"Gezielte Steuerung"
NEUMARKT. Nicht durch "Planwirtschaft", aber durch "gezielte Steuerung" will die Stadt Neumarkt "Wildwuchs im Einzelhandel" verhindern.
Das war am Mittwochabend im Neumarkter Stadtrat das Fazit bei der Vorstellung des "Einzelhandels- und Nahversorgungskonzepts". Andreas Glötzl von der
BBE Unternehmensberatung präsentierte das umfangreiche Papier.
Glötzl ging dabei auch auf das geplante SB-Warenhaus am Unteren Tor ein, ein "Novum" in einer Innenstadtlage, aber "sehr wünschenswert".
Das entfachte natürlich Diskussionen, vor allem weil von "niedrigpreisigen" Artikeln die Rede war, die dort angeboten werden sollen. Ursula Plankermann (SPD) stellte hier die Steuerungs-Möglichkeiten der Stadt in Frage: "Da kommt hin, wer zahlt!" Ob dann hoch- oder niedrigpreisige Ware angeboten wird, stehe kaum in der Entscheidungsgewalt der Stadt.
Gertrud Heßlinger (SPD) zweifelte den Belebungseffekt für den Unteren Markt an: "Ich kauf am Unteren Tor Brot, Waschmittel und Socken ein - warum soll ich dann noch in die Innenstadt gehen!"
Doch das Aufreger-Thema Unteres Tor bildete nur ein kleinen Teil der umfangreichen Untersuchung.
Götzl zählte die Hauptziele für die nächsten Jahre auf:
- die Sicherung und Stärkung der Innenstadt als Versorgungfunktion
- die Sicherung und zielgerichtete Weiterentwicklung der dezentralen Standortbereiche und
- die Sicherung und Ergänzung der Nahversorgungsangebote an wohngebietsintegrierten Standorten
Das Konzept soll ein Steuerungsinstrument für die Stadt sein, quasi so etwas wie "Leitplanken für die Planer", sagte Glötzl. Immerhin liege Neumarkt mit 2,4 Quadratmetern Einzelhandels-Verkaufsfläche deutlich über dem Bundesdurchschnitt (1,4 Quadratmter): 373 Einzelhändler machen innerhalb der Stadtgrenzen auf 96 560 Quadratmetern Verkaufsfläche rund 300 Millionen Euro jährlichen Umsatz.
Und die Innenstadt sei natürlich führend: Hier gibt es 197 Geschäfte mit 30 000 Quadratmetern, auf denen 60 Prozent des Neumarkter Einzelhandels-Umsatzes erwirtschaftet wird.
Überdurchschnittlich sei in Neumarkt auch die Versorgung mit insgesamt acht Discountern. Dazu kommen noch fünf Supermärkte und zwei Verbrauchermärkte. Ein SB-Warenhaus gäbe es dagegen in Neumarkt noch nicht. Größter Laden mit rund 3000 Quadratmetern ist übrigens der
Real-Markt - und der sei bezeichnenderweise bundesweit einer der kleinsten Läden dieser Kette.
Unterversorgt bei den Möglichkeiten zum Lebensmittel-Großeinkauf sei der Osten Neumarkts sowie Woffenbach und Pölling. Bedeutende Fachmarktstandorte seien in der Nürnberger Straße sowie im Bereich der Kreuzung Freystädter Straße/ B 299.
Im Stadtrat entwickelten sich Diskussionen darüber, welche Steuerungsmöglichkeiten das Gremium überhaupt habe, oder ob man der "freien Marktwirtschaft" nicht einfach freien Lauf geben müsse. Dabei entwickelten sich so ungewöhnliche Koalitionen wie zwischen dem grünen Flitz-Kandidaten Johann Gloßner und Neumarkts CSU-Chef Helmut Jawurek.
Gloßner bot Jawurek gar augenzwinkernd die "Flitz-Ehrenmitgliedschaft" an. Das war aber für Jawurek dann doch zuviel der Ehre.
26.10.05
Neumarkt: "Gezielte Steuerung"