„Horror-Arbeitszeiten“ kritisiert


Reisen liegt im Trend: Urlauber und Geschäftsreisende sorgen dafür, dass die Zahl der Übernachtungen steigt. Die Gewerkschaft warnt jedoch vor immer längeren Arbeitszeiten für die Beschäftigten der Branche
Foto: NGG
NEUMARKT. Im Landkreis Neumarkt sind nach Angaben des Arbeitsamtes rund 2.100 Menschen im Gastgewerbe beschäftigt.

„Allerdings fehlen hier zunehmend Fachkräfte - auch weil die Branche ein waschechtes Image-Problem hat“, hieß es von der Gewerkschaft. Ein Hauptgrund seien immer extremere Arbeitszeiten.

Zwar gehöre das Arbeiten am Abend oder am Sonntag für Hotelfachleute und Kellner fest zum Job. „Aber in den vergangenen Jahren sind die Schichten deutlich länger und die Erholungszeiten kürzer geworden. Das macht nicht jeder ewig mit“, sagte Regina Schleser, die Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).


Schleser kritisiert insbesondere die Forderungen von Unternehmern, das Arbeitszeitgesetz zu lockern. „Geht es nach dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband , dann sollen 13-Stunden-Arbeitstage bald zum Normalfall werden“. Aber hier stehe die Gesundheit der Beschäftigten auf dem Spiel. Nicht umsonst gebe es gesetzliche Grenzen, so Schleser. Das Arbeitszeitgesetz schreibt eine Regelarbeitszeit von acht Stunden täglich vor. In Ausnahmefällen kann sie auf zehn Stunden ausgedehnt werden.

Nach einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin steige das Unfallrisiko nach der achten Arbeitsstunde exponentiell an. Und wer oft im Schichtdienst arbeite, der habe ein erhöhtes Risiko, am Herzen oder an Diabetes zu erkranken.

Der Bayerische Jura verzeichnete im letzten Jahr 1,13 Millionen Übernachtungen von Gästen aus dem In- und Ausland. Das sind 4 Prozent mehr als im Vorjahr – und 80 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Die NGG beruft sich dabei auf Angaben des Statistischen Bundesamtes, das die Beherbergungszahlen der deutschen Reisegebiete ausgewertet hat.

„Die guten Übernachtungszahlen und steigende Umsätze zeigen, wie groß der Einsatz der Beschäftigten in der Gastronomie und Hotellerie ist“, sagt Schleser. Im Landkreis Neumarkt würden gerade gelernte Fachkräfte „längst am Limit“ arbeiten. Die dürfe man nicht mit „Horror-Arbeitszeiten“ verprellen. Schon jetzt falle es der Branche schwer genug, Schulabgänger für eine Ausbildung zu gewinnen.

Die NGG warnt davor, das Gastgewerbe zum „Vorreiter für ausufernde Arbeitszeiten“ zu machen. Bei einer aktuellen Branchenumfrage der Gewerkschaft gaben 81 Prozent der Befragten an, ihre Arbeitsbelastung habe in den letzten Jahren zugenommen. Fast jeder Zweite muss demnach in der Freizeit für den Betrieb einspringen.

Dabei betreffen ungewöhnliche Arbeitszeiten auch viele andere Wirtschaftsbereiche. Bundesweit arbeitet mittlerweile jeder vierte Beschäftigte regelmäßig am Wochenende, so der aktuelle Mikrozensus. Das sind rund neun Millionen Arbeitnehmer – und 700.000 mehr als noch im Jahr 2010. In der Hotellerie und Gastronomie liegt die Quote der Wochenendarbeiter sogar bei 86 Prozent, hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ermittelt. Hinzu komme die Arbeit auf Abruf, von der im Gastgewerbe jeder Vierte betroffen ist. „Wenn der Chef per WhatsApp in letzter Sekunde die Dienste verteilt, dann können Beschäftigte ihren Alltag kaum planen“, kritisiert Schleser.

Statt längere Arbeitszeiten zu fordern, sollten Hoteliers und Gastronomen die Branche attraktiver machen: „Das fängt bei einer guten Ausbildungsqualität an und reicht bis zur Bezahlung nach Tarifvertrag. Und wenn das Personal Spaß an der Arbeit hat, dann kommen die Gäste auch gern wieder“.
15.03.19
Neumarkt: „Horror-Arbeitszeiten“ kritisiert
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