Abhängigkeit droht

Nadine Braun steht bei der Suchtberatung für Fragen zur Verfügung
Foto: Ebrecht
NEUMARKT. Während der Pandemie nahmen und nehmen psychische Krankheiten und Abhängigkeitserkrankungen auch im Landkreis Neumarkt zu.
Die Wartezeiten bei Therapeuten und Psychiatern sind häufig sehr lang, hieß es von der Suchtberatung des Diakonischen Werkes. „Wir haben eine konstant hohe Anzahl an Beratungsanfragen“, sagte Nadine Braun.
Aktuell erhielten Betroffene meist innerhalb von zwei bis vier Wochen einen Termin für ein Erstgespräch.
„Durch die Kontaktbeschränkungen, Kurzarbeit, wirtschaftliche Sorgen und familiäre Herausforderungen durch engen Wohnraum oder Kinderbetreuung kam es zu einer deutlichen Häufung von Belastungsfaktoren“, so Braun. Dies könne die Entstehung von psychischen und Abhängigkeitserkrankungen begünstigen oder bestehende Erkrankungen verstärken.
Studien würden zeigen, dass die Tendenz zuhause Alkohol zu konsumieren bei einem Drittel in der Bevölkerung angestiegen sei, das heißt „aus einem Feierabendbier wurden zwei oder drei“. Wer allerdings regelmäßig größere Mengen Alkohol konsumiert, läuft Gefahr, an einer Abhängigkeit zu erkranken.
„Ein risikoarmer Konsum liegt bei Männern bei etwa 0,5 Liter Bier, maximal an fünf Tagen in der Woche und bei Frauen bei etwa 0,25 Liter Bier an maximal fünf Tagen pro Woche“, sagte Braun.“ Eine Abhängigkeit entwickele sich schleichend. Der Körper toleriere immer mehr Alkohol, dadurch benötige man eine immer größere Menge, um die gewünschte Wirkung zu erreichen. Die Gesellschaft sei zu wenig über schädliche Mengen oder den risikoarmen Konsum von Alkohol aufgeklärt. Das Konsumieren großer Mengen werde oft verharmlost und gelte „als normal“, zugleich würden Abhängige „an den Rand gestellt und ausgegrenzt“. Darum sei Aufklärung über dieses Thema so wichtig.
Neben selbst Betroffenen nehmen auch viele Angehörige das Angebot der Suchtberatung an. „Angehörige leiden oft sehr unter ihrer Situation und laufen Gefahr, selbst psychisch zu erkranken“, sagte Braun. Im Rahmen der Beratung erhalten die Angehörigen Unterstützung dabei, wieder ein zufriedeneres Leben zu führen, den Fokus mehr auf eigene Bedürfnisse zu legen und sich besser von Betroffenen abzugrenzen.
Viele Menschen kommen aus eigenem Leidensdruck, manche werden vom Jobcenter oder Arbeitgeber geschickt, haben gerichtliche Auflagen oder wollen ihre Fahrerlaubnis wiedererlangen.
Neben Alkohol sind auch illegale Drogen, Glücksspiel oder Essstörungen Erkrankungen, die viele Menschen betreffen. Häufig sind lange Leidenswege und Nöte mit schweren Suchterkrankungen verbunden. Besonders deutlich wird dies bei der Drogenabhängigkeit, die neben den Tücken der Sucht auch noch vielfältige negative soziale Folgen wie Straffälligkeit, Haft und Wohnraumverlust mit sich bringen kann.
Zur Suchtberatung kommen Menschen „jeden Alters, mit jedem Hintergrund und aus den vielfältigsten Beweggründen“. Mit jedem suche man einen individuellen Weg und erarbeite individuelle Ziele. Wichtig sei es, nicht trinken, wenn es dem Betroffenen schlecht geht, und nicht zu trinken, um leichter mit Schwierigkeiten umzugehen, sagte Braun - “und sich nicht zu scheuen, Hilfe zu suchen“.
Kontakt mit der Suchtberatung ist per
Email oder über Telefon 09181/440906 möglich.
02.11.21
Neumarkt: Abhängigkeit droht