Die Gewerkschaft schlug „Gastronomie-Alarm“: 30 Umsonst-Überstunden pro Monat sind angeblich üblich
NEUMARKT. Im Mai droht nach Angaben der Gewerkschaft NHH 960 Gastronomie-Beschäftigten im Landkreis Neumarkt ein „Überstunden-Marathon“ .
Vom Koch bis zum Kellner: Die mehr als 960 Teil- und Vollzeitkräfte in Hotels, Restaurants und Gaststätten im Landkreis schieben einen enormen „Überstunden-Berg“ vor sich her. Darauf hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hingewiesen. „Wer in der Küche arbeitet oder Gäste bedient, der macht häufig am laufenden Band Mehrarbeit. Aber kaum einer bekommt dafür auch nur einen Euro extra“, sagt Regina Schleser.
Die Geschäftsführerin der NGG Nürnberg-Fürth beklagt, dass „Umsonst-Überstunden“ in Hotels und Gaststätten eher die Regel als die Ausnahme sind. Aus einer Acht-Stunden-Schicht würden schnell zehn oder zwölf Stunden am Herd, an der Theke oder im Biergarten. „Selbst 14-Stunden-Schichten gibt es immer wieder, obwohl maximal zehn Stunden am Stück erlaubt sind. Unterm Strich leistet ein Großteil der Vollzeit-Beschäftigten in der Gastro-Branche im Landkreis Neumarkt 30 bis 40 Überstunden pro Monat – ohne das in der Lohntüte zu merken“, so Schleser.
Besonders schlimm sei es an Wochenenden und Feiertagen. So stehe der Gastronomie am Pfingstwochenende ein „wahrer Mehrarbeits-Marathon“ bevor. Insgesamt sei der Mai mit seinen vielen Feiertagen ein „heftiger Überstunden-Monat“. Das bekämen ebenso die mehr als 1460 Mini-Jobber im Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz zu spüren, die im Hotel- und Gaststättengewerbe arbeiteten. Auch sie klopften fleißig Überstunden. „Meistens unbezahlt, versteht sich. Das liegt daran, dass Arbeitgeber – vom Hotel-Chef bis zum Gastwirt – so tun, als wäre es völlig normal und selbstverständlich, ein paar Stunden für umsonst dranzuhängen“, sagt NGG-Geschäftsführerin Regina Schleser. Auch bei Azubis würde kaum Rücksicht genommen.
Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz seien in der Branche seit jeher gang und gäbe. Eigentlich hätten die Arbeitszeiten schon immer dokumentiert werden müssen. Doch jetzt werde es durch das Mindestlohngesetz richtig ernst: „Wer eine Küchenhilfe oder ein Serviceteam im Biergarten für sich arbeiten lässt, muss die geleisteten Stunden aufschreiben – und damit auch jede Überstunde. Passiert das nicht, macht sich der Arbeitgeber strafbar. Jeder Gastwirt muss jetzt damit rechnen, dass die Dokumentation der Arbeitszeiten vom Zoll kontrolliert wird. Genau das passt vielen Chefs natürlich ganz und gar nicht“, sagt Regina Schleser.
Kein Gastwirt müsse seine Gäste um Mitternacht nach Hause schicken, um Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz zu vermeiden. „Jedes Brautpaar kann seine Hochzeit bis tief in die Nacht weiterfeiern. Der Wirt muss nur bereit sein, einen vernünftigen Schichtplan zu machen. Das ist schon deswegen sinnvoll, damit weder Koch noch Kellnerin am Ende kaputter sind als die Gäste“, sagt die Geschäftsführerin der NGG Nürnberg-Fürth. Immerhin beginne das Personal bei einer Hochzeitsfeier schon am Vormittag mit den Vorbereitungen. „Irgendwann ist die Luft dann raus“, so Regina Schleser. Zudem sei es notwendig, dass der Wirt geleistete Überstunden auch bezahle.
Die NGG Nürnberg-Fürth rät allen Gastro-Beschäftigten, ihre Überstunden aufzuschreiben, um diese gegenüber dem Chef nachweisen zu können. Das sei ebenso simpel wie nützlich und habe mit Bürokratie absolut nichts zu tun. „Der Beginn und das Ende der Arbeitszeit sollten notiert werden. Ebenso die Pausen. Wer dann Schwierigkeiten hat, den Lohn für geleistete Mehrarbeit einzufordern, sollte sich an seine Gewerkschaft wenden“, so Schleser.