Gedanken zu Christi Himmelfahrt
Von Dekan Monsignore Richard Distler
Eltern und Religionslehrer haben es heute nicht gerade leicht, Kindern die Himmelfahrt Christi zu erklären. Und dennoch verkraften Kinder einen noch viel stärkeren "Tobak", wenn sich bei Star Wars oder Harry Potter die Helden durch elektronische Zaubereien im Laserstrahl auflösen und unter Starkstromblitzen wieder erscheinen. Da ist Himmelfahrt schon verständlicher und sogar menschlicher. Denn da geht es zunächst um etwas sehr Menschliches: Da geht es um Abschied. Abschiede und Verabschiedungen lieben wir nicht. Da wird uns das Herz schwer. Da kann es Tränen geben. Da werden unsere Bindungen und Beziehungen zu Kindern, Eltern und Freunden erschüttert. Beim Abschied fühlt man sich traurig und verlassen. Das Abschiednehmen lässt uns oft ratlos zurück mit der Frage: "Und wie geht es jetzt weiter?"
Genauso ergeht es auch den Jüngern. Sie haben zwar schon einen ganz schlimmen Abschied hinter sich. Es ist der Karfreitag, der schändliche Tod Jesu und die Grablegung. Doch da kommt wieder eine unbändige Hoffnung auf: Ihr toter Jesus lebt. Er zeigt sich und spricht sogar mit ihnen. Aber dann der endgültige Abschied. Zwar herrscht auch dieses Mal noch Ratlosigkeit. "Warum starrt ihr zum Himmel", werden die Jünger von einem Engel gefragt. Aber dann überwiegen doch Zuversicht und Klarheit. "Sie gehen voller Freude zurück nach Jerusalem". Warum voller Freude? Die Jünger beginnen zu verstehen. Jetzt sind sie dran. Jetzt haben sie nicht mehr zu schweigen, sondern zu reden und der ganzen Welt all das mit Jesus zu verkündigen, beginnend bei seiner Taufe bis zur Himmelfahrt.
Was ist Himmelfahrt? Gewiss ist es ein unglückliches Wort. Was ist eigentlich der Himmel? Natürlich "Das da oben", wo es mal blau und mal bewölkt ist oder wo man nachts in die Unendlichkeit der Sterne blicken kann. Aber in diesen Himmel ist Jesus nicht aufgefahren. Der Himmel des Glaubens ist ein anderer. Himmel, das ist die Herrschaft Gottes um uns herum und mitten in unseren Beziehungen und Herzen. Man kann den Himmel gewiss nur annähernd beschreiben. Der Himmel ist Beziehung, Heimat, Geborgenheit und Liebe, die Gott uns schenkt und die wir uns gegenseitig in einer manchmal sehr kalten Welt zu schenken haben. So schreibt Kardinal Joseph Ratzinger: "Der Himmel ist nicht ein Ort über den Sternen, sondern etwas viel Größeres: Er ist das Platzhaben des Menschen in Gott. Der Himmel ist kein Raum, sondern ein Du, eine Person. Der Himmel ist Jesus, der Christus, in dem Gott und Mensch für immer trennungslos eins sind".
Gott und Mensch trennungslos eins? Lohnt es sich da, ausgerechnet dafür einen freien Tag und einen Feiertag zu nehmen? Warum eigentlich? Geht nicht dahin, also zum Himmel unsere ganze Sehnsucht? Über Nacht können wir damit konfrontiert werden, wenn uns ein lieber Mensch wegstirbt. Jeder –und ich hab das schon öfter erlebt- auch ein Atheist oder Naturalist fragt sich dann: Wo ist er jetzt hingegangen? Ist jetzt alles aus und vorbei? War dann alles sinnlos?
Dieser hohe Feiertag der Kirche zeigt jedem auch noch im Sterben einen größeren Sinn, ein letztes Ziel, eine ewige Zukunft und ein endgültiges Zuhause. Himmelfahrtstag also einmal anders. Ein Tag, wo das Letzte und Ewige mitten ins Zeitliche hineingreift, ein Tag mit einer schier unglaublichen Hoffnung und Freude, die jetzt schon unseren Alltag durchdringen kann. Warum eigentlich sollten wir unseren Kindern nicht gerade davon was erzählen? Gewiss können Harry Potter, Star Wars und Ähnliches schöne Dinge sein. Aber der Glaube an ihre und unsere ewige Zukunft und an unser endgültiges Platzhaben in Gott ist etwas viel Kühneres, Größeres, Lebensfroheres und Kraftvolleres.
16.05.12
Neumarkt: Gedanken zu Christi Himmelfahrt