Gedanken zum Erntedankfest

Von Dekan Monsignore Richard Distler

Es ist ja bezeichnend, dass es das Erntedankfest nahezu in allen Ländern und in allen Religionen gibt. Da weiß anscheinend der Mensch: Trotz modernster Agrartechnik und Anbaumethoden, nichts ist machbar und planbar. Das tägliche Brot bleibt trotz der Mühe des Bauern, des Bäckers, des Handels und der Hausfrauen letztlich ein Geschenk.

Dies ist vermutlich deshalb so vielen Menschen auf dieser Erde bewusst, weil nach wie vor Millionen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen hungern müssen. Es gibt zwar Staaten in Afrika, die es in den letzten Jahren geschafft haben, die Zahl der Hungernden zu halbieren, aber dennoch bleiben Hunger, Unterernährung, Armut und Elend ein Problem. Dieweil hätte unsere Erde mehr als fruchtbare Böden genug, um alle ausreichend ernähren zu können. Die Frage ist eher die gerechte Verteilung der Güter, des Eigentums und der Bodennutzung. "Die Güter der Erde sind für alle da", das ist ein Grundsatz der katholischen Soziallehre und der evangelischen Sozialethik.

Das zweite Problem ist die unsachgemäße Ausbeutung der Natur und die sinnlose Umweltzerstörung, oft nur zur Gewinnmaximierung weniger Großkonzerne. Aber mittlerweile greift auch bei vernünftigen Großunternehmern ein neues Bewusstsein zugunsten der Umwelt und des nachhaltigen Wirtschaftens um sich. Ein erfolgreicher Manager eines weltweiten Konzerns sagte vor kurzem: "Es kommt die Zeit, wo wir alle an einem Strang ziehen müssen, um den Kollaps unserer Natur zu vermeiden". Es muss tatsächlich ein Umdenken erfolgen, denn nur die Gewinne zu maximieren auf Kosten der Umwelt, aber auch oft der Armen und Schwachen, das macht letztlich auch die Reichen arm.

Der bekannte Benediktinerpater Anselm Grün meinte: "Wir können die Natur nur retten, wenn wir ihre Heiligkeit akzeptieren". Das heißt gewiss nicht, dass die Natur wie Gott anbetungswürdig sei, sie ist und bleibt Geschöpf eines guten Schöpfers. Aber weil Gott aus Liebe zum Menschen die Schöpfung gewollt, geplant und ins Dasein gerufen hat, gerade deshalb ist das Ende des verantwortungslosen Umgangs mit den Gütern der Schöpfung, mit den Nahrungsmitteln und mit den Gaben und Früchten der Erde gekommen. Auch daran erinnert uns das Erntedankfest. Mittlerweile gibt es da sehr erfreuliche Entwicklungen, nicht nur bei uns, sondern in vielen Ländern.

Gerade mit den vier Grundelementen: Feuer, Wasser, Luft und Erde versucht man verantwortungsvoller zu haushalten, auch im Blick auf den Klimawandel und die Erderwärmung. Ich nenne nur den biologischen Anbau, energetische Gebäudesanierungen, die bessere Nutzung der Kraft des Wassers, des Windes und der Sonne und von nachwachsenden Rohstoffen. Im Blick auf dieses verstärkte Bewusstsein für die Erhaltung der Schöpfung habe ich in diesen Tagen wieder die biblische Noah-Geschichte neu entdeckt. Gott drängt mit der Schöpfung der Welt das Chaos zurück und schafft neue "paradiesische Lebensräume". Der Mensch aber erweist sich durch Habgier, Ungerechtigkeit und Gewalttaten als Zerstörer. Dennoch setzt Gott wieder im Zeichen des Regensbogens einen Neubeginn mit dem Geschlecht Noahs und seiner Arche als "Kleinausgabe einer Welt", wie Gott sie gedacht hat. Dazu kommt noch die verheißungsvolle Segenszusage: "Niemals mehr wird der Mensch diese Welt sintflutartig zerstören".

Das Erntedankfest also mehr als nur ein schöner Altar mit duftendem Obst und Gemüse in unseren Kirchen. Dieses Fest ist eher ein Tag der Besinnung, mit den kostbaren Gaben der Schöpfung treuhänderisch umzugehen zur Ehre Gottes und zur Freude der Kinder und Kindeskinder.
01.10.10
Neumarkt: Gedanken zum Erntedankfest
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