Probleme mit Lenkzeiten


Hermann Pfeifer und Petra Schöner vom TÜV, MdB Alois Karl
und Bernd Glas von "Arzt-Reisen" (v.l.) bei dem Gespräch in
Neumarkt.
NEUMARKT. Mittelständler kaufen lieber ältere Fahrzeuge, weil das gesetzliche Vorteile bringt, hieß es bei einer Diskussion mit MdB Alois Karl.

Zu einem Erfahrungsaustausch zu den aktuell geltenden Regelungen für die Lenk- und Ruhezeiten trafen sich der Wahlkreisabgeordnete für Amberg-Sulzbach-Neumarkt, Alois Karl, mit der Leiterin der TÜV-Niederlassung Amberg, Petra Schöner, dem Leiter der TÜV-Servicestelle Neumarkt, Hermann Pfeifer und dem Omnibus-Unternehmer Bernd Glas (Arzt-Reisen) im Bürgerbüro in der Hallertorstraße. Dabei schilderten sowohl der Busunternehmer wie auch die TÜV-Verantwortlichen an Hand praktischer Beispiele, dass die an sich für Fernfahrer sinnvolle Neuregelung der Lenk- und Ruhezeiten auf EU-Ebene auf einen zu großen Personenkreis festgelegt wurde und zudem einiger Nachbesserungen bedarf um praktisch besser umsetzbar zu sein.

"Es kann nicht sein, dass heute viele Handwerker und ihre Arbeitnehmer durch eine Regelung, die für Fernfahrer gemacht wurde, bei ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt werden oder alternativ ihren Führerschein riskieren", pflichtete Alois Karl der vorgetragenen Kritik bei. "Deshalb werde ich mich bei meinen Kollegen im Verkehrsausschuss dafür einsetzen, dass hier im Rahmen der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinien möglichst praxistaugliche Regelungen gefunden werden". Da man aber EU-Recht achten müsse, habe er sich mit seinem Kollegen Albert Dess darauf verständigt, dass Deß versuchen wird, auf EU-Ebene den nötigen Freiraum für nationale Gestaltungsmöglichkeiten zu schaffen.

Wie Hermann Pfeifer erläuterte, besteht seit dem 1. Mai 2006 die Verpflichtung bei gewerblichen Neufahrzeugen und Gespannen mit über 2,8 to zulässigem Gesamtgewicht einen digitalen Fahrtenschreiber einzubauen, der auch zwingend zu benutzen ist. Im Kontext mit den verschärften Sozialvorschriften zum 11. April 2007 könnten bei diesen Fahrzeugen eine Reihe von Verstößen durch Handwerker ausgelöst und geahndet werden. Da es aber zugleich versäumt wurde, bisherige sinnvolle Ausnahmetatbestände auch auf Fahrzeuge mit digitalem Fahrtenschreiber zu übertragen, wüssten viele Handwerker gar nicht, dass für Neufahrzeuge bzw. deren Fahrer andere Regeln gelten würden als für Altfahrzeuge.

So gelte die bisherige Befreiung für Fahrzeuge, die nur in einem 50-Kilometer-Radius eingesetzt werden für Fahrzeuge mit analogem Fahrtenschreiber weiterhin, während bei Fahrzeugen mit digitalem Schreiber diese Befreiung nicht mehr angewandt werde, erläuterte Hermann Pfeifer weiter. In der Praxis könne dann ein Maurer mit digitalem Fahrtenschreiber nach einer kurzen Fahrt mit dem LKW zur Baustelle und langen Arbeitszeiten sein Fahrzeug nicht mehr zur Rückkehr in die Firma nutzen, während sein Kollege mit einem älteren Fahrzeug noch heimfahren dürfe. Denn beim Fahrer des neueren Fahrzeugs werde die Arbeit auf der Baustelle im digitalen Fahrtenschreiber als Bereitschaftszeit gewertet, während dies aufgrund der Befreiungsregelung bei seinen Kollegen mit dem alten Fahrzeug nicht der Fall sei. Vielen mittelständischen Handwerkern sei diese unterschiedliche Gesetzeslage gar nicht bewusst.

Zugleich zögen die informierten Mittelständler aus der unterschiedlichen Rechtslage ihre eigenen Konsequenzen. Statt neue Fahrzeuge mit digitalen Datenschreibern zu kaufen, versuchten sie Altfahrzeuge mit analogen Fahrtenschreibern zu erwerben um so die Neuregelung zu umgehen. "Die Folge ist, dass diese neue Gesetzlage dazu beiträgt wichtige Innovationen und Investitionen durch Neufahrzeuge zu unterbinden. Es ist kaum vermittelbar, weshalb ein Fahrer eines älteren Fahrzeugs bei gleichen Umständen eine größere Gefahr darstellen sollte, als der Fahrer eines Neufahrzeuges", waren sich Alois Karl und seine Gesprächspartner einig. Deshalb sei es nicht sinnvoll gewesen, diese vernünftige Regelung für Fernfahrer auch auf Handwerksfahrzeuge im Nahbereich zu übertragen. Deshalb wollen Alois Karl und die TÜV-Verantwortlichen sich dafür einsetzen, dass es zu einer Ausdehnung der Befreiungsgrenze für Fahrten im 50-Kilometer-Umkreis auch auf Fahrzeuge mit digitalem Fahrtenschreiber kommt.

