"Fachkräfte Mangelware"

NEUMARKT. Auftragsbücher voll, Fachkräfte Mangelware - das ist ein Fazit der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK in der Oberpfalz.

Der weltweite Hunger nach Rohstoffen und Energie ist riesig. So hat sich zum Beispiel seit 2008 der Preis für Kupferschrott vervierfacht. "Diese enorm hohen Kosten sind ein Wermutstropfen der ansonsten positiven Erwartungen unserer Wirtschaft an das Jahr 2011", so der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Josef Beimler.

Täglich dreht sich das Rohstoffroulette für Mariella Gratzl von der Alku GmbH in Maxhütte-Haidhof. Vor allem die "Schrottnotierungen" interessieren die Unternehmerin, "und die werden in London gehandelt." Rohstoffe aus Sekundärverwertung, zum Beispiel Kupfer aus Dachrinnen, stehen anders im Kurs als frisch geschürfte Edelmetalle. Die Alku GmbH verwertet nicht nur Schrott von Privat, sondern auch die Oberleitungen großer Energieversorger oder Produktionsreste von Industriebetrieben, die ihr recyceltes Material dann zurückkaufen. Metalle sucht in der Region schon lange niemand mehr im Amberger Erzberg. "Urban Mining", also Recycling, wird dafür immer lukrativer.

Die Kosten für Energie und Rohmaterialien können produzierende Unternehmen nur zum Teil über höhere Verkaufspreise weitergeben. Mariella Gratzl hat es da einfacher: "Als Recyclingunternehmen können wir die Verkaufspreise auf die Einkaufspreise abstimmen, da anders als bei produzierenden Unternehmen der Einkauf vor dem Verkauf erfolgt." Die Industrie hat es da schwerer. In Zeiten von Just-in-time produziert niemand mehr auf Halde. Außerdem sind die ostbayerischen Unternehmen mit ihrer hohen Exportquote bei der Preisgestaltung unflexibler, denn auf dem Weltmarkt tummelt sich die internationale Konkurrenz. Obwohl die Hälfte der befragten Unternehmen aktuell ein höheres Auftragsvolumen vermeldet, verbuchen nur 30 Prozent eine bessere Ertragslage.

Am meisten Optimismus macht sich im Handel und beim Tourismus breit. 48 Prozent der befragten Unternehmen im Reiseverkehrsgewerbe etwa vermelden einen Gewinnzuwachs. Da allerdings die Verbraucher wieder mehr Fernreisen buchen, könnte die Nachfrage nach Urlaub in der Region sinken. Dennoch: Städtereisen bleiben in Ostbayern auch 2011 der Renner.

Auch der Einzelhandel profitiert natürlich von den Gästen, ebenso vom konstant guten Konsumklima bei den Verbrauchern. Ostbayerns Großhandel setzt derzeit erfolgreich auf das Auslandsgeschäft. Die positive Verbraucherstimmung kommt außerdem der Finanz- und Versicherungswirtschaft zu Gute. Bei den unternehmensnahen Dienstleistungen stehen vor allem Marketingmaßnahmen hoch im Kurs. Insgesamt planen 36 Prozent der Dienstleister in den nächsten Monaten Personaleinstellungen.

In der Bauwirtschaft geben 96 Prozent an, ihre Beschäftigtenzahl konstant halten zu wollen, und das obwohl die Erwartungen an die Konjunktur nicht die besten sind. 93 Prozent gehen von einer stagnierenden Geschäftslage aus, da die Konjunkturprogramme ausgelaufen sind und die Kreditzinsen für Bauherren wieder steigen.

Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen steigt wieder. Mit rund 40 Prozent der Befragten planen mehr als doppelt so viele Firmen wie noch vor einem Jahr, Inlandsinvestitionen zu tätigen. Grund dafür sind in einigen Branchen Nachholeffekte und die erwartete höhere Kapazitätsauslastung. Vor allem in der Industrie sind die Auftragsbücher prall gefüllt, allerdings finden 46 Prozent der Befragten keine passenden Fachkräfte, um sie schnell abzuarbeiten. Durch die Branchen hindurch sieht die Lage nicht recht viel besser aus. 24 Prozent der Unternehmen wollen in den nächsten Monaten zwar Personal aufzustocken, doch finden sich immer weniger geeignete Bewerber. Gerade im High-Tech-Bereich fehlen Ostbayerns Unternehmen Mitarbeiter, aber auch Dienstleister und die Tourismusbranche suchen qualifiziertes Personal.

Elf Prozent der Unternehmen geben an, im Kampf um Fachkräfte im Ausland aktiv zu werden. Mit Blick auf die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit ab Mai 2011 erwarten jedoch nur wenige Unternehmen Auswirkungen auf den regionalen Arbeitsmarkt. Dass aus Tschechien etwa ein Brain Drain in die Oberpfalz einsetzen könne, bezweifeln so gut wie alle Experten, denn die Perspektiven im eigenen Land, die starke Währung, die günstigeren Sozial- und Lebenshaltungskosten würden wenig Anreiz für eine Beschäftigung in Bayern bieten. "Diejenigen Fachkräfte, die an einer Beschäftigung in Deutschland interessiert sind, sind längst hier", sagt Josef Beimler. Nicht ohne Grund habe die IHK deshalb 2011 die Fachkräftesicherung auf ihre Agenda gesetzt. Es gelte nun, die vorhandenen Kräfte zu bündeln, weiterzubilden und den Nachwuchs bestmöglich zu fördern.

neumarktonline-Leser können die Konjukturumfrage hier herunterladen (PDF, 188 kb)
04.02.11
Neumarkt: "Fachkräfte Mangelware"
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