"Keine Erbhöfe mehr"


"Die Zeit der Erbhöfe ist vorbei" - OB Thumann im vollbesetzten Saal des Henger SV.
Foto:wm
NEUMARKT. Strotzend vor Selbstbewußtsein feierte die UPW mit ihrem neuen "Stern am Polit-Himmel" den Politischen Aschermittwoch. "Die Zeit der Erbhöfe ist vorbei", sagte Neumarkts neuer Oberbürgermeister Thomas Thumann unter großem Beifall.

"Die Zeiten ändern sich und die Politik ist nicht mehr die gleiche" begann Thumann seine Rede im Sportheim des Henger SV, das trotz Fußball-Übertragung fast aus den Nähten zu platzen drohte. Der Kreisvorsitzende der Freien Wähler, Hans Gerngroß, erinnerte in einem Grußwort an seine vielleicht nicht ganz ernst gemeinten Worte vor von zwei Jahren: "Irgendwann reicht der Saal nicht mehr!"

In moderatem Tonfall, aber durchaus inspiriert von den harten Worten anderer politischer Aschermittwoche, rechnete Thumann vor allem mit "abgehobenen Polit-Profis" ab, die "fern aller Realität" Beschlüsse fassen und für die es Zeit werde, daß "wieder Vernunft und gesunder Menschenverstand regieren".

Angesichts der Verschuldung des Landes scheine es, als hätten "Blindheit und Unverstand die Republik fest in ihrem Griff". Thumann forderte das Konnexitätsprinzip ein, nach dem derjenige für die Kosten aufkommen müsse, der sie verursache.

Als Beispiel "kompletter Verirrung" bezeichnete Thumann das Büchergeld und die unterschiedlichen und teils widersprüchlichen Erlaße von Staatsregierung und Innenministerium: "Da wird in München ohne Hirn und ohne Verstand entschieden".

Der neue Neumarkter Stadtchef zählt offenbar die Tage seines Amtes: "Die letzten 86 Tage waren für mich eine harte Schule", sagte der gelernte Rechtsanwalt, "da ist viel über mich hinweggerollt".

Seine Erfahrung dabei: Viele Politiker aber auch viele Bürger hätten den Kontakt zur Realität verloren, wenn sie ihre Probleme schildern: "Alles muß sofort, bedingungslos, kostenlos und notfalls auch gegen die Allgemeinheit gemacht werden". Dabei sei "nicht jede fixe Idee unbedingt gleich eine Vision".

Der listige Wirtschaftswunder-Minister Ludwig Erhard habe das Wesen eines Kompromisses so beschrieben:"Wenn ich einen Kuchen so teile, daß jeder meint, er hätte das größte Stück gekriegt!"

Thumann brach eine Lanze für den Mittelstand, der im Lande sieben von zehn Arbeitsplätzen und acht von zehn Ausbildungsplätzen stelle und dafür verantwortlich sei, "daß überhaupt noch was läuft".

Der Neumarkter Oberbürgermeister ließ keinen Zweifel daran, daß die Freien Wähler ihre "Politik mit Herz und Verstand" nicht auf die Kommunen beschränken dürfen, sondern auch in den nächsten bayerischen Landtag einziehen müssten.

Kreisvorsitzender Hans Gerngroß, dem vom Orts-Chef der Freien in Postbauer-Heng, Kurt Hartmann, scherzhaft "eine Minute Redezeit" eingeräumt wurde, unterstrich ebenfalls den Anspruch der Freien Wähler, in den nächsten Landtag zu kommen - und überzog tatsächlich nur unwesentlich seine vorgegebene Redezeit. Er appellierte an die zahlreichen anwesenden Gäste, Selbstvertrauen zu zeigen:"Wir Freien Wähler sind wer!"

Gemeinderätin Dr. Stefanie Huber hatte schließlich die Lacher auf ihrer Seite, als sie daran erinnerte, wie prominente UPW-Mitglieder die Tage vor der Neumarkter OB-Wahl verbracht hätten. Der Düring Franz habe in seiner Backstube gebetet, der Jüttner Georg hatte bei seinen Wanderungen zum Mariahilfberg immer seinen Rosenkranz dabei. Und der Reischböck Ernst soll gar einen Handel mit dem Allmächtigen geschlossen haben: "Wenn Du es geschehen läßt, mach ich alles wieder gut, was ich meinen Schülern angetan habe..."
01.03.06
Neumarkt: "Keine Erbhöfe mehr"
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