"Starke Frauen"
"Starke Frauen - starke Bücher"
NEUMARKT. Die Stadtbibliothek setzt auf Frauen-Power. Damit sind diesmal nicht die Mitarbeiterinnen gemeint, sondern die Bücher auf dem Thementisch Januar, in denen das angeblich schwächere Geschlecht ordentlich zur Sache geht. Das gilt auch für die Krimis aus ober- und niederbayerischen, fränkischen und oberpfälzischen Landen. Gar nicht blutrünstig und dennoch spannend sind die ausgewählten Schicksalsromane.
- Ins nahe Sulzbürg führt "Irrwetter" von Monika Bittl. Eiergroße Hagelkörner aus giftgrünem Himmel regnet es, als dort 1936 ein Mädchen geboren wird und sich trotz aller Ablehnung durch die abergläubischen Dörfler zu einem Beispiel christlicher Nächstenliebe entwickelt – bis ihr Sohn auf dem Münchner Oktoberfest tragisch ums Leben kommt und sie nur noch ein Ziel kennt: ihren Sohn zu rächen. Von der gleichen Autorin liegt der auf Tatsachen beruhende Abenteuerroman "Die Expedition" vor, in dem fünf Frauen mit Schlittenhunden 1903 die winterlichen Alpen überqueren wollen, was mit tragischen Ereignissen im ewigen Eis endet.
- Im Bayerischen Wald von 1963 bis 1999 spielt "Schadenfeuer" von Jutta Mehler. Hier wächst in einer Umwelt voller Engstirnigkeit und Frömmelei die wissbegierige Paula auf, unterhält sich mit den "Hexen" in ihrem Kopf, bis sie eines Tages ihre übernatürlichen Fähigkeiten erkennt und sich gegen eben dieses Umfeld auflehnt: ein Stück niederbayerischer Zeitgeschichte mit einem guten Schuss Esoterik.
- Allgäu und Oberbayern sind Schauplatz des Krimis "Markttreiben" von Nicola Förg. Was ganz harmlos mit Dreharbeiten zu einem TV-Film beginnt, gewinnt sehr schnell Dramatik durch einen angeblichen Raubmord und ebenfalls anzuzweifelnden Selbstmord. Bodenständig die Charaktere, verzwickt das Beziehungsgeflecht in der kleinen Marktgemeinde, spannend die Handlung..
- In "Süßer der Punsch nie tötet" lädt Friederike Schmöe nach Bamberg ein, wo bei einem Kochkurs eine der Teilnehmerinnen tot umfällt. Weitere Morde dünnen Kochkurse auch in anderen fränkischen Städten aus, was der Autorin die Gelegenheit gibt, den amüsant geschriebenen Krimi mit viel Lokalkolorit anzureichern. Aus der gleichen Feder und ebenfalls humorgetränkt: "Bisduvergisst" und "Wieweitdugehst".
- "Schandfleck" von Mila Wolf schildert den Kampf einer starken Frau, die nach 20 Jahren in ihren Heimatort zurückkehrt und ausspricht, was in dem beschaulichen Weindorf seit Jahrzehnten unter den Tisch gekehrt wird: Kindesmissbrauch, Vergewaltigung, Mord. Dieser Krimi lässt niemand kalt, zumal er auf einer wahren Gegebenheit fußt.
- "Kalt ist der Abendhauch" heißt der ironisch erzählte Psycho-Thriller von Ingrid Noll, in dem eine rüstige alte Dame unerwartet Besuch von ihrer alten Liebe bekommt, jedoch auch ein mörderisches Geheimnis aufgedeckt wird. Wer davon begeistert ist, wird sofort zu "Ehrenwort" von der gleichen Autorin greifen: zum Teil die gleichen handelnden Personen, aber diesmal wird von Mordgedanken bis zur Umsetzung nicht lange gefackelt.
- Das ist jedoch noch gar nichts gegen "Nachtglanz" von Tanja Heitmann. Als Adam 1889 in einer Gasse zu sich kommt, ist er von einem Dämon besessen. Um den zufriedenzustellen, muss er immer wieder Blut trinken. Erst als er Esther kennen lernt, kommt seine menschliche Seite mehr zum Vorschein. Aber hat diese Liebe wirklich eine Chance? "All die schönen Toten" von Martha Grimes ist ein neuer Fall für Inspektor Jury. Es geht um drei elegant gekleidete junge Damen, die nacheinander erschossen aufgefunden werden. Im bürgerlichen Beruf arbeiteten sie für Begleitdienste in London. Ist da ein Serientäter unter ihren Kunden?
- In "Gotteszahl" von Anne Holt wird eine beliebte Bischöfin in Bergen erstochen, in Oslo werden Schwule und Lesben ermordet. Ingvar Stubo von der Mordkommission und seine Frau Inger Johanne haben wieder viel zu tun, was die wachsende Fan-Gemeinde freuen wird. Ebenfalls Hochspannung und noch mehr Grauen entfaltet sich in "Die Wahrheit über Alice" von Rebecca James. Hier übt eine scheinbar seelenverwandte Freundin einen so grausamen Psycho-Terror aus, dass man als Leser ihren Tod geradezu herbeisehnt.
- Spannend sind auch die Schicksalsromane wie "Auf dem Laufsteg bin ich schwerelos". Josephine Opitz zeichnet darin den Weg einer jungen Frau nach, die sich zum ersten Berliner Model im Rollstuhl hocharbeitet. Um Kulturkonflikt, Heimweh, Fremdheit, Armut und Trauer geht es in "Der weite Weg nach Hause" von Rose Tremain, die das Leben eines Ukrainers in London beschreibt. Auch in den Kinos schon zu sehen ist "Vom Atmen unter Wasser" von Lisa-Marie Dickreiter, das beklemmende Kammerspiel um eine Familie, die am Tod der 16-jährigen Tochter zu zerbrechen droht.
05.01.11
Neumarkt: "Starke Frauen"