"Jobs entstehen im Ausland"

Erst vor wenigen Wochen wurde in Nürnberg noch eifrig für den "Transrapid" getrommelt: Bögl-Aufsichtsrat Dieter Klinger, "Pro-Rapid"-Vorsitzender Dr. Reinhard Dörfler, IHK-Präsident Prof. Klaus F. Wübbenhorst, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Siemens-Repräsentant Jörn S. Sens (von rechts).
Foto:Archiv/Zwick
NEUMARKT. Das "Aus" für den
Transrapid (
wir berichteten bereits am Donnerstag-Morgen) wird bei Bögl keine Arbeitsplätze kosten, teilte das Unternehmen am Donnerstagabend mit. Allerdings werden natürlich auch keine neuen Jobs entstehen - noch vor wenigen Wochen rechnete Bögl mit mindestens 100 neuen Arbeitsplätzen.
Die Firmengruppe Max Bögl ist "ebenfalls wie die Politik enttäuscht, dass das gemeinsame Ziel einer Realisierung des Münchner Transrapid-Projektes in dem gesteckten Budgetrahmen nicht erreichbar ist", heißt es in der Pressemitteilung des Sengenthaler Unternehmens.
"Durch das Scheitern des Projektes sind in unserem Unternehmen und speziell am Standort Sengenthal keine Arbeitsplätze betroffen", teilte Bögl-Sprecher Jürgen Kotzbauer mit. Man müsse aber davon ausgehen, dass die "möglichen positiven Effekte durch solch ein Projekt ausbleiben werden und somit hieraus auch keine neuen Arbeitsplätze entstehen werden".
Bögl werde jedoch genauso wie
Siemens und
Thyssen-Krupp an der Weiterentwicklung des Produktes
Transrapid festhalten und sich nunmehr im Ausland mit weiteren Realisierungsprojekten beschäftigen. Erste Akquisitionsbestrebungen in mehreren Ländern würden bereits seit längerer Zeit laufen. "Bei einem Erfolg, von dem wir weiter ausgehen, wird die große Anzahl an Arbeitsplätzen dementsprechend aber auch im Ausland und nicht in Neumarkt entstehen", hieß es von Bögl.
Ein mögliches Transrapid-Projekt in Deutschland sieht man in dem Sengenthaler Unternehmen "nicht mehr als realisierbar". "Unsere Schwerpunkte sehen wir verstärkt sowohl in den arabischen als auch in asiatischen Ländern. Unsere Erfahrungen zeigen, dass man in solchen Regionen noch bereit ist, in moderne, zukunftsorientierte Hightechprojekte auch das entsprechende Geld zu investieren", hieß es.
Bögl-Sprecher Kotzbauer weiter: "Es ist traurig für uns festzustellen, dass man solchen Entwicklungen in Deutschland nicht die Chance gibt, sich in der Praxis zu entwickeln". Hätte man der Eisenbahn nicht vor über 150 Jahren auf der Strecke Nürnberg - Fürth die Möglichkeit einer ersten Realisierungsstrecke gegeben, dann wären "wir in Deutschland" nicht mittlerweile das führende Land auf der Welt, wenn es um Eisenbahntechnik und auch um das Thema Fahrwegsbau geht.
Bögl werde die "überaus positiven Erfahrungen, die unser Unternehmen in den letzten Jahren sowohl monetär, wie auch innovativ auf dem Weg zu einem Technologieunternehmen gemacht hat, weiter intensiv nutzen".
Investitionen, die man am Standort Sengenthal in Form einer möglichen Ausrüstungsfabrik für den Transrapid-Fahrweg bereits realisiert habe, werde man nun für weitere neue hochpräzise Produkte und Anwendungsfälle im Baubereich verwenden. Dazu gebe es bereits weit fortgeschrittene Lösungen.
In Neumarkt hatte man sich nach dem plötzlichen "Aus" für den Transrapid um Arbeitsplätze gesorgt - es gab aber auch unverhohlene Freude.
- Die Grünen-Bezirksvorsitzenden Stefan Schmidt - er ist auch Mitglied im Neumarkter Kreisvorstand - und Ingeborg Hubert zeigten sich "hoch erfreut": "Wir bedauern, dass dieser Akt der Vernunft zu lang gedauert hat", heißt es in einer Stellungnahme. Man hoffe, daß das Geld in zukunftsweisende Verkehrsprojekte gesteckt und nicht "noch ein anderes Stoiber-Denkmal" finanziert wird. Die Bayerische CSU-Politik müsse künftig "wieder stärker Vernunft als Grundlage politischer Entscheidungen" nehmen und von "populistischen und träumerischen Projekten" wegkommen.
- Der frühere Ministerpräsident Edmund Stoiber zeigte sich enttäuscht über das Scheitern der Münchner Transrapidtrasse. Er sei "erstaunt" über die immense Kostensteigerung. "Nahezu eine Verdoppelung der Kosten in sechs Monaten ist doch sehr ungewöhnlich", wird Stoiber zitiert.
- Die bayerische Staatsregierung stehe vor einem "Scherbenhaufen", erklärte der als Transrapid-Gegner bekannte Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). Das "größte Prestigeprojekt der Staatsregierung" sei gescheitert.
- "Jetzt müssen die Erschließungsdefizite des Münchner Flughafens auf den Tisch", erklärte der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz Toni Hinterdobler. Das nunmehr besiegelte Aus für den "unbezahlbaren Transrapid" gebe der Schienenfernverkehrsanbindung über die seit Jahren diskutierte sogenannte "Marzlinger Spange" neue Nahrung.
27.03.08
Neumarkt: "Jobs entstehen im Ausland"