"Historische Ausmaße"

NEUMARKT. Auch die Bauern in Neumarkt leiden unter einem Preisverfall ihrer Produkte in einem historisch nie da gewesenen Ausmaß, heißt es vom BBV.

Das Gesicht der Krise sei zweifellos die Milch, aber auch bei Getreide und Fleisch zeigten sich katastrophale Preisrückgänge. "Die extreme Krisensituation macht es zwingend erforderlich, dass hierfür frisches Geld in die Hand genommen wird", erklärt der Neumarkter BBV-Kreisobmann Martin Schmid. "Jetzt wird es Zeit, dass die in Berlin und Brüssel, das Richtige tun. Etwas, was uns Bauern schnell und sofort hilft."

Wichtigster Punkt sei nach Meinung von Schmid die Nachfrage nach Milch und Milchprodukten wieder in Schwung zu bringen. Wenn die EU jetzt nicht auf den Nachfragerückgang reagiere und angestammte Exportmärkte in Nahost, Russland und Ostasien nicht verteidige, gehe das auf Kosten der Milcherzeuger und vernichte Arbeitsplätze in der Land- und Agrarwirtschaft.

Doch auch der private Konsum sei trotz der historisch günstigen Preise um sechs Prozent zurückgegangen. "Die Subventionierung der Verbraucherpreise in Milliardenhöhe aus bäuerlichen Betriebsvermögen muss gestoppt werden", sagt Schmid, "von den jetzigen Erzeugerpreisen kann keine Bauernfamilie nachhaltig leben, sondern das geht an die Substanz."

Die vom Bauernverband massiv kritisierte geplante Quotenaufstockung müsse zudem ausgesetzt werden. Doch bislang sei nichts an Hilfe entschieden, sondern nur die Verantwortung von Brüssel auf die Mitgliedstaaten und umgekehrt verschoben worden. "Der Schlüssel zur Verbesserung der Situation der Bauern ist es, dass es für europäische Agrarmärkte europäische Lösungen braucht", sagte Schmid.

Doch auch der Lebensmittelhandel müsse endlich seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung nachkommen und von der Politik in die Pflicht genommen werden. Raubtierkapitalismus sei beim Handel mit Lebensmitteln völlig fehl am Platz. "Deshalb haben wir vom Bauernverband konkrete Forderungen an die Politik in Berlin und Brüssel. Diese wurden in den vergangenen zwei Wochen intensiv an die entscheidenden Politiker herangetragen. Nun ist endlich Zeit, das Richtige zu tun!" fordert auch der stellvertretende Kreisobmann Michael Gruber.

Bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin kämpfe der Bauernverband dafür, dass sich die Bundesregierung für die Beibehaltung der EU-Agrarhilfen einsetzt. "Da stehen 50 Milliarden Euro im Feuer" erklärt Schmid. Das Gezerre um die EU-Finanzen ab 2013 habe längst begonnen.

Oft werde verschwiegen, dass zum "höchst unbefriedigenden Milchpreis" von aktuell rund 24 Cent pro Kilogramm Zuschläge gezahlt werden. "Das sind staatliche Leistungen pro Kilo Milch, für die sich der Bauernverband massiv eingesetzt hat und einsetzt." Ohne diese Beihilfen sei die im europäischen Vergleich relativ kleinstrukturierte Landwirtschaft vor allem in Bayern nicht überlebensfähig.

"Es macht aber keinen Sinn zu sagen: ,Gebt uns 40 Cent für den Liter Milch und wir verzichten auf alle Subventionen". Diese Forderungen seien für die Bauernfamilien "brandgefährlich und unkollegial" gegenüber Landwirten, die von Getreidebau, Schweinehaltung oder Rindermast leben und existenziell genauso auf diese Zahlungen angewiesen sind.

Kreisobmann Schmid fordert auch ein ehrliches Bekenntnis der Politik: "Seehofer sollte sich zur Wahrheit bekennen", macht Schmid seinem Unmut Luft. Die Staatsregierung helfe den Milchbauern jedenfalls nicht, indem sie ihnen Scheinlösungen präsentiere. Mit der Forderung nach einer europaweiten Mengenregulierung stehe Bayern schon in Deutschland alleine da, geschweige denn in Europa. "Das ist Realität und das muss man den Leuten deutlich sagen".
16.10.09
Neumarkt: "Historische Ausmaße"
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