"Erweiterung unverantwortlich"

NEUMARKT. Die Naturschützer in Neumarkt bezeichnen in einem Brief an die Stadtwerke eine Erweiterung des Sandabbaus in Lähr als unverantwortlich.

Alfons Greiner appellierte im Namen der Vorstandschaft des Bundes Naturschutz in dem Schreiben an Stadtwerke-Chef Dominique Kinzkofer, gemeinsam mit Oberbürgermeister Thomas Thumann nochmals Einspruch zu erheben, "um wenigstens die größten Gefahren zu bannen und einen Ausstieg aus diesem Dilemma einzuleiten".


Wir veröffentlichen das Schreiben fast ungekürzt:

Sehr geehrter Herr Kinzkofer,

nachdem das Bergamt nun die Erweiterung des Quarzsandtagebaus „Lähr“ genehmigt hat, bleiben doch eine Menge Fragen von Seiten des BUND Naturschutz übrig.
Natürlich ist der Bund Naturschutz im Einklang mit den Argumenten des LBVund wir nehmen mit Befremden zur Kenntnis, dass die Erkenntnisse der letzten 40 Jahre viele noch immer nicht erreicht haben. Grundsätzlich halten wir auch das Bergamt als Relikt aus längst vergangener Zeit für überholt. Es dient nicht mehr den Anforderungen einer modernen Gesellschaft.

Begründet wird die Zulassung damit, dass dem Abbau keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen. Ist die Gewinnung von sauberem, einwandfreien Trinkwasser für die Stadt Neumarkt kein öffentliches Interesse? Gerade der Abbau des Sandes bis auf eine Restmächtigkeit von zwei Metern wird das gesamte Gebiet nachhaltig beeinflussen und unwiderbringlich verändern.
Der Genehmigungsbescheid spricht von „Stimmungslage in ihren Gremien“! Hier werden die berechtigten Sorgen der Bürger, der Stadträte und der für das Wasser Verantwortlichen schon fast lächerlich gemacht. Zu einer neutralen Wertung von Trinkwasser ist das Bergamt wohl erst fähig, wenn Wasser als bergbaulicher Rohstoff deklariert wird und dieses Amt die Verantwortung für die primäre Sicherung dieses „Bodenschatzes“ erhält.

Nach Aussagen des Bergamtes wird „mit der vorgesehenen Wiedernutzbarmachung der Oberfläche … auch dem Grund- und Trinkwasserschutz Rechnung getragen“. Dies widerspricht aber eindeutig dem Gutachten von Dr. Prösl von 1995 für die Stadt und die Stadtwerke Neumarkt. Seinerzeit wurde die Restmächtigkeit von 2 Metern für viel zu gering gehalten. Es wurde darauf verwiesen, dass dann eine völlig andere Vegetation entsteht, da viele Bäume mit ihren Wurzeln das Grundwasser erreichen. Dies bedeutet nicht nur das Ende der in Bayern sehr seltenen Sandkiefernwälder, sondern auch eine enorme Wasserentnahme über die Wurzeln. Demzufolge wird die Grundwasserneubildung in der Miss deutlich geringer ausfallen und dies kann nicht im Interesse der Stadt Neumarkt sein.
Zudem kann sich niemand darauf verlassen, was künftig im geplanten Sandabbaugebiet passieren wird. Auf S. 26 des Bescheids ist von einer „Wiederbewaldung über aktive Aufforstung“ die Rede, auf S. 14 spricht der Bescheid von „natürlicher Sukzession“! Am Ende müssen sich die Stadtwerke mit der Forstverwaltung auseinandersetzen.
Um des Trinkwasser willens sollten Sie in die Offensive gehen und nachhaltig auf die Einhaltung der Forderung der Unteren Naturschutzbehörde pochen, dass mindestens 50% der Abbaufläche offen bleiben müssen.

Auch die Aussage“…ist…eine möglichst vollständige Nutzung der Lagerstätte anzustreben“ bedeutet eine weitere Beeinträchtigung der Wassergewinnung und ist auf den Natur- und Artenschutz bezogen das Schlimmste, was man fordern kann.
Das Bergamt spricht von „einem sparsamen und schonendem Umgang mit Grund und Boden“ und damit wohl auch der Bodenschätze. Es ist aber nirgends die Rede davon, Quarzsand nur dort einzusetzen, wo er unumgänglich ist. Vielfach könnte sicher auch Recycling-Material zum Einsatz kommen.

Neuere wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Biologie des Lebensraums der Sandzwischenräume noch weitgehend unbekannt ist. Was hier von Kleinstlebewesen geleistet wird, ist ziemlich unbekannt. Die Wirkung der Sandschichten wurde in den letzten Jahren ziemlich klein geredet. Was steckt hier wirklich dahinter? Hier sind noch ausgiebige Forschungen nötig. Und was ist, wenn sich die Notwendigkeit einer deutlich größeren Grundwasserdeckschicht herausstellt und der Sand ist weggebaggert?
Den BUND Naturschutz würde auch interessieren, wer die Festlegungen von Dr. Prösl von einer einigermaßen sicheren Deckschicht von 8-10m auf lediglich 2m reduziert hat? Welche Behörde hat hierzu ihren Segen gegeben? Schon im Jahr 1995 waren laut Dr. Prösl auf einer Fläche von ca. 65 ha die Grundwasserdeckschichten entfernt.

Aus Sicht der Ortsgruppe Neumarkt des BUND Naturschutz ist dieser Eingriff unverantwortlich. Wir plädieren an Sie, gemeinsam mit Herrn Oberbürgermeister Thomas Thumann nochmals Einspruch zu erheben, um wenigstens die größten Gefahren zu bannen und einen Ausstieg aus diesem Dilemma einzuleiten.

Viel zu lange wurde der Sicherung dieses Trinkwasservorkommens zu wenig Gewicht gegeben. Die nächsten Schritte werden radikal und wohl auch schmerzlich sein müssen. Aber dafür sichern Sie Trinkwasser von hochwertiger Qualität.

19.08.14
Neumarkt: "Erweiterung unverantwortlich"
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