"Mehr Chancen als Risiken"

NEUMARKT. "Es ist der richtige Schritt, um bestehende Barrieren im EU-Binnenmarkt abzubauen", erklärte MdEP Albert Deß zur Dienstleistungsrichtlinie, die am Donnerstag vom EU-Parlament mit großer Mehrheit beschlossen wurde. Sie ermögliche es vor allem deutschen Unternehmen, ihre Dienstleistungen in Europa anzubieten.

Mit diesem Beschluss haben das Parlament und die in ihm versammelten Vertreter der Bürger Europas Kompromissbereitschaft, Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit bewiesen, erklärte Deß. Das Parlament habe die politische Führung übernommen und einen komplizierten und umstrittenen Gesetzeskomplex zu einem vernünftigen Ergebnis gebracht. Der "zu weit gehende" Kommissionsvorschlag wurde inhaltlich wesentlich verändert. Der jetzt beschlossene Text trage vor allem die Handschrift der EVP-Fraktion und damit auch der CSU-Europagruppe. Die vom Parlament beschlossene Dienstleistungsrichtlinie sei sozial ausgewogen und nehme Rücksicht auf nationale Besonderheiten und gewachsene Strukturen.

Für die Niederlassung würden wichtige Vereinfachungen vorgenommen und Bürokratie abgebaut. Für die vorübergehenden, gelegentlichen und grenzüberschreitenden Dienstleistungen wird ein Rechtsrahmen geschaffen, der für alle Mitgliedstaaten verbindlich und verpflichtend ist und damit die derzeitige Situation - Einzelfallentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs - entscheidend verbessere. Der freie Dienstleistungsverkehr werde sowohl für den Zugang wie auch für die Ausübung als rechtlicher Ausgangspunkt und Grundsatz festgeschrieben. Ob man diesen Grundsatz nun "Herkunftslandprinzip" nennen will oder nicht sei reine Wortklauberei, sagte Deß.

Die Ausnahmen würden auf das Notwendige beschränkt: öffentliche Sicherheit und Ordnung, Schutz der Gesundheit und der Umwelt und Anwendung der Beschäftigungsbedingungen. Weitere Ausnahmen seien nicht akzeptabel gewesen. Außerdem werde im Rahmen einer Positivliste festgelegt, welche Anforderungen von dem Zielland nicht gestellt werden dürfen, so z.B. die Pflicht zur Unterhaltung einer Niederlassung, Pflicht zur Beantragung von zusätzlichen Genehmigungen, besondere Ausweise oder Anforderungen in Bezug auf die Verwendung von Ausrüstungsgegenständen.

Anders als beim Warenverkehr in der EU gibt es bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen noch gravierende Beschränkungen. Es könne nicht sein, dass beispielsweise ein Servicetechniker, der in Frankreich eine Wartung auszuführen hat, eine Woche im Voraus angemeldet werden muss, sagte Deß. Es sei auch nicht verständlich, warum ein deutscher Baukran, der in Belgien eingesetzt ist, vierteljährlich überprüft werden muss, obwohl der deutsche TÜV jährlich einen Sicherheitscheck vornimmt.

Aus Sicht der CSU-Europagruppe ist das Ergebnis ein wichtiger Meilenstein für das wirtschaftliche und politische Zusammenwachsen Europas mit mehr Wachstum und Beschäftigung und damit auch für mehr Arbeitsplätze. Gerade Deutschland mit seinem leistungsfähigen Dienstleistungssektor werde von einem größeren Markt Nutzen ziehen. Kleine und mittlere Unternehmen, die bisher nur schwer grenzüberschreitend ihre Dienstleistungen anbieten können, würden vom Abbau der Hindernisse profitieren. Das sehe auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag so.

Für Deutschland werde sich durch die Richtlinie nur sehr wenig ändern. "Wir sollen deshalb nicht nur die Risiken sehen, sondern vor allem die Chancen für Wachstum und Beschäftigung. Wir sind Exportweltmeister in der Warenproduktion, bei den Dienstleistungen sind wir derzeit Importeure. Wir müssen die großen Chancen vor unserer Tür nutzen!", erklärte der Europapolitiker.

"Für mich als Agrarpolitiker war in der ganzen Diskussion ein Punkt besonders interessant: Während die deutschen Bauern mit ihren europäischen Kollegen im Wettbewerb stehen und sich immer mehr dem Weltmarkt stellen, wollen sich manche Gruppen unserer Gesellschaft auch weiter hinter nationalen Grenzen verstecken", meinte Deß abschließend. Das werde auf Dauer nicht funktionieren.
16.02.06
Neumarkt: "Mehr Chancen als Risiken"
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