Viele Vergewaltigungen


Der Polizeibeamte Josef Haimerl (rechts) ist Leiter der Außen-
stelle des "Weißen Rings" im Landkreis Neumarkt.
Foto:Archiv
NEUMARKT. Im Landkreis Neumarkt werden vom Leiter der Außenstelle des "Weißen Rings", Josef Haimerl und seiner Mitarbeiterin Anastasia Kenty derzeit 21 Opferfälle betreut.

Die Betroffenen wurden Opfer von häuslicher Gewalt, Körperverletzungen, Stalking und Bedrohung, heißt es pünktlich zum 22. März, dem "Tag der Kriminalitätsopfer". Der Hauptanteil der Delikte sei jedoch nach wie vor im Bereich der Sexualstraftaten gegeben. Vergewaltigung und wieder eine hohe Zahl an sexuellem Mißbrauch von Kindern seien auch im vergangenen Jahr im Landkreis Neumarkt wieder zu beklagen, hieß es.

In vielen Stunden wurden Gespräche mit den Opfern geführt und somit menschlicher Beistand und persönliche Betreuung gewährleistet. Für Erstberatungen bei den von den Opfern frei gewählten Rechtsanwälten wurden neun Beratungsschecks im Werte von je 150 Euro ausgegeben.

An finanziellen Opferhilfen wurden in den vergangenen zwölf Monaten 1500 Euro ausbezahlt. Diese Unterstützungen waren nötig, um über die finanziellen Notlagen, die ausschließlich durch die Straftaten entstanden waren, zu überbrücken.

Um auch weiterhin die erfolgreiche Opferarbeit leisten zu können, ist der "Weiße Ring" auf Spenden angewiesen, hieß es am Sonntag. Man könne den Verein aber auch durch eine Mitgliedschaft stärken, "um so den Opfern ein größeres Interesse in der Öffentlichkeit zukommen zu lassen".

Der "Tag der Kriminalitätsopfer" erinnert an die persönliche, rechtliche und wirtschaftliche Situation der durch Kriminalität und Gewalt geschädigten Menschen, die auf Schutz, praktische Hilfe und Solidarität unseres Gemeinwesens angewiesen sind. Der "Weiße Ring" stärkt mit diesem Signal seit vielen Jahren das öffentliche Bewußtsein und fordert Politik, Justiz und Verwaltung zum Handeln auf. Inzwischen ist dieser Tag für viele Menschen zu einem weithin sichtbaren Zeichen gesellschaftlicher Verantwortung geworden, hieß es.

Jahr für Jahr werden bundesweit mehr als 700.000 Menschen Opfer von schweren Rohheitsdelikten, Straftaten gegen die persönliche Freiheit, gegen die sexuelle Selbstbestimmung und gegen das Leben. Unter den Tatfolgen leiden auch Angehörige und Hinterbliebene. Viele der Opfer können Ansprüche auf staatliche Unterstützung haben. Doch nur wenige der Geschädigten wissen um ihren Anspruch nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). Durch die erlittenen körperlichen und seelischen Schäden werden viele Betroffene in ihrer persönlichen Lebensführung beeinträchtigt. Der "Weiße Ring" informiert anläßlich des jährlichen Tages der Kriminalitätsopfer die Bürger über Anspruchsvoraussetzungen und Antragstellung, die auch formlos erfolgen kann.

Von den jährlich mehr als 200.000 durch Gewaltkriminalität geschädigten Opfern stellen nur knapp elf Prozent einen Antrag auf staatliche Entschädigung. Wenn es der staatlichen Gemeinschaft trotz aller Anstrengungen zur Verbrechensverhütung nicht gelingt, Gewalttaten zu verhindern, so muß sie wenigstens für die Opfer dieser Straftaten einstehen. Dies ist der Leitgedanke des seit 1976 bestehenden Opferentschädigungsgesetzes. Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz hat derjenige, der in Deutschland durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.

Bei einer Anerkennung des Antrages können Heilbehandlungskosten sowie Rentenleistungen bei andauernder Gesundheitsschädigung übernommen werden. Bei knapp 218.000 Gewaltopfern wurden demnach im Jahr 2007 in ganz Deutschland gerade einmal 1614 Rentenbescheide nach dem Opferentschädigungsgesetz erteilt.

"Die Bilanz ist schlichtweg skandalös für das Selbstverständnis eines Rechts- und Sozialstaates und ein harter Schlag für diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die er vor gewalttätigen Übergriffen nicht hatte schützen können", kritisiert der "Weiße Ring". "Wer das Gesetz nicht kennt, geht leer aus. Die eingehende Information der Bevölkerung und insbesondere der Kriminalitätsopfer durch staatliche Stellen muß dringend verbessert werden."

Gewaltopfer seien keine lästigen Bittsteller, sondern hätten Ansprüche und Rechte. Ein respektvoller Umgang müsse selbstverständlich sein, ebenso die sofort nach der Tat zur Verfügung stehende umfassende medizinische und therapeutische Unterstützung. Der "Weiße Ring" fordert die Aufnahme eines OEG-Passus in das polizeiliche Anzeige-Formular. Die beiden dort festgehaltenen Aussagen des Opfers "Ich habe durch die Straftat gesundheitliche Schädigungen erlitten: Ja/Nein" und "Ich beantrage Leistungen nach dem OEG: Ja/Nein" würden den Betroffenen den Zugang zur staatlichen Opferentschädigung wesentlich erleichtern.
22.03.09
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