Dunkle Wolken am Lehrstellen-Markt

NEUMARKT. Die Arbeitsmarkt-Situation für junge Menschen wird auch in Neumarkt immer bedrohlicher.

Bei der Sitzung des Verwaltungssenats wurden am Dienstagabend die Neumarkter Stadträte mit Zahlen und Informationen des Beruflichen Fortbildungszentrums der Bayerischen Wirtschaft (bfz), des Neumarkter Arbeitsamtes und eines Neumarkter Bewährungshelfers konfrontiert, die Grund zur Sorge geben.

"Leider nicht sehr erfreulich" nannte Wolfgang Bernreuther vom Neumarkter Arbeitsamt (jetzt: "Agentur für Arbeit") die Zahlen, die er den Mitgliedern des Verwaltungs- und Kultursenats vorlegte. Die Situation im Ausbildungsmarkt habe sich in den letzten Jahren weiter zugespitzt; die Schere zwischen Angebot und Nachfrage gehe immer weiter auseinander. So habe es im August 2003 genau 905 Lehrstellen für 1115 Bewerber gegeben. Ein Jahr später sank die Zahl der Lehrstellen drastisch auf 790, während sich die Zahl der Lehrstellen-Suchenden weiter auf 1183 erhöhte !

"Im Augenblick" - also zum Stand 28.Oktober 2004 - habe er 81 junge Leute in seiner Liste, die keine Lehrstelle gefunden haben - davon 41 aus der Stadt Neumarkt, 40 aus dem übrigen Landkreis. Viele von ihnen konnten in den verschiedensten Maßnahmen untergebracht werden: in einer Berufsfachschule, in einem Berufsgrundschuljahr, einem berufsvorbereitendem Jahr oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen; andere besuchen mangels Alternative die Fachoberschule oder wiederholen gar freiwillig ihr letztes Hauptschuljahr. 17 Jungen und Mädchen - und sicherlich noch ein paar mehr, von denen das Arbeitsamt nichts weiß, weil sie sich nirgend gemeldet haben - stehen aber "auf der Straße".

Mitarbeiter der Agentur für Arbeit waren bei 400 Betrieben im Landkreis, um dort "um Lehrstellen zu betteln", sagte Bernreuther. Er wollte aber auch eine Lanze für die Jugendlichen brechen, die zu einem großen Teil durchaus flexibel seien - sowohl beim Berufswunsch wie auch beim Arbeits-Ort.

Ein beunruhigendes Phänomen machten die Arbeitsamts-Mitarbeiter heuer erstmals im Landkreis Neumarkt aus: Arbeitgeber unterzeichneten mit den jungen Leuten einen Lehrvertrag, erklärten dann aber den verblüfften Jugendlichen am 1. September, daß sie doch keinen Lehrling brauchen. Mindestens neun (!) solcher unglaublichen Fälle sind im Arbeitsamt bekannt.

Das Überangebot von Lehrstellen-Suchenden führe auch zu einem Verdrängungs-Wettbewerb zwischen Abiturienten, Realschulen und Hauptschülern mit Quali. Da seien dann auch so groteske Situationen möglich, daß ein Arbeitgeber für eine Verkäuferin Abitur verlange. Für einen Hauptschüler ohne Quali sei die Lehrstellensuche in jedem Fall "sehr schwer", sagte Bernreuther vorsichtig.

Sehr viel drastischer schilderte anschließend Bewährungshelfer Rudolf Vogel die Probleme mit seiner Klientel. Die drei Bewährungshelfer im Amtsgerichtsbezirk Neumarkt betreuen 220 Jugendliche und bräuchten sich keine Sorgen zu machen, daß sie selbst arbeitslos werden, sagte Vogel lakonisch. Bei seiner täglichen Arbeit mit straffällig gewordenen Jugendlichen könne er angeblich rückläufige Zahlen bei Alkohol- und Drogenmißbrauch jedenfalls nicht bestätigen.

Es sei oft erschütternd zu sehen, wie fremd diesen Jugendlichen am Rande der Gesellschaft elementare Verhaltensnormen sind: Pünktlichkeit oder einfachste Höflichkeitsformen fehlen ihnen oft völlig.

Die Sitzung des Verwaltungssenats fand in den Räumen des Beruflichen Fortbildungszentrums der Bayerischen Wirtschaft (bfz) in der Kerschensteiner Straße weg. Nach einer Besichtigung der Räume unter der Leitung von Joachim Simbeck wurde die berufsbezogene Jugendhilfe vorgestellt, mit der rund 130 sozial benachteiligte Jugendliche mit keinem oder schlechtem Schulabschluß, jungen Leuten mit Drogen-und Alkoholproblemen oder kriminellen Erfahrungen sowie körperlich und geistig beeinträchtigten Jugendlichen geholfen werden soll. Bezahlt werden diese Maßnahmen aus dem Bayerischen Arbeitsmarktfond sowie Zuschüssen von Landkreis und Stadt Neumarkt.

In verschiedenen Beiträgen klagten Mitglieder des Verwaltungssenats über die bürokratischen Hemmnisse, die immer wieder der Schaffung von Lehrstellen entgegenstehen. Oberbürgermeister Alois Karl räumte ein, daß man dadurch Arbeitgeber verdrießt, die eigentlich ausbilden wollen:" Wir sind da unseres Unglückes Schmied".

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