"Gedanken zum Osterfest"

Von Dekan Monsignore Richard Distler

Wer kennt das nicht? Es ist ähnlich wie bei anderen unglaublichen und überraschenden Ereignissen: Zuerst die Sensation. "Es ist wahr, er lebt, er hat sich gezeigt". Und dann der Zweifel: "Kann das wahr sein? Das ist doch unmöglich! Ein Toter ist tot und bleibt tot!" Der Osterglaube und der Osterzweifel, sie sind beide 2000 Jahre alt. Aber was ist nun wahr, der Glaube oder der Zweifel? Anscheinend überwiegen bei der Mehrheit der Zeitgenossen, zum Teil sogar bei Gläubigen, eher die Skepsis und der Zweifel gegenüber der Auferstehung Christi, also gegenüber dem innersten Kern des christlichen Osterfestes. Aber keine Sorge, auch die Jünger damals waren keine naiven Dummköpfe. Doch eines unterscheidet sie vielleicht von uns, den manchmal etwas zu abgebrühten Zeitgenossen: Die Osterbotschaft war für sie eine Sensation. Sie machte ihnen buchstäblich Beine. Vom Wettlauf zum Grab zwischen Petrus und Johannes ist da gar die Rede. Die Kunde, der Auferstandene lebt, brachte die verängstigten Jünger so richtig in Schwung. Bringt sie auch uns, die Christinnen und Christen von heute in Schwung? Oder sind wir statt "Läufer zum Grab" nur noch "verdrossene Mitläufer"?

Und dennoch: Ostern, ist Tatsache und Wahrheit: Da hat einer endlich diese fürchterliche Schallmauer des Todes durchbrochen. Das ist mehr als eine Sensation. Für mich ist es die eigentliche Weltrevolution. Aber wieso? Die einen preisen die Französische Revolution vom Jahr 1789, aber es ist auch viel Blut geflossen und Kriege waren die Folge. Andere begeistert die russische Oktoberrevolution von 1917, aber auch die war sehr blutig. Die Revolution von 1989 war friedlich und fast schon ein Wunder. Aber das allergrößte Wunder und die alles entscheidende Revolution für die ganze Menschheit, das war Ostern. Aber warum? Die Mauer in Berlin ist gefallen. Doch Ostern hat den Durchbruch durch eine noch viel schrecklichere Mauer geschafft, durch die Mauer des Todes. Da wurde ein unglaubliches Hoffnungspotential freigesetzt: Der Mensch ist keine Ein- oder Zweitagsfliege, die gestern geboren wurde, heute lebt, morgen stirbt und übermorgen vergessen ist. Der Mensch darf hoffen, sogar über den Tod hinaus. Aber was ist der Grund dieser unglaublichen Hoffnung? Der Grund ist die Auferweckung Jesu. Ostern ist keine schöne Legende, kein Märchen und kein Phantasieprodukt der Jünger, sondern ein wirkliches, ein reales Geschehen, gesehen und erlebt von zunächst skeptischen Männern und Frauen, von Einzelnen und Gruppen und zuletzt von über "500 Brüdern", also von ersten Christen, die alle äußerst zuverlässig und glaubwürdig waren, wie Paulus im Korintherbrief schreibt.

"Doch Christus ist nur der Erste", sagt der Apostel, "dann aber folgen alle, die zu ihm gehören". Ostern also mehr als nur ein verlängertes Wochenende, auch mehr als nur ein Frühlingsfest. Ostern ist eher ein Fest großer Hoffnung und der Dreh- und Angelpunkt der Weltgeschichte. Da hat einer eine Revolution vom Zaun gebrochen. Da hat einer den Kampf mit allen dunklen und finsteren Mächten dieser Welt aufgenommen: Nicht einmal den Kampf mit dem Tod hat er gescheut. "Es ist der Christus, der aus der Tiefe emporstieg als Sieger", wie der Priester im feierlichen Osterlob der Osternacht, im "Exsultet" singt.

Wenn so manche Revolution der Geschichte den Menschen zwar Freiheit und Gleichheit, aber verbunden mit Mord, Terror und Tod gebracht hat, so bringt Ostern eine unbändige Sehnsucht nach Freiheit, nach Leben, vollem Leben und ewigem Leben. Ostern lädt uns ein, "die Macht seiner Auferstehung", wie Paulus sagt, zu erkennen. Ostern gibt unserem Leben einen alles überragenden Sinn. Im Blick auf Ostern ist nichts umsonst: Nicht die Liebe, die Eltern in ihre Kinder oder Pflegende in kranke Menschen investieren, nicht der Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit in der weiten Welt, nicht der Einsatz für die christliche Soziallehre oder für das Gemeinwohl im politischen Leben, auch nicht der Einsatz für Nachhaltigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Nichts davon ist sinnlos. Alles hat Ewigkeitswert und ist ausgerichtet auf die endgültige Zukunft bei Gott. Sollte uns da nicht Ostern buchstäblich Beine machen, wie einst den Jüngern?

