"Oberster Brückenbauer"

Von Monsignore Richard Distler, Dekan

"Santo subito!" "Sofort heilig sprechen!" so stand es im Jahr 2005 auf Transparenten, als Papst Johannes Paul II. in Rom zu Grabe getragen und in den Grotten von St. Peter beigesetzt wurde. Über 4 Millionen Menschen nahmen damals an dieser eindrucksvollen Begräbnisfeier teil, galt es doch, einem wirklich großen Papst die letzte Ehre zu erweisen.

Doch schon nach sechs Jahren, in einer relativ kurzen Zeit, wird nun Papst Benedikt XVI. seinen Vorgänger an diesem Sonntag, dem 1. Mai, seligsprechen. Den letzten Anstoß gab die unerwartete Heilung einer französischen Nonne auf die Fürbitte von Johannes Paul II. von ihrer Parkinson-Erkrankung, bestätigt durch eine Reihe von Fachleuten und von der Kirche offiziell anerkannt. Auch weitere Heilungen sollen erfolgt sein, die aber noch streng geprüft werden. Die außergewöhnlich kurze Zeitspanne für diese Seligsprechung gilt jedoch auch einem außergewöhnlichen Mann:

Johannes Paul II. hat ein Stück Weltgeschichte geschrieben. Er hat die Kirche ins dritte Jahrtausend geführt und verstand seinen Petrusdienst nicht allein als Oberhirte für die katholische Kirche, sondern global als Hirte aller Menschen guten Willens. Er stellte sich gegen den krassen Kapitalismus genauso wie gegen den atheistischen Kommunismus, den er als Sohn der polnischen Nation jahrelang hautnah selbst erlebte. Nicht wenige gestehen ihm auch einen ihm gebührenden Anteil zu am Ende des "kalten Krieges" und am Fall der Mauer. Seine Devise war: Ideologien unterjochen den Menschen, Christus aber führt ihn zur wahren Freiheit.

Der verstorbene Papst verstand sein Amt im wahrsten Sinn als "Pontifex Maximus", als oberster Brückenbauer zwischen Konfessionen, Religionen und unterschiedlichen Kulturen. Unermüdlich bereiste er verschiedenste Länder, um möglichst vielen das Evangelium Christi zu verkünden. Er betonte die wahre Humanität und die unantastbare Würde, die jedem Menschen zukommt kraft seiner Gottebenbildlichkeit. Für die Jugend zeigte er ein besonderes Charisma und es gelang ihm, Tausende und Abertausende zu begeistern, vor allem bei den Weltjugendtagen. Bekannt ist sein berühmtes Wort an die Jugend der Welt: "Habt keine Angst, öffnet die Tore für Christus!" Immer wieder mahnte er eine "Zivilisation der Liebe" an und rief in unzähligen Botschaften zum Frieden auf, dessen Grundlage die Gerechtigkeit, vor allem auch die soziale Gerechtigkeit ist. Berühmt geworden sind seine Sozialenzykliken wie zum Beispiel "Laborem exercens" über den Wert und die Würde der Arbeit und des arbeitenden Menschen. Sein Anliegen war kein politisches, sondern ein missionarisches: Ihm ging es um die Rettung des Menschen ganz persönlich, aber auch aus "Strukturen der Sünde", wie sie sich in Staaten und Ideologien festsetzen können.

Innerkirchlich versuchte er als Nachfolger des Apostel Petrus, das Ruder fest in der Hand zu halten. Nicht wenige Kritiker erwarteten von ihm größere Reformen und weitere Zugeständnisse. Dennoch hielt er in den manchmal stürmischen Zeiten nach dem II. Vatikanischen Konzil den ihm eigenen Kurs. Mehr als beeindruckend war die Art und Weise, wie er seine Krankheit, sein Leiden und sein Sterben ertrug und annahm. Seine letzten Worte sollen gewesen sein: "Ich bin froh – seid ihr es auch!" Wenn auch seine Seligsprechung an diesem 1. Mai Sonntag ein kirchliches Großereignis ist, so geht es bei dieser Feier nicht um die Taten eines einzelnen Menschen, sondern darum, was Gott durch einen Menschen an Gutem oder gar Wundervollem wirken kann, wenn er sich ihm ganz öffnet.
28.04.11
Neumarkt: "Oberster Brückenbauer"
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