Landesbischof zu Gast


Ein feierliches Abendmahl als Höhepunkt des Jubiläumsgottesdienstes. Am Altar Landesbischof Dr. Johannes Friedrich, Dekan Dr. Wolfgang Bub, Pfarrer Peter Loos und Geistliche aus dem Dekanatsbezirk.
Fotos: Erich Zwick

"Lasset die Kindlein zu mir kommen...": Stadtrat Georg Jüttner
mit Enkeltochter Julia, zuerst etwas fotoscheu...,

...aber dann riskierte sie doch einen Blick auf den hohen kirchli-
chen Würdenträger zum Amusement des stolzen Opas.

Sabine Klein, die Mesnerin der Schlosskapelle in Woffenbach,
jetzt 39, war vor 27 Jahren Schülerin bei der Ehefrau des Lan-
desbischofs. Sie zeigte ihm ein Foto seiner Tochter Sonja Mag-
dalena im Kleinkindalter.

Im zwanglosen Gespräch beim Kirchenkaffee: Bürgermeister Ar-
nold Graf, MdL Herbert Fischer, Landrat Albert Löhner, MdB
Alois Karl und Bürgermeister Hans Bradl.

Begleitet von den "Kleinsten Kirchen der Welt", dem "ProChrist-
mobil", erschien der Landesbischof vor der Neumarkter Christus-
kirche. Pfarrer i.R. Herbert lädt hier Landtagsabgeordneten Her-
bert Fischer zu einer Testfahrt ein.
NEUMARKT. Aus der Predigt des Landesbischofs Dr. Johannes Friedrich aus Anlass des 150. Jubiläums der evangelischen Christuskirche: "Man hat den Oberbürgermeister und die Kommunalpolitiker, die Stadtverwaltung und die Repräsentanten des kulturellen Lebens keinen Kopf kürzer gemacht."

Bei solchen Worten aus dem Munde eines Gottesmannes hätten die Ehrengäste in den vordersten Kirchenbänken ganz schön zusammenzucken müssen, allen voran Oberbürgermeister a.D. und MdB Alois Karl, Bürgermeister Arnold Graf, Landrat Albert Löhner, Landtagsabgeordneter Herbert Fischer und Bürgermeister Hans Bradl; denn gesagt hat er's ja so, aber das Zitat ist (etwas hinterlistig) aus dem Zusammenhang gerissen.

Der Landesbischof hatte als Predigttext alttestamentliche Worte aus dem Buch des Propheten Jesaja (Kap. 40, V. 1-8) gewählt, mit denen der Seher sein Volk Israel über einen verloren gegangenen Krieg tröstet, bei dem nahezu alle Häuser zerstört, die Intelligenzschicht, die Beamten und die Politiker von den Siegern aufgehängt und der Rest der Bevölkerung vertrieben wurde. Die Überlebenden, denen der Trost Jesajas galt, beklagten ihr Schicksal.

"Gott sei Dank! Wir stecken heute nicht im Schlamassel wie damals das Volk des Alten Bundes", spannte der Festprediger den Bogen von der Zeit vor unserer Zeitrechnung bis in die Gegenwart und ließ oben erwähntes Zitat folgen, das, im Zusammenhang gesprochen, einen Sinn ergibt. Die Kirchenbesucher in der ersten Reihe brauchten sich nicht als Büßer zu fühlen.

Obwohl das Jubiläum der Christuskirche am Sonntag in den "Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung" rückte, seien es oft ganz andere Dinge, die die Welt bewegen: "Eine Deutsche, die Hilfstransporte in den Irak begleitet hat und nun als Geisel genommen wurde, das Blitzeis vom letzten Wochenende, das den Orthopäden und Karosseriebauern viele Aufträge beschert hat, das fünfte Bambi für Franz Beckenbauer, der Tod des schottischen Fußballstars an Leberzirrhose, der trickreichste King-Kong der Filmgeschichte - so etwas bewegt die Welt", bilanzierte der Landesbischof und gab die Erklärung dazu: "Ist es das lüsterne Haschen nach Sensationen, die voyeuristische Lust an der Katastrophe? Ich glaube das nicht. In den Tragödien, die wir in den Nachrichten miterleben, erfährt der Mensch vielmehr die eigene unerwartete Zerstörbarkeit, seine Vergänglichkeit als erschreckende Wahrheit."

Es sei das, was der Prophet Jesaja so ausdrückte: "Der Mensch ist wie Gras, wie eine Blume auf dem Felde, das Gras verdörrt, die Blume verwelkt." Krieg und Zerstörung gehörten auch zur Erfahrung dieser Stadt wie ihre Geschichte. Rund ein Jahrhundert war Neumarkt evangelisch, meist lutherisch, zuweilen kalvinistisch, "was mit den wechselnden Launen der Landesherrschaft zusammenhing", blickte der Prediger zurück in die Geschichte. "Dann kam der Dreißigjährige Krieg, in dessen Folge es für die Oberpfalz zur Gegenreformation kam und wieder Papst und Kirchenlatein galten und die Reformation abgeschafft war. Das bedeutete den Sieg des Katholizismus und das Ersterben der evangelischen Gemeinde in Neumarkt. Aber aus dem Verbliebenen sei neues Leben erwachsen."

Dieses neue Leben erwachte vor 150 Jahren in der alten Kapuzinerkirche, die seit der Säkularisation nicht mehr kirchlich genutzt wurde, da es für die Katholiken genug andere nahe gelegene Gotteshäuser gab. So war man froh, das kostspielige alte Gemäuer loszukriegen - heutzutage ein Glücksfall für alle Seiten, verteidigte der Landesbischof so nebenbei die kürzlich in seiner Landeskirche vollzogene Schließung eines Gotteshauses.

"Dieses Gotteshaus ist nicht um seiner selbst willen gebaut und später von der evangelischen Gemeinde in Eigentum genommen worden, sondern es will uns zu Christus führen. Der Name ist Programm", gab Landesbischof Dr. Friedrich den Gläubigen mit auf den Weg.

Neben dem Landesbischof gestalteten Dekan Dr. Wolfgang Bub, Pfarrer Peter Loos, die evangelische Kantorei, der Posaunenchor und Dekanatskantorin Beatrice Höhn den Festgottesdienst aus. Im Anschluß daran pflegten geistliche und weltliche Amts- und Würdenträger bei einem "Kirchenkaffee" einen regen Gedankenaustausch.
Erich Zwick
11.12.05
Neumarkt: Landesbischof zu Gast
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