Sollte uns da Ostern nicht endlich in Bewegung bringen und unser Herz mit großer Freude erfüllen, wie die vielen russischen Christen, die sich am Ostermorgen einander so begrüßen: "Christus ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden!"
Von Pfarrer Peter Loos


An Ostern hat angefangen, weshalb es die christliche Kirche, den Sonntag und die christliche Kultur gibt. An jenem Morgen, als einige Frauen unterwegs waren, um dem Leichnam Jesu die letzte Ehre zu erweisen, da wurden sie mit der Frage konfrontiert: Was sucht ihr den lebendigen bei den Toten ?

Auch, wenn wir uns nach einem sehr langen und dunklen Winter wirklich nach dem Frühling sehnen, Ostern hat nichts mit Frühlingserwachen zu tun. Auch nicht mit Osterhasen und Ostereiern. An Ostern hat eine grundlegende Veränderung dieser Welt begonnen. Der Tod hat nicht mehr das letzte Wort. Selbst wenn unsere Welt immer noch ihr schreckliches Angesicht zeigt, durch Kriege und Katastrophen, durch Mord und die schreckliche Tatsache, dass Deutschland der drittgrößte Waffenlieferant auf der Erde ist – durch die Auferweckung Jesu von den Toten, ist ein helles Licht in alle Dunkelheiten unseres Leben hineingedrungen.

Ostern ist das Lichterfest unseres Lebens. So, wie Gott Jesus Christus nicht im Tod gelassen hat, so wird er auch uns einmal herausholen aus der Finsternis des Todes hin zum hellen Leben bei ihm. Doch, von dieser Revolution, die Gott an Ostern begonnen hat, ist in unserem Leben und Zusammenleben sehr wenig erfahrbar. In der alten Kirche gab es das Osterlachen. Der Tod wurde ausgelacht. Und in der Tat, die Situation ist zum Lachen. Für die einen, weil es für sie einfach lächerlich ist, daß ein Toter leben soll. Für uns Christen aber deshalb, weil unser Gott durch die Auferweckung Jesu den Tod unsterblich blamiert hat. Der Apostel Paulus stimmt in dieses Osterlachen mit ein, wenn er am Ende des 15. Kapitels in seinem ersten Brief an die Korinther schreibt: "Tod, wo ist dein Sieg, wo ist dein Stachel ? Gott sei Dank, der uns diesen Sieg gegeben hat".

Ostern ist das Unfassbare, das über alle menschliche Erfahrung weit hinausgeht. Wenn wir am Grab eines lieben Menschen stehen, dann sagen wir uns: Das kann doch jetzt nicht alles gewesen sein. Wenn wir in solchen Momenten nichts von Ostern wissen, dann fehlt unserem Leben die letzte große Hoffnung. Gott sei Lob und Dank hat es Ostern gegeben.

Sind Christen, die darauf vertrauen weltflüchtig. Der atheistische Philosoph Albert Camus kritisierte die Christen einmal als jene, die rückwärts gewandt sind und die Illusion eines anderen Lebens verbreiten. Und da hat er eben nicht recht. Menschen, die von Ostern herkommen und dem auferstandenen Christus vertrauen sind gerade deshalb nicht rückwärts gewandt. Weil wir um Ostern wissen, sind wir Protestleute gegen den Tod. Dietrich Bonhoeffer hat es so formuliert: "Wenn ein Wahnsinniger mit dem Auto durch die Straßen rast, dann kann ich mich nicht damit zufrieden geben, die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern ich muß dazwischen treten und den Wahnsinnigen stoppen".

Von dieser Konsequenz aus Ostern muss von uns Christen allerdings noch viel mehr sichtbar werden. Menschenverachtende Systeme und Ideologien gibt es wahnsinnig viele. Nicht irgendwo weit weg, sondern ganz in unserer Nähe. Wer denn sonst, wenn nicht wir Christen, können und müssen von Ostern her die Wahnsinnigen stoppen und dem Rad in die Speichen greifen.
30.03.13
Neumarkt: "Gedanken zum Osterfest"
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