Storchenpaar ohne Nachwuchs
Im Mai mußte der Neumarkter Storchenmann von Polizisten gerettet werden, als er sich in einer Schnur verheddert hatte
Foto: Archiv/U. Strauch
NEUMARKT. Die Stadt Neumarkt hat wieder ein Storchenpaar - allerdings noch ohne Nachwuchs. Es hat sich auf einem Haus in der Klostergasse niedergelassen.
Seit Jahrzehnten...
NEUMARKT. Bei dem Storchenpaar in Neumarkt handelt es sich vermutlich um die ersten Störche in der Stadt seit vielen Jahrzehnten.
Storchenexpertin Oda Wieding bestätigte im Gesprach mit neumarktonline, daß die Aufzeichnungen des LBV bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts zurückreichen und dort keine Störche in der Stadt Neumarkt verzeichnet sind. Allerdings gibt es vage Erinnerungen an einen oder mehrere Störche in den 70er Jahren.
Daß die Neumarkter Störche keine Jungen haben ist nicht direkt eine Grund zur Beunruhigung. Gerade bei Neuansiedelungen und bei sehr jungen Störchen sei es nicht ungewöhnlich, daß im ersten Jahr der Bruterfolg ausbleibe.
Storchen-Hochburg im Landkreis Neumarkt ist aber immer noch die Stadt Freystadt, wo derzeit fünf Storchenpaare in ebensovielen Nestern leben - mit insgesamt sieben Jungen. In Berching gibt es einen Einzelstorch.
Der Storchenbesuch in Neumarkt schlug sich am Mittwoch sogar in einer Presse-Meldung des Landesbundes für Vogelschutz nieder, in der von einem „Höhenflug der Weißstörche“ die Rede ist.
Das Storchenpaar hatte im Mai schon einmal für Aufsehen gesorgt, als sich das männliche Tier an Hals und Beinen derart verzwickt in einen Strick verheddert hatte, dass Gehen kaum und Fliegen überhaupt nicht mehr möglich war. Ein beherzter Polizeibeamter griff schließlich zu und befreite das Tier (
wir berichteten).
In diesem Jahr hat der bayerische Naturschutzverband LBV mehr als 1200 brütende Weißstorchenpaare im Freistaat erfasst. „Im Vorjahr haben wir bereits den Rekord von über 1000 Storchenpaaren geknackt. Doch in diesem Jahr wurden so viele brütende Störche in Bayern gezählt wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnung der Bestandszahlen im Jahr 1900“, sagte die LBV-Weißstorchexpertin Oda Wieding. In ganz Bayern haben sich in diesem Jahr neue Storchenpaare niedergelassen. Die meisten Neuansiedlungen gab es erneut vor allem in Westbayern, und zwar oft in ohnehin schon dicht besetzten Gebieten wie Oettingen im schwäbischen Ries und Uehlfeld im mittelfränkischen Aischtal
Nach dem alarmierenden Tiefststand vor gerade mal 35 Jahren, als 1988 nur noch 58 bayerische Brutpaare gezählt wurden, steigt die Population des Weißstorchs im Freistaat seit Anfang des Jahrtausends stetig an. Über 100 Neuansiedlungen stammen erneut vor allem aus Schwaben und Mittelfranken. Man rechne sogar mit weiteren neuangesiedelten Storchenpaaren, die noch gar nicht gemeldet wurden, weil die Anwohner oder Hausbesitzer gar nicht wissen, dass der Bestand der Weißstörche in Bayern vom LBV erfasst wird, sagte Oda Wieding.
Auch wenn die aktuelle Brutsaison noch nicht abgeschlossen ist, liegen dem LBV schon erste Daten zur Anzahl der 2023 flügge gewordenen Jungstörche vor. „Im Mai und Juni haben die meist kurzen Regenschauer zwar für einzelne Verluste unter den Jungstörchen gesorgt. Es war dann aber zum Glück weniger schlimm, als zuvor befürchtet. Nur im Voralpenraum starben vermehrt Jungvögel bei sehr starken Gewittern im Juni. Diese Rückschläge konnten aber durch Bruterfolge, wie zum Beispiel in Mittelfranken, ausgeglichen werden“, sagte Oda Wieding.
Mit dem 1984 vom LBV im Auftrag des Landesamts für Umwelt (LfU) gestarteten Artenhilfsprogramm Weißstorch wurden Nahrungsflächen und Nisthilfen in Bayern gesichert und neu angelegt. Im Laufe des Projekts stellte sich heraus, dass der Bestand und Bruterfolg der Weißstörche im Freistaat auch stark von Gefahren auf dem Zug und in den Überwinterungsgebieten abhängig sind. Seit den achtziger Jahren beobachten die Experten einen Wandel im Zugverhalten der Störche. „Ein Großteil der bayerischen Störche, die über die Westroute in den Süden ziehen, überwintert immer häufiger direkt in Spanien. Sie sparen sich dabei die Überquerung des Mittelmeers und weitere Gefahren, wie Nahrungsmangel oder Bejagung, die auf dem Weg in die afrikanischen Überwinterungsgebiete drohen. Dieses veränderte Zugverhalten sorgt dafür, dass immer mehr Störche wieder zu uns nach Bayern zurückkommen“, sagte Wieding.
Eine
Weißstorch-Verbreitungskarte auf der LBV-Webseite gibt eine Übersicht zu den aktuell besetzten Nestern. Dort gibt es auch Angaben über die Nester in Neumarkt, Freystadt und Berching.
Seit 2014 haben im Satelliten-Telemetrie-Projekt der Vogelwarte Radolfzell auch einige bayerische Jungstörche kleine GPS-Sender erhalten. Diesen Sommer wurden 20 Weißstörche mit neuen Sendern ausgestattet. Mit den Sendern sollen weitere Informationen über die Nahrungsflächensituation im Brutgebiet, die Zugrouten sowie die Gefährdungsfaktoren auf dem Zug und im Winterquartier gesammelt werden. Auf welchem Weg die bayerischen Weißstörche ab etwa Mitte August in den Süden fliegen kann jeder
live im Internet mitverfolgen.
23.08.23
Neumarkt: Storchenpaar ohne Nachwuchs