Mehr Gewaltdelikte
NEUMARKT. Während im Bereich Neumarkt die Kriminalitätsrate im letzten Jahr sank (
wir berichteten), gab es im südlichen Landkreis steigende Zahlen.
Man zählte zwar weniger Diebstähle, aber dafür mehr Gewaltdelikte, sagten der Parsberger Polizei-Chef Erster Polizeihauptkommissar Peter Gotteswinter, und sein Stellvertreter, Polizeihauptkommissar Josef Meier bei der Vorstellung der Krinminalitätsstatistik am Dienstag.
Nach einem leichten Rückgang der registrierten Straftaten des letzten Jahres um 4,7 Prozent stieg die Gesamtzahl der Delikte im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Parsberg im Berichtszeitraum 2009 um 6,9 Prozent, d.h. 58 Fälle auf effektiv 893 (835) Fälle.
- Der wohl spektakulärste Vorfall des Jahres ereignete sich im Juni, als in den frühen Morgenstunden zwei Frauen in ihrer eigenen Wohnung im Stadtgebiet Parsberg von einem zunächst unbekannten Eindringling ohne ersichtlichen Grund mit einem Messer schwer verletzt wurden. Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens wegen versuchten Mordes herrschte in Parsberg im Verlaufe dieses Sonntags "Ausnahmezustand". Aus der ganzen Oberpfalz zusammengezogene Polizeikräfte fahndeten unter Einbindung von Hubschraubern und Diensthunden und Öffentlichkeitsfahndung mit Hochdruck nach dem Flüchtigen und raubten sicher so manchem Parsberger dabei die nächtliche Ruhe. Erfreulicherweise gelang es aber dadurch, den jungen Mann noch innerhalb von 24 Stunden nach der Tat im Bereich der Burg Parsberg in seinem Versteck festzunehmen. Der dann als 24jähriger US-Soldat identifizierte Mann wurde zwischenzeitlich von einem US-Militärgericht zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt (wir berichteten vielfach).
- Nicht minder grausam war die Misshandlung einer 14jährigen Tochter in Seubersdorf durch ihren Vater und ihre Stiefmutter. Diese hatten das Mädchen eiskalt abgeduscht oder sie vor dem heißen Ofen in der Wohnung ausharren lassen, so dass die erlittenen Brandmale an ihren Beinen wohl für immer sichtbar bleiben. Das "Raben-Eltern-Paar" wurde im Juli 2009 zu je dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, das Sorgerecht für ihre fünf Kinder wurde ihnen entzogen.
- Eine Einbruchserie in Schulen und Sportheimen mit zum Teil hohen Sachschäden im Bereich Parsberg/Lupburg im Frühjahr des Jahres 2009 konnte nach intensiven Ermittlungen und einem hervorragenden Hinweis eines Bürgers geklärt werden. Fünf Tatverdächtige im jugendlichen Alter von 14 bis 18 Jahren wurden ermittelt und sind bereits abgeurteilt.
- In Oberbürg, Gemeinde Dietfurt, entwickelte sich Ende September 2009 in einem landwirtschaftlichen Gebäude ein Großbrand, der einen Schaden von mehreren hunderttausend Euro verursachte. Kinder hatten im Stroh gezündelt, wurden aber Gott sei Dank nicht verletzt.
- In Seubersdorf geriet im Mai 2009 eine Lagerhalle im Bahnhofsbereich innerhalb kurzer Zeit gleich zweimal in Brand. Der Schaden betrug rund 40.000 Euro. Als Tatverdächtige wurden zwei 15jährige Jugendliche ermittelt.
Die gestiegenen Kriminalitätszahlen lägen eigentlich noch höher:
Die Tatortzuständigkeitsstatistik weist nämlich einen um noch 50 Fälle höheren Wert aus. Dies liegt daran, dass 2009 (statistik-technisch) erstmals die im hiesigen Bereich von der Bundespolizei bearbeiteten Delikte (zum Beispiel im Bereich der Bahnanlagen) in die örtliche, polizeiliche Kriminalstatistik einfließen.
