„Nicht alles sauber“


Vertrauen ist gut – Zoll-Kontrolle ist nach Meinung der Gewerkschaft besser
Foto: IG BAU
NEUMARKT. In der Gebäudereinigungs-Branche im Landkreis Neumarkt läuft nach Meinung der Gewerkschaft IG Bau "nicht alles sauber ab".

Der Zoll solle die "schmutzige Seite der sonst so sauberen Reinigungsbranche stärker in den Fokus nehmen".

Die IG BAU Oberpfalz forderte jetzt in einer Pressemitteilung von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls, die Reinigungsbranche im Landkreis Neumarkt intensiver zu kontrollieren. Im vergangenen Jahr habe das Hauptzollamt Regensburg lediglich 41 Kontrollen in der Gebäudereinigung gemacht – und das im gesamten Zollbezirk. „Viel zu wenig“, sagt IG BAU-Bezirkschef Stefan Königsberger.


Wo wenig kontrolliert werde, sei die Gefahr illegaler Machenschaften groß: „Die schwarzen Schafe unter den Chefs der Reinigungsbranche registrieren sofort, wenn es wenig Kontrollen gibt. Für sie zählt nur das Risiko, entdeckt zu werden“, so Königsberger.

Deshalb sei der Job, den die Zoll-Kontrolleure machten, auch enorm wichtig: Die FKS suche gezielt nach Schwarzarbeit und Lohn-Dumping. Ebenso nach Sozialmissbrauch. „Dazu zählen nicht gezahlte Abgaben für die Kranken-, Renten- Arbeitslosen- und Pflegeversicherung“, sagte der IG BAU-Bezirksvorsitzende.

Bei ihren Kontrollen in der Gebäudereinigung hat die FKS im gesamten Bezirk des Hauptzollamts Regensburg im vergangenen Jahr gerade einmal sechs Bußgeldverfahren eingeleitet. Zum Vergleich: Insgesamt waren es 461 Bußgeldverfahren in allen untersuchten Branchen.

Die heiklen Zahlen stammen, so die Gewerkschaft, vom obersten Dienstherrn des Zolls – von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Dieser hatte die Kontroll-Bilanzzahlen der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke auf Anfrage mitgeteilt. Müller-Gemmeke ist Sprecherin für Arbeitnehmerrechte der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag.

Für die IG BAU steht fest: „Bei den Zoll-Kontrollen in der Gebäudereinigung ist noch reichlich Luft nach oben. In der Gebäudereinigung muss den Arbeitgebern viel intensiver auf die Finger geschaut werden“, so Stefan Königsberger.

Der IG BAU-Bezirksvorsitzende macht dabei jedoch deutlich, dass die mangelnde Kontrolle in der Regel nicht auf ein fehlendes Engagement der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zurückzuführen sei. „Es ist in erster Linie ein Personalproblem. Dem Zoll fehlen die Leute“, so der Gewerkschafter. Über die bereits vorhandenen und bereits geplanten FKS-Stellen hinaus müssten neue geschaffen und besetzt werden. Hier sei die Bundesregierung gefragt.

Wer den Zoll damit konfrontiere, zu wenig zu kontrollieren, bekomme oft den Hinweis auf eine „besondere Taktik“: Die FKS konzentriere sich darauf, ihre Kontrollen „risikoorientiert“ durchzuführen. Das könne den Staat, dem Steuern und Sozialabgaben vorenthalten werden, nicht zufriedenstellen, hieß es von der Gewerkschaft. „Statt risikoorientierter Kontrollen sind flächendeckende Prüfungen notwendig. Das Ziel muss sein: Mehr Risiko für miese Chefs“, fordert IG BAU-Bezirkschef Königsberger.

Im Fokus der Kontrollen müsse dabei, so die IG BAU weiter, immer wieder der Branchen-Mindestlohn stehen, der in der Gebäudereinigung gilt: Wer Büros, Wohnungen oder Krankenzimmer putze, müsse dabei mindestens 9,80 Euro pro Stunde verdienen. Bei Glas- und Fassadenreinigern liege der Mindest-Stundenlohn bei 12,98 Euro.

Hier kommt es, so die IG BAU Oberpfalz, immer wieder vor, dass Arbeitgeber in der „sauberen Reinigungsbranche mit schmutzigen Tricks“ arbeiten: „Sie geben einer Reinigungskraft Flure und Räume vor, die sie in einer bestimmten Zeit zu putzen hat. Dafür gibt es dann den Mindestlohn.

Der Haken an der Sache ist nur, dass kein Schnellputzer der Welt die Flächen in der vorgegeben Zeit schafft. Also macht die Gebäudereinigerin Überstunden – allerdings ohne dafür auch nur einen Cent zu bekommen“, erklärt Stefan Königsberger. Das sei „Lohndrückerei und ein Verstoß gegen den Mindestlohn“. Genau solche Fälle nehme der Zoll bei seinen Kontrollen auch ins Visier.
08.09.16
Neumarkt: „Nicht alles sauber“
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