Minusgrade hielten Besucher ab


Festrednerin in Berching war Landtagspräsidentin Barbara Stamm

Impressionen







NEUMARKT. Knackige zehn Grad unter Null erwartete die Besucher und Landtagspräsidentin Barbara Stamm beim traditionellen Roßmarkt in Berching. Wegen der eiskalten Temperaturen waren auch weniger Gäste und weniger Pferde zum "größten Wintervolksfest Bayerns" gekommen.

Viele Tierhalter hatten sich im letzten Moment gegen einen Besuch in Berching entschieden - aus Sorge um die Pferde, wie es vielfach hieß. So konnten schließlich nur rund 75 Rösser bestaunt werden.

Bei ihrer Rede lobte die Landtags-Präsidentin das ehrenamtliche Engagement vieler bayerischer und oberpfälzer Bürger, setzte sich "ganz klar für ein Verbot der NPD" ein und sprach sich für eine "ganzheitliche Bildung" aus, bei der die Kinder im Mittelpunkt stehen müßten. Sie freue sich, daß dieser letzte Punkt bei ihrem Besuch kurz zuvor in der Grund- und Mittelschule Berching bereits "verwirklicht und gelebt" werde.

Wenn man nach Berching fahre, sei das immer ein beeindruckendes Erlebnis: "Mit der Wehrmauer, den vielen Türmen und der historischen Altstadt bietet Berching eine wunderbare Kulisse", sagte Stamm. Und wenn sich in dieses Bild einmal im Jahr auch noch festlich geschmückte Pferde einfügen, dann fühle man sich beinahe in vergangene Zeiten zurückversetzt.

Es sei kein Werbeslogan, sondern eine sachliche Feststellung, wenn man sagt: "Bayern geht es gut". Als Beleg dafür nannte die Landtagspräsidentin Zahlen aus den unterschiedlichsten Bereichen: "Vor kurzem habe ich gelesen, dass die bayerischen Brauereien im letzten Jahr mehr Bier als jemals zuvor exportiert haben – stolze 380 Millionen Liter". Als Fränkin müsse sie dazu aber auch anmerken, "dass sich der Wein hinter dieser Zahl nicht verstecken muss: Vom Frankenwein hat immerhin schon Johann Wolfgang Goethe geschwärmt".

Dass es Bayern gut gehe, sehe man auch an den neuesten Zahlen zum Länderfinanzausgleich: Der Freistaat habe im vergangenen Jahr fast vier Milliarden Euro in den gemeinsamen Topf der Bundesländer eingezahlt – das ist die Hälfte. Man könne politisch darüber streiten, ob das auf Dauer eine zu einseitige Belastung ist und wie es mit dieser Umverteilung weitergehen soll. Aber ganz unabhängig davon sei die Zahl "ein beeindruckender Beweis für die wirtschaftliche Leistungskraft Bayerns".

Jenseits aller Differenzen im Detail gäbe es einen ganz entscheidenden Grund für die Stärke Bayerns: "Und das ist der Zusammenhalt der Menschen, die hier leben, und ihr unglaubliches Engagement". Besonders beeindruckend sei für sie jedes Mal aufs Neue, was alles ehrenamtlich geleistet wird, sagte Stamm. In Bayern sei es für 3,7 Millionen Menschen selbstverständlich, unentgeltlich für andere aktiv zu sein.

Das Engagement ziehe sich quer durch alle Bereiche: Die einen kümmern sich um Senioren oder sind in der Nachbarschaftshilfe aktiv, andere betreuen eine Sparte im Sportverein, wieder andere singen im Kirchenchor oder engagieren sich im Elternbeirat. Stamm: "Es ist eine beeindruckende Vielfalt des Ehrenamts, die wir in Bayern haben".

Sicheres Bayern

Nirgendwo sonst sei das Risiko geringer, Opfer einer Straftat zu werden, sagte die Landtagspräsidentin zum Thema Sicherheit. Und in keinem anderen Bundesland würden so viele Straftaten aufgeklärt wie in Bayern. Zu verdanken seien diese Spitzenplätze den Beamten bei Polizei, Strafverfolgung und Justiz. "Es hat mich deshalb umso mehr erschüttert, dass in jüngster Vergangenheit zwei junge Menschen im Dienst für unsere Sicherheit ihr Leben lassen mussten: Im Oktober letzten Jahres wurde der Augsburger Polizeibeamte Mathias Vieth bei einem Routine-Einsatz kaltblütig ermordet; mittlerweile sind die Täter Gott sei Dank gefasst. Und am 11. Januar dieses Jahres starb ein junger Staatsanwalt, nachdem er während einer Verhandlung im Amtsgericht Dachau tödlich verletzt worden war".