Zahlenmäßig bemerkbar macht sich zwischenzeitlich auch die Tätigkeit des im März 2009 eingesetzten Verbindungsbeamten zur Militärpolizeidienststelle auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels, hieß es. Der Beamte der Parsberger Polizei wickelt in seiner dortigen "Polizeiaußenstelle" eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren und Vernehmungen mit US-Bezug ab. US-Bürger nutzen diese Einrichtung immer mehr, woraus natürlich eine steigende Anzahl von Anzeigen resultiert.
Im Ergebnis stehen für den Zuständigkeitsbereich der Inspektion Parsberg (inklusive Sachbearbeitungen Autobahnpolizei Parsberg, Kripo Regensburg, Bundespolizei) insgesamt 943 Kriminaldelikte zu Buche. Diese Zahl bewegt sich aber klar in der Bandbreite der letzten Jahre.
Insgesamt ergibt sich für den Gesamtbereich der Inspektion Parsberg eine "Häufigkeitsziffer" (HZ) von 28 Delikten auf 1000 Einwohner. Im Vergleich dazu liegt die Häufigkeitsziffer im Bereich des Polizeipräsidiums Oberpfalz bei 46 und Bayern weit bei 50.
Von den 943 Straftaten konnten 657 (550; in Klammern jeweils die Vergleichszahlen des Vorjahres 2008) Fälle aufgeklärt werden. Die Aufklärungsquote liegt damit bei 69,7 Prozent (65,9), was einer Verbesserung von 3,8 Prozent entspricht und deutlich den gesamtbayerischen Wert von 63,9 Prozent übertrifft.
Zu den geklärten 657 Delikten wurden 550 (471) Tatverdächtige ermittelt. Diese sind folgenden Personengruppen zuzuordnen:
- 438 männlich = 79,7 Prozent
- 112 weiblich = 20,3 Prozent
- 126 Nichtdeutsche = 22,9 Prozent
- 393 Erwachsene = 71,5 Prozent
- 66 Heranwachsende = 12 Prozent
- 79 Jugendliche = 14,4 Prozent
- 12 Kinder = 2,1 Prozent
- Gesamtanteil der unter 21-Jährigen: 28,5 Prozent.
Jeder fünfte Tatverdächtige stand zur Tatzeit unter Alkoholeinfluss, im Bereich der Gewalt- (Körperverletzungs-) und Straßenkriminalität waren gut 50 Prozent, also jeder zweite der Tatverdächtigen alkoholisiert.
Wenngleich der Bereich der Diebstahlskriminalität nach wie vor mit 25,9 Prozent größten Anteil an der Gesamtkriminalität darstellt, konnte insgesamt ein erfreulicher Rückgang dieser Delikte registriert werden: 244 (267) Fälle (= -8,6 Prozent). Kontrolldelikte wie Ladendiebstahl sind allerdings ausgenommen: hier gab es eine Steigerung um 24 Fälle auf 51 Delikte. Der erhöhte Einsatz von Ladendetektiven zeigt entsprechende Wirkung, hieß es.
Im Bereich der Rauschgiftdelikte blieb die Anzahl der Delikte nahezu unverändert bei 27 (29) Straftaten. Erfreulicherweise halbierte sich im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung die Anzahl der Delikte von 18 im Jahr 2007 auf 9 im Jahr 2008 und auf 5 im Jahr 2009.
Auffällige Steigerungen waren insbesondere in drei Bereichen festzustellen:
- Betrugsdelikte: 176 Fälle - darunter zwei Serienverfahren - (139) = + 26,6 Prozent. Hierin spiegelt sich mitunter die aktuelle Wirtschaftentwicklung, die mit verstärkten Zahlungsschwierigkeiten bei uneingeschränktem Konsum einher geht. Auch zeigen die Zahlen der Internetkriminalität steil nach oben. Unter dem Deckmantel der Anonymität wird oftmals Ware angeboten oder bestellt, ohne den entsprechenden Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen nachzukommen.
