Selbstverschuldeter K.O.

NEUMARKT. Der Verlust des Rathaus-Sessels ist für die Neumarkter CSU zweifellos der Super-GAU.

Und schon in der Wahlnacht begann die Suche nach dem Grund für die "Watschn" des Wählers, die freilich eher einem blitzsauberen K.O. gleicht. Denn einen heute 41jährigen Oberbürgermeister aus dem Amt zu kegeln, der seinen Job ordentlich macht und keine silberne Löffel klaut, könnte leicht eine Aufgabe für Jahrzehnte werden.

Im Kreuzfeuer der parteiinternen Kritik steht - zunehmend ohne vorgehaltener Hand - Ex-OB Alois Karl, der bei der Kandidatenaufstellung kräftig die Strippen gezogen hat und zwei Tage vor der Wahl mit einem selbstherrlichen "Bürgerbrief" den UPW-Gegenkandidaten abbürstete. Das kam überhaupt nicht gut an bei den Wählern, die ein weit feineres Gespür für Fairness haben, als es abgehobene Politiker mitunter wahrhaben wollen. (Das haben in den letzten Wochen übrigens auch größere Kaliber in der Christlich Sozialen Union erfahren müssen.)

Durch schlimme taktische Fehler wie das Hochspielen eines völlig unwichtigen anonymen Briefs und haltlose Spekulationen über den Autor stellte sich die CSU ohne jede Not auf das Niveau des Briefeschreibers.

Doch das sind nicht die Hauptgründe für die Schlappe: Die Neumarkter wollen einfach wissen, wie es weitergeht in den nächsten Jahrzehnten. Und dafür war ihnen Arnold Graf schlicht zu alt.

Die Integrität, die Erfahrung und die Leistungen des CSU-Kandidaten hat im Wahlkampf zurecht niemand in Frage gestellt. Aber die Neumarkter wollten keinen Oberbürgermeister für drei oder sechs Jahre - zumal in der Bevölkerung die weitverbreitete Meinung nie ganz ausgeräumt werden konnte, daß sich Alois Karl mit der Aufstellung des "alten" OB-Kandidaten Graf die Hintertür offenlassen wollte, notfalls wieder ins Neumarkter Rathaus zurückkommen zu können.

Denn die große Koalition in Berlin dürfte auch dem ehrgeizigen Neu-Hinterbänkler einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht haben: Minister- und Staatssekretär-Posten müssen dort nicht auf zwei, sondern auf drei Parteien verteilt werden - und sind damit in weitere Ferne gerückt als geplant.

So erfolgreich die CSU in der Stadt und im Landkreis bei Landtags- und Bundestagswahlen abschneidet, so zuverlässig gehen die Kommunalwahlen in die Hosen, jedenfalls was die Spitzenämter anbelangt. Man erinnert sich: Der amtierende und der letzte Landrat siegten ebenfalls über die offiziellen CSU-Kandidaten. Allerdings kamen die Landkreis-Chefs aus dem eigenen Stall und waren nur mal schnell zur Wahl abtrünnig geworden.

Bei der OB-Wahl am Sonntag war das anders: Der ebenso wichtige wie prestigeträchtige Chefposten im Rathaus ist für die CSU weg - möglicherweise für Jahre und Jahrzehnte.
Wolfgang Meier
05.12.05
Neumarkt: Selbstverschuldeter K.O.
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