Nur eine Übung
Neben einem Gefahrgutunfall wurde auch ein Zusammenstoß zwischen Auto und Lokomotive realistisch geübt
Fotos: Gottschalk
NEUMARKT. Ein Katastrophen-Szenario forderte am Samstag alle Rettungskräfte bis an die Grenzen - zum Glück war aber alles nur eine Übung.
Dabei wurde nicht nur von einem verunglückten Gefahrguttransporter sondern gleichzeitig auch noch von einem Zusammenstoß zwischen einem Zug und einem Auto ausgegangen.
Details zu der Großübung waren geheim gehalten worden - die im Vorfeld bekanntgegebenen Übungsorte ließen aber schon auf ein Szenario mit einem Zug schließen (
wir berichteten). Insgesamt waren am Samstag rund 250 Rettungskräfte im Einsatz.
Kurz nach 14.30 Uhr alarmierte die Integrierte Leitstelle Regensburg zunächst die Feuerwehren aus dem Neumarkter Stadtgebiet und aus Sengenthal zu einem gemeldeten „Zugunfall“ auf der Gleisstrecke zwischen Neumarkt und Sengenthal auf Höhe des Stadtteils Hasenheide.
Schon den ersteintreffenden Kräften von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst offenbarte sich nach der ersten Erkundung der Lage, dass dies kein „normaler Einsatz“ werden würde. Während die aus Neumarkt anrückenden Kräfte einen verunglückten Gefahrguttransporter vorfanden, trafen die aus Sengenthal angerückten Kräfte auf ein mit eingeklemmten Personen besetztes Auto, das mit der Lok kollidiert war. In einem Personenwagon waren durch die Zugkollisionen zudem Fahrgäste verletzt worden.
Im Abstand von mehreren hundert Metern waren also zwei große Schadensszenarien zu bewältigen. Wegen des Schadensausmaßes wurden umgehend eine Vielzahl weiterer Einsatzkräfte von Feuerwehr, Bayerischem Roten Kreuz und Polizei nachalarmiert. In der Spitze waren etwa 250 Einsatzkräfte in die Großübung eingebunden.
Bei einem solchen Schadens- und Einsatzausmaß wurde durch die Einsatzleitung in Absprache mit dem Landratsamt der sogenannte „erhöhte Koordinierungsbedarf“ ausgerufen. Diese rechtliche Feststellung nach dem Bayerischen Katastrophenschutzgesetz bewirkt, dass ein Örtlicher Einsatzleiter eingesetzt wird, dem alle nichtpolizeilichen Einsatzkräfte unterstellt sind. Der Einsatzleiter richtete im Feuerwehrhaus Reichertshofen seinen Führungsstab als örtliche Einsatzleitung ein, der fortan alle wesentlichen Entscheidungen traf.
Neben der Befreiung und Versorgung der eingeklemmten Personen im kollidierten Auto galt es im Einsatzabschnitt Richtung Sengenthal alle 25 Fahrgäste im Personenwagon zu sichten, zu versorgen und in Kliniken zu bringen. Vorsorglich wurde mit Drohnen nach etwa in Panik geflüchteten Fahrgästen gesucht. Das Bayerische Rote Kreuz richtete mit rund 60 Helfern einen örtlichen Behandlungsplatz für die Verletzten ein.
Als wesentlich anspruchsvoller erwies sich rasch der Einsatzabschnitt mit dem Gefahrguttransporter. Es mussten ein Austritt von etwa 1500 Litern einer giftigen und brennbaren Flüssigkeit sowie ein Eintritt in die Kanalisation angenommen werden. Einsatzkräfte benötigten Sonderausrüstung, um sich den havarierten Behältern überhaupt nähern zu können und mussten nach dem Einsatz dekontaminiert werden. Messungen in der Kanalisation ergaben, dass dort ein angebliches zündfähiges Luftgemisch entstanden war.
Der Führungsstab veranlasste wegen dieser Gefahrenlage umgehend eine Warnung der betroffenen Bevölkerung und bereitete eine Evakuierung des Stadtteils Hasenheide und des Gebietes am Moosweg vor. Dabei mußten ein Bustransfer und die Einrichtung der Jurahallen als Notunterkunft vom Stab organisiert werden. Mit Fachbehörden und Fachberatern wurde parallel die Entsorgung und Beseitigung des ausgetretenen Gefahrstoffes und die Abwendung der Explosionsgefahr abgestimmt.
Kreisbrandrat Jürgen Kohl konnte auch Vertreter aus Behörden und Politik als Beobachter der Übung begrüßen. Neben Vertretern der Polizeiinspektionen, der Integrierten Leitstelle, des Landratsamtes und der Staatlichen Feuerwehrschule informierten sich auch MdB Susanne Hierl, Landrat Willibald Gailler sowie die Bürgermeister Werner Brandenburger und Christian Schmid über den Verlauf der Übung.
Die Erkenntnisse aus der Übung sollen dazu beitragen, dass Stabsmitglieder und Hilfsorganisationen für mögliche echte Großschadenslagen noch besser gewappnet sind, sagte Kreisbrandrat Kohl.
Auch Vertreter der Politik waren an den „Unglücksort“ gekommen
21.10.24
Neumarkt: Nur eine Übung