"Retter" auf der Anklagebank

NEUMARKT. Von seinem Fach als Hochbautechniker mag er einiges verstanden haben, als Kaufmann und Retter eines durch die Krise am Bau in Schwierigkeiten geratenen Unternehmens war er offenbar völlig überfordert.

Deswegen stand am Mittwoch der 46 Jahre alte "Generalbevollmächtigte einer GmbH", Reinhold F. aus Mühlhausen, wegen "Untreue im besonders schweren Fall und zwei Fällen der vorsätzlichen Pflichtverletzung bei Zahlungsunfähigkeit einer GmbH" vor der Dritten Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth.

Die stolze Summe von 633.000 Euro soll der Angeklagte F. als "ungesichertes Darlehen" von einem Bankkonto der Gesellschaft auf sein Privatkonto überwiesen haben, wohl wissend, dass die GmbH von ihrem Geld nichts mehr sieht. "Mit einer einzigen kurzen Transaktion haben Sie so viel Geld bewegt, wie andere ein Leben lang nicht verdienen", hielt Vorsitzender Richter Weber dem Beschuldigten vor, der reumütig, in sich zusammengekauert auf der Anklagebank saß.

Da der gescheiterte "Generalbevollmächtigte" seine Verfehlungen unumwunden eingestand und auch eine gewisse Reue erkennen ließ, verzichtete das Gericht auf die Einvernahme zahlreicher Zeugen. Der Mitgesellschafter hätte ohnehin nichts Erhellendes dazu beitragen können, da dieser nicht einmal befugt war, die Post an die GmbH zu öffnen. Der einzige Zeuge, der ermittelnde Kriminalbeamte aus Regensburg, der sich ein Jahr lang durch die Akten beißen musste, bestätigte das, was in der Anklageschrift stand und was der Angeklagte auch zugab. Das waren einmal die 633.000 Euro und zum anderen die Insolvenzverschleppung der ihm anvertrauten Firmen, darunter auch seine eigene, die Neumarkter Gewerbebau GmbH.

Bereits im Vorfeld hatten sich Gericht, Verteidigung und Staatsanwältin auf ein Urteil verständigt, so dass die Plädoyers nur noch "Fensterreden" waren: Zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen der Untreue, 150 Tagessätze à 30 Euro wegen der zwei Fälle der vorsätzlichen Pflichtverletzung (Insolvenzverschleppung) und die Kosten des Verfahrens.

Dazu die Ermahnung des Gerichts an den bislang nicht Vorbestraften: sich in den nächsten drei Jahren nichts mehr zuschulden kommen zu lassen. Und vielleicht sollte er sich in dieser Zeit auch ein paar kaufmännische Grundsätze aneignen, zu denen auch das Rechnen gehört. Denn bei seiner Tätigkeit als "Generalbevollmächtigter" hat er offenbar zu sehr über den Daumen gepeilt – so wie bei der Antwort auf die Frage des Richters, seit wann er denn verheiratet sei. "Seit ungefähr fünfzehn Jahren", war seine grobe Schätzung. Darauf die trockene Antwort des Richter: "Sie sind ein Musterbeispiel für einen Ehemann." Aber selbst bei der Anzahl seiner Kinder druckste er herum: "Eine Tochter", gab er "überschlägig" zu Protokoll…
Erich Zwick
05.09.07
Neumarkt: "Retter" auf der Anklagebank
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