„Schlag für die Verbraucher“


Professor Popp kritisiert eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs: "ein Schlag für die Verbraucher"
Foto: Bionorica
NEUMARKT. Die Neumarkter Firma Bionorica hat einen Klage gegen die Europäische Kommission "wegen Untätigkeit" angestrengt - und verloren. Es ging um aus Bionorica-Sicht "falsche Werbeversprechen" bei gesundheitsbezogenen Angaben und Wirkversprechen von sogenannten Nahrungsergänzungsmittel.

„Das ist ein Schlag für die Verbraucher. Sie wurden und werden in unseren Augen getäuscht. Viele meinen ja, dass sie ein geprüftes Arzneimittel kaufen, weil sie falschen Werbeversprechen glauben“, sagte der Vorstandsvorsitzende und Inhaber des Neumarkter Herstellers von pflanzlichen Arzneimitteln, Prof. Dr. Michael A. Popp.

Als ein "Urteil gegen den Verbraucherschutz" wurde auch in einer Bionorica-Pressemitteilung die Entscheidung bezeichnet, die am Donnerstag vor dem der Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg verkündet worden ist: Die Klage von Bionorica gegen die Europäische Kommission "wegen Untätigkeit" wurde zwar formell als unzulässig abgewiesen, eine Untätigkeit der EU-Kommission aber festgestellt.


Es ging um eine Verordnung aus dem Jahr 2006, die festlegt, dass gesundheitsbezogene Angaben zu Lebensmitteln nur noch gestattet sind, wenn sie wissenschaftlich bewertet und von der EU-Kommission zugelassen sind. Die Umsetzung dieser Verordnung wurde aber 2010 von der Kommission ausgesetzt. Dagegen klagte Bionorica.

Derzeit befinden sich nach Bionorica-Angaben in Europa mehr als 2000 ungeprüfte "Health Claims", also gesundheitsbezogene Werbeaussagen, im Umlauf. Der EuGH in Luxemburg sah für Bionorica kein Rechtsschutzinteresse an der Untätigkeitsklage gegen die Europäische Kommission, weil das Unternehmen keine Lebensmittel, sondern pflanzliche Arzneimittel herstellt.

„Wir hatten dafür gekämpft, dass gesundheitsbezogene Angaben und Wirkversprechen der Nahrungsergänzungsmittel – wie vom europäischen Gesetzgeber auch in einer Verordnung von 2006 verpflichtend vorgeschrieben – wissenschaftlich bewertet werden müssen, bevor sie werblich verwendet werden dürfen“, sagte Bionorica-Chef Popp. Das aktuelle Urteil sei daher eine Niederlage für die Verbraucher, denn es beende nicht die im Hinblick auf gesundheitsbezogene Werbeaussagen für Pflanzenstoffe über zehn Jahre andauernde Untätigkeit der EU-Kommission.

Gegen diese Untätigkeit hatten das Neumarkter Unternehmen bereits 2014 geklagt. "Denn wir sind der Auffassung, dass europarechtlich vorgegebene Verfahren, gerade wenn sie dem Verbraucherschutz dienen, nicht einfach ausgesetzt werden dürfen“, so Popp weiter.

Die EU-Kommission und ihr ausführender Arm, die European Food Safety Authority (EFSA), hatten die Prüfung der Health Claims im Jahr 2010 gestoppt, als bereits abzusehen war, dass ein Großteil der gesundheitsbezogenen Aussagen der Botanicals nicht hinreichend wissenschaftlich belegt werden kann.

Laut Health Claims-Verordnung sind für alle Lebensmittel Aussagen verboten, die sich auf die Verhütung, Linderung oder Beseitigung von Krankheiten beziehen. Sie werden überwiegend bei sogenannten Botanicals eingesetzt. Botanicals sind pflanzliche Stoffe und Zubereitungen, wie etwa Cranberry, Ginkgo oder Ginseng, die in Form von Nahrungsergänzungsmitteln europaweit frei verkauft werden – und das mit ungeprüften, nicht belegten Wirk- und Werbeaussagen.

„Um Ärzten, Apothekern und Verbrauchern die Qualität unserer pflanzlichen Arzneimittel zu beweisen, belegen wir deren Wirkung und Unbedenklichkeit mit anerkannten pharmakologischen und klinischen Studien“, sagte Prof. Popp. Sie würden nachgewiesen wirken. Bei Botanicals sei dies nicht der Fall – gleichwohl würden den Anschein erwecken, als handele es sich um richtige Arzneimittel.

„Damit werden Hersteller pflanzlicher Arzneimittel wie Bionorica, die den Wirknachweis ihrer Präparate erbringen und viel Geld in die Forschung und Zulassung investieren, entschieden benachteiligt“, hieß es aus dem Neumarkter Unternehmen.
24.11.17
Neumarkt: „Schlag für die Verbraucher“
Telefon Redaktion


Telefon Redaktion


neumarktonline - die Internet-Tageszeitung. Aktuelle Berichte, Meldungen und News aus Neumarkt in der Oberpfalz im Internet
ISSN 1614-2853
21. Jahrgang
Zur Titelseite neumarktonline
ISSN 1614-2853
21. Jahrgang
neumarktonline - die Internet-Tageszeitung. Aktuelle Berichte, Meldungen und News aus Neumarkt in der Oberpfalz im Internet
ISSN 1614-2853
18. Jahrgang