Pfleiderer will sparen

Die Pfleiderer-Firmenzentrale in Neumarkt.
Foto: Pfleiderer AG
NEUMARKT. Pfleiderer will den Wachstumskurs vorläufig zugunsten eines "strikten Kostenmanagements" zurückstellen.
Insgesamt hat sich das Unternehmen "gut behauptet": Die am Dienstag vorgelegten Zahlen liegen bei Umsatz und Ergebnis annähernd auf Vorjahresniveau.
Im dritten Quartal 2008 hat sich die weltwirtschaftliche Abkühlung auch auf den Pfleiderer-Konzern ausgewirkt, hieß es. Trotz des schwieriger werdenden Umfeldes hat sich das MDAX-Unternehmen aber gut behauptet. So ist der kumulierte Konzernumsatz nach drei Quartalen 2008 um ein Prozent auf 1.353,3 (9M/2007: 1.340,9) Millionen Euro gestiegen. Wachstumstreiber waren zum einen die Übernahme von
Pergo, die in der Vergleichsperiode des Vorjahres nur mit sieben Monaten im Umsatz wirkte, sowie das zum 1. August 2008 erworbene Werk in Moncure/USA.
Stellenabbau geplant
NEUMARKT. Pfleiderer will bis zu 300 Arbeitsplätze abbauen - allerdings "außerhalb Deutschlands".
Dies sagte Vorstandsvorsitzender Hans Overdiek am Dienstag im Rahmen einer Telefon-Pressekonferenz. Bereits am Morgen war von einem "strikten Kostenmanagement" (siehe nebenstehender Bericht) die Rede gewesen.
Bei dem Pressegespräch nannte Overdiek geplante Einsparungen durch zusätzliche Sparprogramme über 61 Millionen Euro im laufenden Jahr und 80 bis 90 Millionen Euro im Jahr 2009.
Darüber hinaus trugen das neue MDF-Werk in Grajewo/Polen sowie Produktivitätssteigerungen zum Wachstum bei. Gegenläufig wirkte die Abschaltung des Werks in La Baie/Kanada, wodurch der Umsatz trotz der teilweisen Bedienung dieser Kunden über das Werk in Mont Laurier/Kanada um 30,7 Millionen Euro zurückging.
Wechselkursveränderungen kosteten Pfleiderer im Berichtszeitraum rund vier Millionen Euro Umsatz.
"Die Finanzmarktkrise hat im 3. Quartal deutliche Spuren in der Weltkonjunktur hinterlassen und die Aussichten sind wenig erbaulich. Daher werden wir unseren Wachstumskurs vorläufig zugunsten eines in allen Bereichen und Regionen durchzuführenden strikten Kosten- und Risikomanagements zurückstellen", sagte Hans H. Overdiek, Vorstandsvorsitzender der Pfleiderer AG, zur aktuellen Geschäftsentwicklung. Die Pfleiderer AG sei als eines der führenden Unternehmen mit Blick auf Kosten und Technologie sowie auch aufgrund seiner soliden Finanzstruktur sehr gut aufgestellt, um die Herausforderungen der kommenden Monate anzugehen. "Ich sehe gute Chancen, dass wir uns von unserem Wettbewerb weiter positiv abgrenzen und absetzen können. Auch aus der letzten Konjunkturkrise sind wir deutlich gestärkt hervorgegangen", erklärte Overdiek.
Wegen des überproportionalen Anstiegs der Rohstoffkosten ging das EBITDA im Vorjahresvergleich leicht von 183,9 Millionen Euro auf 179,7 Millionen Euro zurück. Das EBIT wurde in den ersten drei Quartalen 2008 durch höhere Abschreibungen aufgrund des Kapazitätsausbaus und die antizipierten Aufwendungen für die Werksverlagerung La Baie in Höhe von 9,8 Millionen Euro belastet.
Das EBIT ging daher von 102,7 Millionen Euro auf 87,4 Millionen Euro zurück. Das Finanzergebnis verschlechterte sich leicht von -34,1 Millionen Euro auf -36,2 Millionen Euro. Das Ergebnis der fortzuführenden Aktivitäten vor Steuern in Höhe von 51,0 Millionen Euro unterlag in den ersten drei Quartalen einer Steuerquote von 36,2 Prozent, verglichen mit 29,8 Prozent im Vorjahr. Dieser Anstieg ist im Wesentlichen dadurch verursacht, dass ein Teil der Verlustvorträge infolge der Erhöhung des Anteils des Großaktionärs
One Equity Partners auf 26,9 Prozent im dritten Quartal wegfielen.
