wirkung, haben die Bürger natürlich ein starkes Interesse am Wohlergehen ihrer Stadtbäume“, sagte Greiner.
06.08.18
Neumarkt: Die Schattenspender leiden
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