Es werde nicht möglich sein, Verbrechen wie diese mit hundertprozentiger Sicherheit zu verhindern. Eine Lehre aus den Morden müsse dennoch sein, dass man künftig noch mehr für den Schutz der Beamten in Polizei und Justiz tun müsse. Die bessere Kontrolle der Gerichtssitze sei ein Schritt in diese Richtung.

Stamm sprach sich in diesem Zusammenhang für "einen respektvolleren Umgang miteinander" und "eine Kultur des Hinsehens" aus. Sie nannte dabei das "Unwort des Jahres" 2011, den "unsäglichen Begriff Dönermorde". "Erst jetzt scheinen wir klarer zu sehen, dass dieser Begriff verharmlost, verfälscht, nicht Mitgefühl ausdrückt, sondern die Opfer nicht ernst genommen hat", sagte Stamm. Vielleicht habe man es in den vergangenen Jahren an Aufmerksamkeit mangeln lassen: "Denn gerade das Eintreten gegen braunen Terror und antidemokratische Tendenzen ist nicht nur Sache der Polizei oder der Behörden. Das geht uns alle an".

Die Politikerin nannte es "unerträglich, wenn wir durch Steuermittel eine rechtsradikale Partei wie die NPD finanzieren". Und solange die NPD als anerkannte Partei existiere, habe sie eben tatsächlich einen gesetzlichen Anspruch auf staatliche Unterstützung. "Während wir also auf der einen Seite Steuergelder dafür aufwenden, um Neonazi-Umtriebe zu verhindern und zu verfolgen, finanzieren wir auf der anderen Seite den politischen Arm dieses braunen Terrors mit – ebenfalls mit Steuergeldern". Stamm nannte es "eine zynische, eine unerträgliche Situation – und deshalb setze ich mich ganz klar für ein Verbot der NPD ein". Ein solches neues Verbotsverfahren müsse sorgfältig vorbereitet werden und hieb- und stichfest sein; "aber dass es kommen muss, das ist für mich eine Frage des Anstands".

Ungerechte Bildungs-Chancen

Die Ausbildung der Kinder müsse ganz oben auf jeder Prioritätenliste stehen, sagte Stamm. In der Realität sehe es leider so aus, dass die Bildungschancen von Kindern stark von ihrem sozialen Hintergrund abhängen, "auch bei uns in Bayern". Jedes fünfte Kind im Freistaat wachse in einer sozialen, finanziellen oder kulturellen Risikolage auf. Für die Kinder heiße das: "Es kommt nicht darauf an, was Ihr könnt, sondern darauf, was Eure Eltern machen".

Gerade bei uns in Bayern muss uns das empören, sagte die Landtagspräsidentin. Es sei ein fundamentales Gebot der Gerechtigkeit, dass es sich lohnt, wenn man sich anstrengt. Und es sei ein zentraler Grundsatz der Demokratie, dass die Bildungschancen nicht vom Status, nicht von der Zugehörigkeit zu einer Klasse abhängen, sondern davon, was einer kann. "Wenn diese Grundsätze schon für unsere Kinder nicht gelten, dann muss uns das massiv beunruhigen. Und dann müssen wir dringend gegensteuern", sagte die Politikerin.

Kultureller Reichtum

Das große Engagement der Menschen sei ein Grund für die Stärke Bayerns. Ein zweiter Grund sei der kulturelle Reichtum, mit dem der Freistaat gesegnet ist, sagte Stamm. Denn bayerische Kultur erschöpfe sich nicht im Oktoberfest, auch wenn das "ein wahrscheinlich kaum noch zu korrigierendes Vorurteil ist". Stattdessen können man auf eine große Vielfalt an Kultur und Traditionen stolz sein, die "von Unterfranken bis ins Allgäu in bunten Farben leuchtet". Und: "Der Rossmarkt hier in Berching ist vielleicht eine der schönsten Traditionen, die Bayern anzubieten hat".
08.02.12
Neumarkt: Minusgrade hielten Besucher ab
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