Subventionen überdenken ?


Pfleiderer-Westeuropa-Chef Michael Wolff begrüßte den Vize-
präsidenten des Europäischen Parlaments Dr. Ingo Friedrich
(rechts) in Neumarkt.
NEUMARKT. Pfleiderer sorgt sich wegen des Booms bei Pellet-Heizungen um den Rohstoff Holz - und erhält Beistand von der hohen Politik.

Kein geringerer als der Vizepräsident des Europäischen Parlaments Dr. Ingo Friedrich war zu Gast in Neumarkt und stellte dabei einer Pressemeldung des Unternehmens zufolge sogar die Subventionierung nachwachsender Rohstoffe zur Energieerzeugung in Frage: Zu große Marktschwankungen könnten aus Sicht des Politikers zu einer "nicht gerechtfertigten Gefährdung der deutschen Möbelindustrie" führen. "Dies muss auch von der deutschen Subventionspolitik berücksichtigt werden", wird Friedrich in der Pressemitteilung zitiert.

In Neumarkt ist diese Stellungnahme des ranghohen Politikers - er ist auch stellvertretender CSU-Vorsitzender - besonders pikant: Wie ausführlich berichtet hat die Pfleiderer AG erst vor einigen Wochen Front gegen das von der Stadt geplante Hackschnitzel-Kraftwerks gemacht. Das Unternehmen äußerte damals gegenüber Oberbürgermeister Thumann "Unverständnis und tiefe Besorgnis". Die Stadt als "Mitbewerber" bedeute "erhebliche Wettbewerbsnachteile für Pfleiderer".

Pelletheizungen sind der Renner, wenn es um die Erzeugung thermisch genutzter Energie geht, heißt es in der Pfleiderer-Pressemitteilung. Die Verkaufszahlen haben sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verfünffacht, der Deutsche Energie-Pellet-Verband gehe für 2006 von rund 70.000 insgesamt installierten Anlagen aus. Und ein Ende des Booms sei nicht in Sicht: Diese Zahl könnte nach Einschätzung des Verbandes in fünf oder sechs Jahren allein pro Jahr neu verkauft werden.

Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe zur Energieerzeugung werde durch Subventionen des Bundesumweltministeriums unterstützt. Durch diese Entwicklung habe sich der Brennholzeinsatz in Deutschland bereits seit 2002 verdoppelt: Insgesamt würden jährlich fast 21 Millionen Kubikmeter Holz als Brennstoff verwendet – vom Scheitholz bis zu Hackschnitzel.

Dieser Trend solle jetzt nochmals verstärkt werden: durch den Biomasse- Aktionsplan der Europäischen Union, der europaweit jährlich zusätzliche 235 Millionen Kubikmeter Holz einfordere. Im Februar 2007 stehe die Verabschiedung der Resolution im Europäischen Rat an.

Komme es dazu, würde Holz zu einem knappen Gut: Europaweit stünden höchsten 100 Millionen Kubikmeter zusätzlich zur Verfügung, davon in Deutschland maximal zehn Millionen. "Die geplanten Größenordnungen gingen folglich zu Lasten der nachhaltigen Holzverarbeitung – allen voran der Holzwerkstoffe", warnt Dr. Peter Sauerwein vom Verband der Deutschen Holzwerkstoffindustrie (VHI). Denn das dafür neben Sägespäne und Hackschnitzel in erster Linie genutzte Rest- und Durchforstungsholz sei – durch den Boom der Pelletheizungen – bereits heute knapp. Und schon in zwei Jahren, so rechnet der VHI, gäbe es nicht mehr ausreichend Sägespäne, um sie zur Produktion von Holzwerkstoffen einzusetzen.

Diese Problematik sei deshalb zentrales Thema eines Gesprächs zwischen Führungskräften der Pfleiderer AG und Dr. Ingo Friedrich, dem Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, gewesen. Der Abgeordnete aus Gunzenhausen sei angesichts der hohen Nachfrage für den begrenzten Rohstoff Holz besorgt, heißt es in der Pfleiderer-Mitteilung. Aus Sicht des Parlamentariers entwickele sich bei der deutschen Holznachfrage eine Wettbewerbssituation, die "zu einem Wettkampf um einen immer knapperen Rohstoff werden kann".

Zu große Marktschwankungen können aus Sicht des Politikers zu einer nicht gerechtfertigten Gefährdung der deutschen Möbelindustrie führen. "Dies muss auch von der deutschen Subventionspolitik berücksichtigt werden", erklärte Dr. Friedrich in Neumarkt. Er will dies auch "im Rahmen geeigneter europäischer Gremien" tun.

Neben den drastischen Preissteigerungen – Industrierestholz und Sägespäne seien allein im ersten Halbjahr 2006 um bis zu 30 Prozent teurer geworden – bereitet Michael Wolff, Vorsitzender der Geschäftsführung BC Westeuropa der Pfleiderer AG, vor allem die darauf basierenden Preiserhöhungen Sorge, die von der deutschen Möbelindustrie verkraftet werden müßten.

In den vergangenen Jahren sei die Nachfrage nach Holzwerkstoffen kontinuierlich gestiegen. Werde in den westeuropäischen Ländern der Rohstoff Holz knapp und damit unverhältnismäßig teuer, stehe damit auch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Möbelindustrie in Frage. Was wiederum die deutsche Holzwerkstoffindustrie besonders träfe: "Von den europaweit jährlich erzeugten 60,5 Millionen Kubikmeter werden 14,5 Millionen von deutschen Unternehmen produziert“.

Der "eindeutige Appell seitens der Industrie an die Politik" laute deshalb, die "staatliche Förderung der aktuellen Situation anzupassen" und auch den "Biomasse-Aktionsplan entsprechend zu überarbeiten".

Denn die Folge von zu knappen Holzressourcen wären eingeschränkte Lieferfähigkeit, Produktionskürzungen und weitere drastische Preissteigerungen von Rohstoffen und Vorprodukten, was in Summe Arbeitsplatzverluste in der gesamten europäischen Holz- und Möbelindustrie nach sich ziehen würde, hieß es von Pfleiderer abschließend.
11.12.06
Neumarkt: Subventionen überdenken ?
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