Auf Tagesordnung gezwungen


Jens Mischke, Lucia Baier und Enrico Pomsel (v.l.) übergaben über 550 Unterschriften
Foto: Ulrich Kutscheid
NEUMARKT. Der Neumarkter Stadtrat muß sich mit der Frage einer nachhaltigen und maßvollen Nachverdichtung für das Gartenviertel befassen.

Vertreter einer Nachbarschaftsgruppe sammelten mehr als 550 Unterschriften in ganz Neumarkt und zwingen damit den Stadtrat, das Thema auf die Tagesordnung zu nehmen. Jetzt wurden die Unterschriften übergeben.

Am Donnerstag reichten Jens Mischke, Lucia Baier und Enrico Pomsel als Vertreter der Nachbarschaftsgruppe aus dem Gartenviertel einen dicken Ordner mit 558 Unterschriften bei der Stadt ein. Sie hoffen mit ihrem Bürgerantrag, im Stadtrat eine Mehrheit für ihr Anliegen einer nachhaltigen und maßvollen Nachverdichtung für das Gartenviertel zu bekommen.

„Wir waren selbst überrascht über die vielen Unterschriften für unseren Bürgerantrag zur Entwicklung eines Bebauungsplans“, sagte Jens Mischke. Es werde deutlich, wie sehr das Thema Nachverdichtung die Neumarkter beschäftige. Die Hürde für die Einreichung eines Bürgerantrags liegt bei einem Prozent der Gemeindebürger. „Diese Quote haben wir locker erreicht, obwohl wir Corona-bedingt nur über Briefwurf und per Mail-Versand Unterschriften sammeln konnten“, sagte Mischke.


Zwischenzeitlich hat die Gruppe Gespräche mit allen im Stadtrat vertretenen Parteienen und mit Oberbürgermeister Thomas Thumann geführt. „Uns war es dabei vor allem wichtig, zu zeigen, dass wir keine Maximalforderungen stellen, sondern nach einem Kompromiss suchen, der für alle verträglich ist“, sagte Lucia Baier. Im Kern gehe es den „Gartenviertlern“ um eine Nachverdichtung, die genügend Raum für grüne Gärten mit hohen Bäumen lasse und den familienfreundlichen Charakter des Viertels erhalte. Man sei nicht grundsätzlich gegen den Neubau von Mehrfamlienhäusern, sondern stelle lediglich die Dimension dieser Neubauten in Frage und mache auf die negativen Auswirkungen einer solch massiven Bebauung aufmerksam, hieß es.

Stein des Anstoßes war vor mehr als einem Jahr der Neubau eines Achtfamilienhauses in der Saarlandstraße (wir berichteten vielfach), für den zunächst das Grün auf dem Grundstück „komplett abgeräumt“ wurde. Die Gegner beklagten die massive Versiegelung des Grundstücks - rund 80 Prozent seien bebaut. Von dem über 800 Quadratmeter großen Grundstück, auf dem früher mehrere große Bäume und Büsche wuchsen, blieb nur ein schmaler Streifen, der nicht versiegelt wurde.

Und nach dem „gleichen Muster“ gehe es weiter im Gartenviertel, hieß es von den Anwohnern. In der Keplerstraße seien Wohnblöcke mit 27 Einheiten geplant und an der Ecke Mariahilfstraße-Buchenstraße soll auf einem 540 Quadratmeter kleinen Grundstück ein Sechsfamilienhaus mit 12,30 Meter Giebelhöhe gebaut werden. Die überdimensionierte Giebelwand stehe dann nur die minimal erforderlichen drei Meter von der Grenze entfernt. Dieses Grundstück werde durch die Nachverdichtung ebenfalls fast vollständig versiegelt und der geplante Bau das ganze Geviert zwischen Buchen- und Eichenstraße dominieren, in dem bisher nur kleine Ein- und Zweifamilienhäuser stehen.

Und die Nachbarn aus dem Gartenviertel schauen nicht nur vor die eigene Haustür: „Im gesamten Stadtgebiet werden wir leider erst viel zu spät merken, welche Auswirkungen diese massive Nachverdichtung hat“, sagte Enrico Pomsel. Grüne Gärten mit hohem Baumbestand hätten eine kühlende Wirkung und leisteten damit einen wertvollen Beitrag für das Mikroklima der Stadt - ein wichtiger Faktor mit Blick auf den Klimawandel. Schon jetzt gebe die Stadt Neumarkt Millionen aus, um die Kanalisation für Starkregenereignisse zu wappnen, ein Problem, das sich durch die massive Nachverdichtung noch verschlimmern werde. „Da werden riesige Betonbecken im Erdboden versenkt, statt darauf zu achten, dass dezentral auf den Grundstücken genug unversiegelte Flächen für die Versickerung bleiben“, sagte Lucia Baier.

„Die Gespräche mit den Vertretern der Fraktionen im Stadtrat und mit dem Oberbürgermeister waren konstruktiv und wir sind weiterhin im Gespräch“, sagte Enrico Pomsel. Immerhin habe OB Thumann für den weiteren Dialog einen „runden Tisch“ in Aussicht gestellt, an dem Vertreter der verschiedenen Stadtviertel, Bauträger und die Stadt die verschiedenen Interessen erläutern sollen. Möglicherweise ergibt sich so ein anderer Weg, die Quartiere in ihrer aktuellen Form zu erhalten und trotzdem moderat zu verändern.
25.06.21
Neumarkt: Auf Tagesordnung gezwungen
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