„Fast zwei Drittel Frauen“

In der Gebäudereinigung arbeiten viele Frauen mit 450-Euro-Verträgen
Foto: IG Bau
NEUMARKT. „Karrierefalle Minijob“: fast zwei Drittel der 12.600 „Geringfügig Beschäftigten“ im Landkreis sind nach Angaben der Gewerkschaft Frauen.
Dies sei ein Rückschritt bei der Gleichberechtigung in Folge der Corona-Pandemie, hieß es aus Anlaß des bevorstehenden Internationalen Frauentags am nächsten Montag.
„Insbesondere Minijobs werden in der Krise zunehmend zur Karrierefalle“, kritisiert der
stellvertretende Bezirksvorsitzende der IG Bau Manfred Götz. Nach Arbeitsamts-Angaben sind
aktuell 63 Prozent der insgesamt rund 12.600 geringfügig entlohnten Arbeitsverhältnisse im
Landkreis Neumarkt in Frauenhand. In der Gebäudereinigung liegt der Frauenanteil bei den
450-Euro-Stellen sogar bei 71 Prozent.
„Geringfügig Beschäftigte gehen nicht nur beim Kurzarbeitergeld leer aus. Sie sind auch
häufiger von Entlassungen betroffen“, so Götz. Die IG Bau plädiert dafür, die Minijobs in
der jetzigen Form abzuschaffen und sozialversicherungspflichtig zu machen. Eine
Anhebung der Verdienstgrenze auf 600 Euro, wie sie einige Arbeitgeberverbände fordern,
liefe dagegen auf einen Ausbau prekärer Arbeitsverhältnisse hinaus.
Zudem stehe das Ehegatten-Splitting einer echten Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt im
Weg. „Durch hohe Abzüge in der Steuerklasse 5 bleibt vielen Frauen nur wenig vom
Bruttoverdienst. Das führt auch zu geringen Arbeitslosenansprüchen und Einbußen beim
Elterngeld“, sagte Götz. Die Politik müsse das Thema in diesem Wahljahr anpacken und
eine Reform der Einkommenssteuer voranbringen.
Die IG Bau verwies zugleich auf die gestiegene Belastung von Frauen in der
Pandemie. In Zeiten geschlossener Kitas und Schulen bleibe die Kinderbetreuung nach wie
vor meist an den Frauen hängen. Dazu komme die Arbeit im Haushalt und die Pflege von
Angehörigen. Neben besseren politischen Rahmenbedingungen sei
hier auch ein gesellschaftliches Umdenken nötig. „Männer, die beruflich etwas zurücktreten,
können der Partnerin helfen, den nächsten Karriereschritt zu gehen und Lasten in der
Familie fairer zu verteilen“, sagte Götz.
Nach einer repräsentativen Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung sei die
durchschnittliche Erwerbsarbeitszeit von Frauen im Zuge der Corona-Krise stärker
gesunken als die von Männern. Vor Ausbruch der Pandemie arbeiteten Frauen demnach im
Durchschnitt fünf Stunden pro Woche weniger als Männer in einem bezahlten Job.
Im
Herbst 2020 betrug die Differenz bei Erwerbstätigen mit betreuungsbedürftigen Kindern elf
Stunden pro Woche. Zwei Drittel der befragten berufstätigen Frauen mit Kindern gab an, in
der Partnerschaft den größeren Teil der Kinderbetreuung zu übernehmen. Sieben Prozent
sahen die Hauptverantwortung bei ihrem Partner, 27 Prozent sprachen von einer
Gleichverteilung der Sorgearbeit.
04.03.21
Neumarkt: „Fast zwei Drittel Frauen“