"Mindest-Löhne unterlaufen"

NEUMARKT. In Berching wurde von einer Reinigungsfirma die Mindestlohn-Verordnung für Putzfrauen unterlaufen, heißt es von der SPD.

Als Putzfrauen in öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen noch "Verwaltungsarbeiterinnen" waren und einen von der Gewerkschaft ausgehandelten Tariflohn erhielten, war eines sicher: das "angemessene Entgelt für ehrliche Arbeit", wie ihn Art. 168 der bayerischen Verfassung vorschreibt. Seit die Privatisierungswelle im öffentlichen Dienst alle verlässlichen Strukturen wegspült, ist es damit vorbei. Statt hauseigenem Personal werden in Rathäusern und Ämtern Reinigungsfirmen beauftragt und deren Arbeitskräfte können von "angemessenem" Entgelt nur träumen, heißt es von der SPD.

In Berching habe der SPD-Stadtrat Josef Mayer jetzt die tatsächliche Praxis einer überregional tätigen Reinigungsfirma aus Regensburg aufgedeckt.

In Berching putzt diese Firma in zwei Schulen, der Mehrzweckhalle und im Hallenbad. Auf dem Papier wird die Mindestlohn-Verordnung eingehalten, nach der eine Putzfrau in der Stunde wenigstens auf 7,87 Euro kommen soll.

Nachdem sich Putzfrauen an Josef Mayer gewandt haben, weil die monatliche Lohnabrechnung nicht nachvollziehbar sei und die angewiesene und ausgeführte Arbeit nicht korrekt vergütet werde, habe eine Nachprüfung einen Lohn von effektiv nicht einmal 5 Euro pro Stunde ergeben, heißt es von der SPD.

Auf dem Papier erscheine der vorgeschriebene Mindestlohn, die Kürzung erfolgt ganz offensichtlich "durch nicht verrechnete Arbeitszeit".

Das überdurchschnittlich hoch verschuldete Berching hatte die Reinigungsarbeiten zum Jahresanfang neu ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt die Regensburger Firma, die die Mitbewerber dem Vernehmen nach "deutlich" unterbot. Die insgesamt 15 Putzfrauen sollten nach Möglichkeit ihre Arbeitsplätze zu vergleichbaren Bedingungen behalten. Die Praxis zeige, dass die Firma Einsparungen weniger durch Verwendung moderner Technik und Putzmittel erzielt, "sondern durch Lohn-Dumping", so die SPD.

Schon nach kurzer Zeit hatten sich alle Putzfrauen in der Schule andere Arbeitsplätze gesucht. Mehreren Putzfrauen im Bad wurden Kündigungen ohne vorherige Abmahnungen und ohne Begründung ausgesprochen. Als mündliche Begründung gegenüber dem Bürgermeister wurde angegeben: "Störung des Betriebsfriedens". Tatsächlich habe aber die Firma nach Meinung der SPD selbst die Unruhe provoziert. Durch immer neue Regelungen der Arbeits- und Einsatzzeiten habe man die Arbeitszeit reduziert, in der aber die gleiche Leistung und Qualität erzielt werden soll. In der Sporthalle putzen zwei Frauen nach mündlicher Anweisung je 7,25 Stunden pro Woche, bezahlt wurden zwischen Januar und Juli aber nur etwa 4,20 Stunden.

Seit 1. Juli 2007 muss die Arbeitszeit auf der Basis der Mindestlohn-Verordnung stunden- und minutengenau abgerechnet werden. Bis einschließlich Ende August sei aber nur per Pauschale Lohn bezahlt worden. Durch Unterschrift unter eine "Änderung des Arbeitsvertrags" sollten die Putzfrauen rückwirkend die Lohn-Kürzung absegnen, heißt es von der SPD.

"Das Unternehmen hat den Putzfrauen die Löhne um rund 30 Prozent gekürzt hat und die von der Stadt Berching ausbezahlten Beträge für Putzleistungen nicht nach den Vorgaben der Mindestlohn-Verordnung an die Beschäftigten abführt, sondern einbehalten", so der Vorwurf aus der Berchinger SPD. Die Vorhaltungen an die Firma seien "auch strafrechtlich nicht ohne Bedeutung".

Auch die IG Bau befasst sich mittlerweile "intensiv" mit dem Berchinger Fall.

Die Neumarkter SPD-Kreisvorsitzende Carolin Braun fordert in diesem Zusammenhang gemeinsame Maßnahmen von Gemeinde- und Kreisräten gegen die "Praxis der Umgehung der Mindestlohn-Verordnung".
03.10.07
Neumarkt: "Mindest-Löhne unterlaufen"
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