"Antiobjekte" zu sehen
NEUMARKT. Die mit Lothar Fischer eng verbundene Künstlergruppe
GEFLECHT wird in Neumarkt mit einer Einzelausstellung gewürdigt.
Die Ausstellung war von Juni bis September in der Rathausgalerie in München zu sehen und kann am Sonntag im Neumarkter Museum Lothar Fischer besucht werden. Ab 4. Dezember ist die Ausstellung in der Galerie Parterre in Berlin geplant.
R. Heller-H. Rieger, Ohne Titel, 1965/66
Im Zentrum der Ausstellung stehen die für die
Gruppe charakteristischen "Antiobjekte":
reliefartige, stark farbige Plastiken, die aus der
Zusammenarbeit und dem Zusammenschluss der Gruppen
SPUR (1957–1965) mit Lothar Fischer (1933 – 2004), Heimrad
Prem (1934 –1978), Helmut Sturm (*1932) und HP Zimmer
(1936 –1992) sowie
WIR (1959 –1965) mit Hans Matthäus
Bachmayer (*1940), Reinhold Heller (1933 –1993), Florian Köhler
(*1935), Heino Naujoks (*1937) und Helmut Rieger (*1931)
resultierten.
Sie sind Ausdruck der Utopie einer neuen Kunst,
die sich gegen bildimmanente Hierarchien und konventionelle
Gestaltungsprinzipien richtet, Gemeinschaftsarbeit und zugleich
Lebensentwurf manifestiert und für ein neues, erweitertes Kunstverständnis
wirbt – eine im Nachkriegsdeutschland durchaus
auch radikale politische Aussage. Als im Zuge der Studentenbewegung
eine Ausweitung des Gruppenkonzepts diskutiert wurde,
löst sich
GEFLECHT im Jahre 1968 über der Kontroverse, den
künstlerischen Impetus verstärkt in eine politische Aktion zu
überführen, auf.
Dass die Gruppe so lange gerade in ihrer Ursprungsstadt unterschätzt
wurde, hat seine eigene Geschichte. Die inhaltliche
wie formale Aktualität und Sprengkraft der Werke zeigt gerade
aus heutiger Sicht, wie bahnbrechend das Konzept in den 60er
Jahren gewirkt haben muss.
Neben den Antiobjekten von
GEFLECHT sind in der Retrospektive daher auch ausgewählte
Werke der Gruppen
SPUR und
WIR aus dem Jahr 1965 zu
sehen, die verdeutlichen, wie sich aus den Gestaltungsprinzipien
der Schichtung und Verflechtung eine eigenständige, für die
Künstler beider Gruppen gleichermaßen verbindliche und dennoch
individuelle Bildsprache entwickelte. Der konzeptionelle
Bogen der Ausstellung wird durch zahlreiche Papierarbeiten aus
den Jahren 1967/68 geschlossen, Zeichen für die Konzentration
auch auf Einzelcharakteristika, denen sich die Künstler trotz –
durchaus konfliktträchtiger – Identifikation mit ihrer Gruppe und
während des Baus der Antiobjekte nie dogmatisch verschlossen
haben.
Zur Ausstellung erscheint ein 208seitiger Katalog, gerausgegeben von
Pia Dornacher, Lydia Rea Hartl und Selima Niggl im Auftrag
der Landeshauptstadt München, mit Texten von Pamela
Axmann, Lydia Rea Hartl und der Künstler sowie dem
Wiederabdruck der Zeitschriften
SPUR,
WIR und
GEFLECHT.
20.09.07
Neumarkt: "Antiobjekte" zu sehen