Nach Ergebnisanteilen anderer Gesellschafter und der Hybridkapitalgeber verblieb den Pfleiderer-Aktionären ein Nachsteuergewinn von 16,5 (9M/2007: 29,2) Millionen Euro. Das ergibt ein Ergebnis je Aktie (verwässert) von 32 Cent gegenüber 57 Cent im Vorjahr.
Der Umsatz in der Region Westeuropa wuchs in den ersten neun Monaten des Jahres um ein Prozent auf 749,4 Millionen Euro. Da
Pergo erst ab dem 1. März 2007 konsolidiert wurde, basierte das Umsatzplus nach neun Monaten auf dem zusätzlichen Umsatzbeitrag von
Flooring Europe in den ersten zwei Monaten des Jahres.
Im Jahresverlauf war ein zunehmender Preisdruck auf Rohspan- und HDF/MDF-Platten zu verzeichnen, der aus der schwachen Nachfrage im Bereich Fußboden resultierte. Die Preise für HPL und beschichtete Platten konnten sich hingegen gut behaupten. Die konjunkturelle Abkühlung machte sich ab dem 3. Quartal 2008 auch in dieser Region zunehmend bemerkbar, sodass der Quartalsumsatz in Westeuropa um rund 17,0 Millionen Euro auf 233,4 Millionen Euro nachgab.
Durch kontinuierliche Fertigungsoptimierung und Rationalisierungen innerhalb des Programms "Future BC West" wurde die Kostensituation weiter verbessert. Das EBITDA konnte im Vorjahresvergleich überproportional um 9,0Prozent auf 126,3 Millionen Euro gesteigert werden. Damit verbesserte sich die EBITDA-Marge in den ersten drei Quartalen des Jahres von 15,6 Prozent auf 16,9 Prozent. Im dritten Quartal nahm sie jedoch leicht von 16,5Prozent auf 16,0Prozent ab.
In den ersten neun Monaten des Jahres 2008 wich die Marktlage in Osteuropa signifikant von jener des Vorjahres ab. Während sich in Russland das Umsatzwachstum – bei gegenüber dem Vorjahr gestiegenen Margen – fortsetzt, litt die Nachfrage der Kunden in Polen unter dem starken Zloty. Die Produktion der stark vom Export abhängigen polnischen Möbelindustrie ging in den ersten neun Monaten 2008 um etwa 15,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Aufgrund gestiegener Kapazitäten in der Region sind auch die Preise für Span- und MDF-Platten unter Druck geraten.
Trotz dieses Gegenwinds konnte der Umsatz in der Region im Vorjahresvergleich um 13,5Prozent auf 318,6 Millionen Euro gesteigert werden. Dazu haben das neue MDF-Werk in Grajewo, Wechselkurse sowie der Kapazitätsausbau bei beschichteten und unbeschichteten Spanplatten in Russland beigetragen.
Das EBITDA sank gegenüber der Vergleichsperiode im Vorjahr von 51,3 Millionen Euro auf 43,1 Millionen Euro. Das entspricht einem Rückgang der EBITDA-Marge von 18,3 Prozent auf 13,5 Prozent. Vor allem stark gestiegene Rohstoffkosten sowie sinkende Absatzpreise in Polen haben die Marge unter Druck gesetzt. Um dem Kosten- und Preisdruck zu begegnen, wurde ein umfangreiches Kostensenkungsprogramm in Höhe von 27,0 Millionen Euro gestartet.
Wie bereits am Mittwoch letzter Woche bekannt wurde (
wir berichteten), verzögert sich der Bau des neuen MDF/HDF-Werks in Novgorod. Die Pfleiderer AG hat gegenüber den Maschinenlieferanten von vertraglich fixierten Unterbrechungsklauseln Gebrauch gemacht. Zurzeit kann die Verzögerung mit rund sechs Monaten veranschlagt werden, hieß es am Dienstag.
