Gedanken zum Aschermittwoch

Von Dekan Monsignore Richard Distler

In Deutschland gibt es 150 000 verschiedene Sorten an Lebensmittel, ein reich gedeckter Tisch, ein Warenangebot sondergleichen – und da lädt uns die Kirche heute am Aschermittwoch ein zur Fastenzeit. Das nicht nur heute, sondern am besten gleich 40 Tage lang. Ist das nicht kontraproduktiv? Wenig förderlich für den Einzelhandel und für die Wirtschaft? Wozu denn soll das Fasten überhaupt gut sein?

Wenn fast ein Drittel aller Kinder in Deutschland übergewichtig sind und das eines Tages nicht geringe gesundheitliche Probleme und Kosten verursacht, wäre da nicht doch das Fasten das richtige Konzept und Rezept? Aber was heißt denn Fasten? Viele meinen, überhaupt nichts essen und nur wenig trinken?

Zunächst heißt Fasten nicht nichts essen, sondern sich richtig und gesund ernähren. Bei uns gibt es keine schlechten Nahrungsmittel, sondern eher falsche Gewohnheiten, sich zu ernähren. Wenn allein 25 Prozent der Grundschüler in Deutschland ohne Frühstück in die Schule kommen, mittlerweile in Neumarkter Schulen ein Frühstück angeboten werden muss, auch bezuschusst durch die Kirchen, wenn Kinder mehr Kenntnisse über Pop- und Rocksänger haben als über richtige Ernährung, dann stimmt doch was nicht.

Fasten würde dann zu allererst einmal bedeuten, das Richtige zur rechten Zeit essen und das eben mit Maß, Genuss, Gewinn und Ziel. Das Zweite, was wir durch das Ernstnehmen der Fastenzeit wieder lernen könnten, ist der Erfurcht und der Respekt vor dem Umgang mit den Lebensmitteln und vor denen, die für unsere solche produzieren und fein herrichten.

Nach wie vor stellen unsere Bauern, Gärtner, Metzger, Müller, Bäcker und ähnliche Berufe hochwertige Lebensmittel her. Skandalöses ist eben die Ausnahme und nicht die Regel. Aber schätzen wir eigentlich ihre Arbeit? Fasten hieße dann, sich fair ernähren, das aber nicht auf Kosten der Milchbauern bei uns oder der Palmöl- und Plantagenarbeiter in der sogenannten Dritten Welt. Lebensmittel haben eben auch ihren Preis und wenn sie spottbillig angeboten werden, dann geht das meist zu Lasten oder auf Kosten Dritter.

Das Dritte, was ist uns die Fastenzeit lehrt, das ist Selbstdiziplin nicht nur in körperlicher, sondern auch in seelischer Hinsicht. In der Fastenpräftion singt der Priester am Aschermittwoch: "Denn durch das Fasten des Leibes hältst du die Sünde nieder!" Äußerst diszipliniert zu leben, darum bitten viele Ärzte die Kranken, aber warum nicht auch die Gesunden? Sünde meint hier weniger, dass man der Versuchung zu Süßem erliegt, sondern die innere Haltlosigkeit des Menschen, der seine Beziehung zu Gott nicht mehr fördert, sondern gehen und treiben lässt. Solches sich Treiben lassen kann auch das Ende von Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung sein.

Das Vierte, wozu das Fasten im Sinne der Kirche gut sein kann, ist die Reinigung des Herzens. Wer sich gesund und richtig ernährt, Ehrfurcht hat vor den Gaben des Schöpfers und der liebevollen Mühe von Hausfrauen, Müttern und oft auch Hausvätern, wer das Fasten nicht bloss als Abnehmen und Abspecken versteht, sondern als Mittel zur Selbstdisziplin, dem kann eine ungeahnte Freude geschenkt werden: Es ist die Freude über mehr Wahrheit, Klarheit und die Reinigung des Herzens. Dies gelingt vor allem dann, wenn wir unser Leben im Spiegel Gottes betrachten und uns selbst von ihm reinigen lassen.
22.02.12
Neumarkt: Gedanken zum Aschermittwoch
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