Gedanken zu Allerheiligen

Von Dekan Monsignore Richard Distler

In uns Menschen steckt eine unbändige Sehnsucht nach Gemeinschaft. Schon Kinder suchen die Nestwärme der Familie, aber auch Jugendliche setzen auf Freundschaft und Gemeinschaft. Da soll möglichst niemand ausgeschlossen werden, weil einer den andern braucht, denn Freundschaft, Familie und Gemeinschaft verbinden. Sie machen uns menschlich stark. Auch die Kirche stellt uns heute am Allerheiligenfest den Segen einer großen Gemeinschaft und Familie vor Augen. Es ist die „Communio sanctorum“, die Gemeinschaft der Heiligen, wie sie im Glaubensbekenntnis, das allen Christen gemeinsam ist, genannt wird.

Wer aber gehört zu dieser Gemeinschaft der Heiligen? Ist es nur die Heerschar der Heiligen des Himmels, die ausdrücklich von der Kirche selig oder heilig gesprochen wurden? Sind es nur die ganz Frommen auf Erden? Nein: Zur Gemeinschaft der Heiligen gehören nach katholischem Verständnis die Heiligen des Himmels genauso wie die Kirche auf Erden und ebenso unsere Verstorbenen, die sich im Läuterungszustand befinden und voller Sehnsucht auf die ewige Gemeinschaft mit Gott warten. Was für eine großartige Idee in einer Zeit, die sich allzu schnell dazu hinreißen lässt, die Toten zu vergessen oder bestimmte Menschen auszugrenzen! Irgendwie faszinierend dieser Gedanke, dass es zwischen Lebenden, Toten und den bei Gott schon ganz Vollendenten eine starke geistliche Verbindung und Gemeinschaft gibt. Kommt diese Glaubenswahrheit nicht gerade all denen entgegen, die um einen lieben verstorbenen Angehörigen trauern und deren sehnlichster Wunsch es ist, diese Verbindung auch über den Tod hinaus niemals aufzugeben?


Gewisse Zeit haben leider Theologen und auch Kirchen an der sogenannten „Ganztod-Theorie“ festgehalten. Man meinte: Nach dem Tod falle der Verstorbene ins Nichts und die Kirche könne nichts mehr für ihn tun, bis der Einzelne dann am Jüngsten Tag zur allgemeinen Totenerweckung gerufen würde. Was aber gibt dem Glauben der Kirche den Grund und die Überzeugung, ein Allerheiligenfest zu feiern und an der „Gemeinschaft der Heiligen“ festzuhalten, zu der sowohl die Toten alsauch die Kirche der Lebenden und der Heiligen gehören? Der eigentliche Grund ist Ostern und die Auferstehung Christi. Durch die Taufe werden Christen einverleibt in den Leib des auferstandenen Christus. Aus diesem allerheiligsten Leib können weder die Verstorbenen noch die Lebenden herausfallen, außer letztere stellen sich ganz bewußt gegen diese innigste Gemeinschaft mit dem auferstandenen Herrn.

Im Grunde ist Allerheiligen nichts anderes als das Fest totaler Solidarität der Lebenden mit den Verstorbenen, aber auch umgekehrt und der Heiligen des Himmels mit den Lebenden und Verstorbenen. Es ist nichts anderes als eine tiefe geistliche Nähe und Geborgenheit und ein füreinander Einstehen bei Gott und vor Gott. Weil Gott kein weltabgwandter, sondern ein liebender Gott ist, so schreibt Papst Benedikt in „Deus caritas est“, „deshalb gilt: Wer zu Gott geht, geht nicht weg von den Menschen, sondern wird ihnen erst richtig nahe!“ Ist das nicht ein tiefer Trost gerade für all jene, die jetzt an Allerheiligen und Allerseelen oder auch das Jahr über an den Gräbern ihrer lieben Verstorbenen trauern? Da ist trotz der schmerzlichen Trennung, die nun mal durch den Tod entsteht, durch Christus, dem Auferstandenen, eine starke Brücke und Beziehung geschaffen worden, eine „Gemeinschaft der Heiligen“, aus wir nicht einmal im Tod herausfallen können.
01.11.15
Neumarkt: Gedanken zu Allerheiligen
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