- Körperverletzungsdelikte: einfache Körperverletzung 107 Fälle (74) = + 44,6 Prozent, gefährliche/schwere Körperverletzung 24 (20) = + 20 Prozent. Die Ursachen liegen hier in einem erkennbar gesteigerten Aggressionspotential auf öffentlichen oder privaten Veranstaltungen, Feiern und Festen. Es wird offensichtlich insbesondere unter Alkoholeinfluss "schneller zugeschlagen", aber auch in höherem Maße "angezeigt". Ebenso beschreiten im Bereich der familiären "Häuslichen Gewalt" immer mehr Misshandelte und Opfer von Beziehungskonflikten den Weg in das Ermittlungsverfahren: 31 Fälle (18). Im letzten Jahr wurden außerdem fünf Fälle von Raubstraftaten bearbeitet (0). Deutlich gestiegen ist die Anzahl von Delikten gegen Polizeibeamte wie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte von 1 auf 4.
- Sachbeschädigungsdelikte: 126 Fälle (95) = + 32,6 Prozent. Der Respekt vor fremdem Eigentum ist derzeit unverkennbar rückläufig, hieß es. Veranstaltungen wie beispielsweise "Halloween" werden oftmals als Freibrief für angerichtete Schäden gesehen, die aber keineswegs unter der Rubrik "Scherz" einzuordnen sind.
Und so schaut es in den einzelnen Gemeinden des südlichen Landkreises aus:
|
Delikte 2009 |
HZ 2009 |
Delikte 2008 |
HZ 2008 |
Rückgang: | | | | |
Dietfurt |
124 |
20 |
129 |
21 |
Velburg |
205 |
39 |
261 |
49 |
Steigerung: | | | | |
Lupburg |
37 |
15 |
30 |
12 |
Breitenbrunn |
43 |
12 |
22 |
6 |
Hohenfels |
88 |
40 |
81 |
37 |
Seubersdorf |
100 |
19 |
76 |
14 |
Parsberg |
345 |
52 |
248 |
38 |
Im überörtlichen Vergleich und insbesondere unter Betrachtung der absoluten Fallzahlen ist die Sicherheitslage für die Bürger im südlichen Landkreis "recht zufriedenstellend und gefestigt einzustufen", hieß es von der Polizei.
Sicherlich erfordere die Situation im Bereich der Gewaltkriminalität weitere Anstrengungen. So sei ein konsequentes Zusammenwirken von Sicherheitsbehörden und Veranstaltern erforderlich, um den Entwicklungen in Bezug auf Aggressionen in der Öffentlichkeit und des oft ursächlichen Alkoholmissbrauchs entgegenzuwirken. Zielführend seien hier beispielsweise eindeutig bestimmte Auflagenbescheide der Gemeinden an die Veranstalter und deren konsequente Umsetzung.
Die hohe Aufklärungsquote von 69,7 Prozent drückt auch aus, dass viele Straftaten durch konkrete Hinweise aus der Bevölkerung geklärt werden konnten, hieß es. Dafür bedankte sich ihre Polizei.
"Bitte denken sie daran: Jeder kann unvermittelt Opfer einer Straftat werden und ist dann froh, wenn er von einem couragierten Mitbürger vor Ort direkte Hilfe erfährt oder die aufmerksame Beobachtung eines Zeugen zur Ermittlung des Täters führt", sagte Erster Polizeihauptkommissar Peter Gotteswinter.
Der Parsberger Polizei-Chef weiter:
"Scheuen Sie sich nicht, in Notfällen die 110 zu wählen. Sie werden seit Januar 2009 jetzt mit der Einsatzzentrale Oberpfalz verbunden, die die Einsätze disponiert. Zu Ihnen kommt dann nach wie vor die Streife der Polizeiinspektion Parsberg. Sie können sich natürlich auch direkt an die Parsberger Dienststelle wenden - 09492/9411-0.
06.04.10
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