Die Baubranche scheint noch am besten durch die Krise zu kommen
Foto: IG Bau
NEUMARKT. Die Wirtschaft in der Region leidet nach den Ergebnissen der IHK-Konjunkturumfrage massiv unter den Folgen der Coronakrise.
Daszu wurden 330 Mitgliedsunternehmen befragt. „Der IHK-Konjunkturklimaindikator sinkt um 34 auf 85,5 Punkte. Das ist der niedrigste Wert seit der Finanzkrise im Sommer 2009“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jürgen Helmes.
Der „Lockdown“des öffentlichen Lebens habe in einigen Branchen für einen „sofortigen Zusammenbruch der Geschäftslage“ gesorgt, hieß es. Bei der Finanzkrise vor einem guten Jahrzehnt sei es „deutlich langsamer“ nach unten gegangen als jetzt.
46 Prozent der Unternehmen berichten bei der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage über stornierte Aufträge. Am stärksten betroffen sind der Tourismus mit 96 Prozent Auftragsrückgang und die Industrie mit minus 51 Prozent. Lediglich das Bauwesen spürt noch keine Einbußen, denn die vollen Auftragsbücher werden abgearbeitet. Gleichzeitig gingen die Prognosen beim Tiefbau bereits zurück; dies sei laut IHK ein Frühindikator für die konjunkturelle Abschwächung der Branche.
Nicht alles scheint schlecht durch die Coronakrise. „Es ist bemerkenswert, wie agil unsere Wirtschaft auf geänderte Rahmenbedingungen reagiert hat. 15 Prozent der Unternehmen, vor allem Dienstleister aber auch Handel und Industrie, veränderten angesichts der Corona-Bedingungen ihre Geschäftsmodelle oder die Vertriebswege“, sagte Helmes. Einige Industriebetriebe sattelten spontan um auf die Produktion von Schutzmasken oder Desinfektionsmitteln, stationäre Händler und Restaurants digitalisierten in Windeseile ihren Vertrieb und lieferten kontaktlos zu den Kunden.
Hotellerie, Gastronomie und Freizeiteinrichtungen würden nun dank der ersten Lockerungen ab den Pfingstferien mit kreativen Geschäftsideen aus der Talsohle starten. Das mache Mut, dass „Ostbayerns Wirtschaft den massiven Folgen der Coronakrise die Stirn bieten kann“.
Gleichzeitig seien die Investitionspläne der Unternehmen derzeit „schockgefroren“. Die Nachfrage in der Investitionsgüterindustrie war bis April noch gut und bricht nun ein, hieß es. Damit die Wirtschaft wieder anlaufen kann brauche es „ein Investitionspaket, politische Perspektiven und Planungshorizonte für Unternehmen“, so Helmes.
49 Prozent der von der IHK Befragten sprechen sich deshalb für ein staatliches Investitionsprogramm aus, gefolgt von besseren Abschreibungsmöglichkeiten. Befragt nach den wirksamsten Maßnahmen, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen sprechen sich 64 Prozent für eine rückwirkende Senkung der Unternehmenssteuern aus, zum Beispiel durch eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Eine „Kreditklemme“ sei bislang noch nicht in Sicht. Den Zugang zu Finanzierungsangeboten bezeichnen die Firmen als weiterhin gut. Allerdings nehmen Liquiditätsprobleme vermehrt zu.
Vor allem die Kurzarbeiterregelungen hätten viele Mitarbeiter im Lockdown vor Kündigungen bewahrt, hieß es. Jedes zweite Unternehmen müsse Personalanpassungen vornehmen. 74 Prozent fingen den Einbruch im Geschäft über Kurzarbeit auf, 52 Prozent nutzten flexible Arbeitszeitmodelle, 40 Prozent der Befragten würden Stellen über natürliche Fluktuation streichen. Zwölf Prozent der Gewerbetreibenden müssten jedoch „betriebsbedingte Kündigungen“ in Betracht ziehen.
Befragt nach ihren Geschäftserwartungen in den nächsten zwölf Monaten gehen 23 Prozent von einer Verbesserung aus, 38 Prozent von einer Verschlechterung. Der Rest rechnet mit unverändert – schlechten – Bedingungen.
Trotz der Lockerungen würden die Unternehmen sehr langsam und eingeschränkt anfahren. Neben der Gastronomie und der Hotellerie und Reisebranche schwächele vor allem die industrielle Leitbranche Automobil und ihre Zulieferer. Die Talsohle wird wohl bis zur nächsten Konjunkturumfrage der IHK im Herbst nicht durchschritten sein.