Fastenzeit beginnt
Von Dekan Richard Distler
"Die Deutschen sind zu dick", so ging es dieser Tage durch die Presse. Da
kommt sie ja gerade recht: Die Fastenzeit. Es ist die Zeit zum Starten guter
guter Vorsätze: Weniger essen, kein Alkohol, nicht mehr rauchen. Dafür mehr Sport und mehr Bewegung. Tatsächlich wird das Fasten wieder neu entdeckt, auch außerhalb der kirchlichen Fastenzeit, die mit dem heutigen Aschermittwoch beginnt. Kurse für Heilfasten, zum Abnehmen und zur Gewinnung neuer Lebensenergien werden angeboten, oft verbunden mit großen Anstrengungen. Aber was ist Fasten im geistlichen, im religiösen Sinn ? Es geht
da natürlich auch um weniger Essen, um Einschränkung und Verzicht. Aber
die heiligen vierzig Tage der Fastenzeit, die sogenannte Quadragesima, ist
mehr als nur eine gesunde Frühjahrskur.
Beim geistlichen Fasten geht es um Leib und Seele, um Fasten und Gebet,
um Verzicht, aber auch Umkehr, um Abnehmen, aber auch um Neubeginn.
Den Startschuß zum geistlichen Fasten gibt der Aschermittwoch.
Er gebietet für den Gläubigen nicht bloß den Verzicht auf Fleischspeisen
oder üppigem Essen. Der Aschermittwoch erinnert zuerst einmal an das "Memento mori": "Gedenke, o Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehren wirst", so betet der Priester, wenn er das Aschenkreuz austeilt.
Es geht hier also um die Einsicht in unsere Vergänglichkeit und Sterblichkeit,
um das Wahrnehmen der Nichtigkeit unserer irdischen Existenz. Aber mitten
in diese Vergänglichkeit wird ein Kreuz gezeichnet, also das Zeichen der Erlösung und der Hoffnung. Das Aschenkreuz verweist schon auf den Karfreitag und auf Ostern. Es besagt: Mensch, obwohl du sterben mußt, darfst du
und wirst du leben.
Aber ist nicht gerade diese Einsicht in unsere Vergänglichkeit ein Ruf zur
Umkehr und eine Anfrage an jeden ganz persönlich: Woher komme und wohin gehe ich ? Was bleibt und was muß ich loslassen ? Welche Werte sind
vergänglich und welche sind ewig ? Welchen Stellenwert hat das Materielle
in meinem Leben ? Was brauche ich für mich und was kann ich schenken
und verschenken ? Christliches Fasten umfaßt also die Einsicht in das, was ist
und sein wird, in die Freiheit von unnötigem Ballast,in das innere Freiwerden
durch Liebe, Gebet und Hingabe, die bewußte Umkehr von bisherigen Lebensgewoohnheiten und die Bereitschaft zum freiwilligen Verzicht, nicht um des Verzichtes willen, sondern weil Gott mir Größeres schenkt. Dann wachsen von selbst die Früchte des Fastens: Freude, Güte, Friede, Sanftmut und
Hingabebereitschaft. Aber welche Schritte wären da zu tun?
Man kann sie bereits in der Regel des heiligen Benedikt finden: Es ist zunächst die Rechenschaft über uns selbst, die eigene Gewissenserforschung:
Wo bin ich ein Versuchter und Getriebener ? Wie sieht es aus im Minenfeld meiner Triebe und Bedürfnisse ? Der zweite Schritt ist: Wie nehmen mich die anderen wahr ? Steckt nicht in jeder Kritik ein Körnchen Wahrheit ? Dann raten Lehrer des geistlichen Lebens: Mensch, nimm deine negativen Kräfte wahr
und "zerschmettere sie an Christus". Nicht zuletzt ist für einen Gläubigen
auch die regelmäßige Beichte ein wichtiger Teil des Weges durch die Fastenzeit, die in der katholischen Kirche auch Österliche Bußzeit genannt wird. Beichte ist dann nicht bloß das Freiwerden von Sünden, sondern die Berührung mit dem auferstandenen Christus, das Freiwerden und das Aufatmen in der Nähe Gottes. Wer sich an diesem geistlichen Fasten erfreuen kann, für den ist
dann auch das körperliche Fasten keine Leistung mehr, sondern Freude und
Gewinn im Heiligen Geist.
05.02.08
Neumarkt: Fastenzeit beginnt