Hochfest des Stadtpatrons

Von Dekan Monsignore Richard Distler

Man nennt Johannes den Täufer – heute ist sein Fest - gerne den „Rufer in der Wüste“. Zweifach findet sich dieser Rufer in unseren beiden Neumarkter Stadtkirchen: In Form der Johannesglocke auf dem Turm der Hofkirche, in der für Zeit und Ewigkeit die Worte des Täufers eingegossen sind: „Eine Stimme ruft, bereitet den Weg des Herrn!“ In anderer Form begegnet uns der Rufer Johannes am Südportal der Johanneskirche in Gestalt eines Propheten mit offenem Mund, sein Ruf unterstützt von seinen Händen.

Aber wird sein Ruf: „Bereitet dem Herrn“ den Weg von uns gehört? Stösst er nicht manchmal auf taube Ohren, er, unser Stadtpatron Johannes? Sein Ruf ergeht in der Wüste, so heißt es in den Evangelien. Aber Neumarkt und unser Landkreis ist doch keine Wüste. Da ist doch eher alles im Aufblühen: Ein Bauboom ersten Ranges in unserer Stadt, in der Höhe wie in der Tiefe, allenthalben Neubauten und Renovierungen, auch die Dörfer haben längst ihre Grenzen überschritten und neue Siedlungen erschlossen. Fast alle haben Arbeit und Brot und die Arbeitslosigkeit geht fast gegen Null. Wüste gibt es doch nur in Nordafrika, in der Sahara oder im nördlichen China.

Wozu also da bei uns einen Rufer in der Wüste? Und in welche Richtung geht sein Ruf? Er geht in Richtung des Herrn, zu ihm weist er uns den Weg, er, der große Wegbereiter. Aber wozu da noch an den Herrn denken, an den, der da ist, der war und der kommen wird? Es hat doch schon jeder genug im Speicher und im Keller und manche auch auf dem Konto. Aber ist das wirklich genug? Ist das wirklich alles?

Johannes würde zu uns heute sagen wie damals den Zöllnern und Soldaten, die zu ihm an den Jordan kamen: „Begnügt euch mit dem, was ihr habt. Verlangt nicht mehr, teilt mit anderen, schenkt und gebt!“


Aber hören wir wirklich auf diesen Rufer? Besteht nicht manchmal die Gefahr, dass wir nur noch das Unsere sehen, dass wir immer noch mehr haben möchten und den andern übersehen?“ Besteht nicht die Gefahr, dass dadurch unser Inneres und unsere Seelen nicht reicher, sondern ärmer, leerer, trockener und kälter werden? Also so etwas wie Wüste, in der nur wenig Leben mehr möglich ist? Wüste wäre dann: Herzensleere, Achtlosigkeit, innere Abschottungen, seelische Haltlosigkeit und Verwahrlosung, zerstörte Beziehungen, Gier nach Events, Unfähigkeit zur Liebe, Ansätze von Hass und Gewalt und nicht zuletzt Gottesferne und Gottlosigkeit. All das ist Wüste heute.

Johannes lenkt deshalb unseren Blick auf den Lebendigen, auf den Herrn, auf den, der uns Glück, Frieden und Freiheit verheißt. Der rufende Johannes lädt uns ein, Gott wieder ein zulassen in unseren Herzen, in unsere Familien und Kinder, das Heilige und Göttliche wieder wahrzunehmen und dem Herrn die Wege zu bereiten. Johannes lädt uns ein, unsere Freiheit nicht zu missbrauchen gegen Gott, gegenüber dem Nächsten und gegenüber uns selbst. Denn Freiheit braucht Halt, Ziele und Orientierung. Ansonsten verwandelt sie sich in die Unfreiheit, in Abhängihkeit und Sucht. Ansonsten wird unser Leben wie Spreu, die der Wind verweht, wie Johannes sagt.

So ist der Ruf unseres Stadtpatrons ein prophetischer Ruf, eindringlich, ungeschminkt und überzeugend, wie der Charakter dieses Johannes eben war. Es tut uns also gut, ihn als unseren Patron zu haben. Die Figur an der Johanneskirche und die Johannesglocke auf dem Turm unserer Hofkirche erinnern jeden Christen und Menschen guten Willens täglich daran.
24.06.16
Neumarkt: Hochfest des Stadtpatrons
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