Ein weiteres Thema war die derzeitige Regelung für Ruhezeiten. Die heutigen Lenkzeitregelungen und Kontrollmöglichkeiten durch die digitalen Fahrtenschreiber übten starken Zwang auf die Fernfahrer aus, sich eng an das geltende Recht zu halten. Die Folge sei, dass bereits heute Autohöfe und Autobahnparkplätze überfüllt seien und es in vielen Gewerbe- und Wohngebieten bei Autobahnanliegergemeinden zu Schäden und Behinderungen durch "ruhende" Fernlaster komme. Inzwischen gebe es sogar schon Fälle, in denen Fernfahrer auf Standstreifen ihre Ruhezeiten einlegten und beim späteren Wechsel auf die reguläre Fahrbahn sich und andere massiv gefährdeten. Unnötig verschärft werde diese Problematik durch den Umstand, dass bereits kurzes Rangieren auf den überfüllten Parkplätzen dazu führe, bereits begonnene Ruhezeiten zu unterbrechen, die danach nicht einfach fortgesetzt werden könnten. Vielmehr müsse die Pausenzeit danach komplett neu begonnen werden. Das sei nicht alltagstauglich und sollte im Rahmen einer Revision der Regelungen überarbeitet werden, waren sich die Gesprächsteilnehmer einig.

Bernd Glas von Arzt-Reisen, der auch im Verkehrsausschuss der Oberpfalz aktiv ist, sprach aus seiner Sicht als Omnibusunternehmer ein weitere Regelung an. So führe die Einbeziehung der Neuregelung der wöchentlichen Ruhezeiten zu Problemen für Busunternehmen und Busfahrern.

Früher durften Busfahrer bis zu 12 Tage fahren und konnten dann entsprechende Ruhezeiten in Tagen einlegen. Diese Regelung habe sich bei Fahrten innerhalb Europas bewährt. Jetzt müsste bereits nach sechs Tagen ein Tag Ruhezeit genommen werden. Diese Regelung, die sich auf LKW-Fahrer und deren Sonntagsfahrverbot ausrichtet, führt bei 12-Tagesfahrten dazu, dass die Busunternehmen vor Ort für einen Tag einen Bus mit Fahrer chartern müssten und der Fahrer fern seiner Familie einen freien Tag verleben muss und eventuell sogar selbst seine Übernachtungskosten tragen müsse, erläuterte Bernd Glas an Hand einer entsprechenden Fahrt nach Großbritannien.

Somit werde für den Busunternehmer eine solche Fahrt unkalkulierbar und für den Fahrer uninteressant. Deshalb müssten Omnibusse von der neuen Regelung ausgenommen werden und die frühere praxisgerechtere Lösung wieder in Kraft gesetzt werden. Auch habe sich die Neuregelung der Lenkzeiten bei längeren innerdeutschen Fahrten in den Fällen als problematisch erwiesen, wenn die Busse in längere Staus geraten würden. So könne ein vierstündiger Autobahnstau, der leider nicht selten vorkomme, dazu führen, dass nach Auflösung des Staus der Fahrer sofort den nächsten Parkplatz ansteuern müsse und die Reisenden fern der Heimat oder ihres Zieles festsitzen würden.

Es sei durch den Unternehmer kaum leistbar, deren Fortkommen zeitnah zu gewährleisten, wusste der mittelständische Unternehmer mit 60 Bussen zu berichten. Auch hier müsse der Gesetzgeber auf europäischer bzw. nationaler Ebene nach praxistauglichen Vorgaben suchen.

Zum Abschluss regte Hermann Pfeifer gegenüber Alois Karl an, dass eine öffentliche Informationsveranstaltung zu diesem Themenkreis durchgeführt werden sollte. Er stelle sich für einen solchen Termin gerne zur Verfügung. Schließlich sei es gerade in dieser Aufschwungphase wichtig, dass die Handwerker anstehende Aufträge abarbeiten könnten, ohne durch Unkenntnis die eigenen Führerscheine und die ihrer Mitarbeiter zu gefährden, waren sich Hermann Pfeifer und Alois Karl einig.
14.08.07
Neumarkt: Probleme mit Lenkzeiten
Telefon Redaktion


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