Die Folgen der US-Immobilienkrise haben das Geschäft in der Region Nordamerika in den ersten neun Monaten 2008 weiter deutlich negativ beeinflusst. Der Umsatz ging gegenüber der Vorjahresperiode um 7,0 Prozent auf 311,2 Millionen Euro zurück. Der Umsatzrückgang beruht zum einen auf Umsatzausfällen in Höhe von 30,7 Millionen Euro durch die Werksschließung La Baie, da das Werk in Mont Laurier diese Umsatzausfälle nur teilweise kompensieren konnte, aber auch auf Wechselkurseffekten in Höhe von 26,4 Millionen Euro. Der neue Standort Moncure, der zum 1. August 2008 erworben wurde, steuerte 5,0 Millionen Euro zum Umsatz bei. Pergo hat in 2008 einen zusätzlichen Umsatzbeitrag von 18,4 Millionen Euro geleistet.
Wegen der weiter sehr beschränkten Spielräume für Preisanhebungen bei den Produkten einerseits und hohen Kostensteigerungen andererseits, ist die Ertragslage in der Region Nordamerika weiter unbefriedigend, hieß es. Substanzielle Kosteneinsparungen haben weitestgehend nur die jüngsten Preisanstiege bei den Rohstoffkosten gedeckt.
Das EBITDA erreichte mit 21,1 Millionen Euro nahezu den Wert der Vorjahresperiode (22,9 Millionen Euro). Darin wirken negativ 1,5 Millionen Euro Restrukturierungskosten für die Werksverlagerung La Baie sowie positiv die Einbuchung des Badwills aus der Akquisition des Werkes in Moncure mit 5,4 Millionen Euro.
Die Pfleiderer AG erwartet, dass nach der Werksverlagerung La Baie, die mit Investitionen in Höhe von rund 80,0 Millionen Euro verbunden sein wird, im dritten Quartal 2009 mit der Produktion am neuen Standort in North Carolina begonnen werden kann. Der Standort wird wegen nur etwa halb so hoher Holzpreise, erheblich niedrigerer Transportkosten und einer integrierten Fertigung von Spanplatten und MDF-Platten signifikante Kostenvorteile aufweisen und die Profitabilität der Region Nordamerika deutlich steigern. Der exakte Produktionsstart wird allerdings abhängig von der Marktlage in Nordamerika sein.
Die Pfleiderer AG verfügt über eine solide Finanzausstattung und Bilanzstruktur, die 2008 unter anderem durch die Begebung eines Schuldscheindarlehens über 165,0 Millionen Euro zu günstigen Konditionen weiter verbessert wurde.
Durch den Werksaufbau in Russland und die Akquisition des Werkes in Moncure/USA stieg die Bilanzsumme zum 30. September 2008 gegenüber Jahresende 2007 um 5,0Prozent auf 2.017,5 Millionen Euro.
Auf der Passivseite der Bilanz wurde angesichts der Finanzmarktkrise die kurzfristige Verschuldung zugunsten einer langfristigen Finanzierung zurückgefahren und damit eine verlässliche Finanzierung zu ausgesprochen günstigen Konditionen für die nächsten Jahre gesichert. Die Nettoverschuldung stieg gegenüber dem 31. Dezember 2007 um 83,6 Millionen Euro auf 701,8 Millionen Euro. Der Verschuldungsgrad (Gearing) lag somit bei soliden 91Prozent.
Durch den unter anderem durch die Dividendenzahlung bedingten leichten Rückgang des Eigenkapitals einerseits und die Bilanzverlängerung andererseits nahm die Eigenkapitalquote von 41,7 Prozent auf 38,3 Prozent ab. Aufgrund des leicht rückläufigen Ergebnisses lag der operative
Cashflow mit 167,3 Millionen Euro um 7,2 Millionen Euro unter dem der vergleichbaren Vorjahresperiode. Der
Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit erhöhte sich jedoch von 109,9 Millionen Euro auf 142,9 Millionen Euro.
Über Pfleiderer
Die im MDAX notierte Pfleiderer AG (ISIN DE 0006764749) gehört zu den weltweit führenden Herstellern von Holzwerkstoffen, Oberflächenveredelungen und Laminatfußböden. An 22 Standorten in Nordamerika, West- und Osteuropa produziert das Unternehmen, das rund 6.000 Mitarbeiter beschäftigt, für die Möbelindustrie, den Fach- und Heimwerkerhandel sowie den Innenausbau.
Im Geschäftsjahr 2007 erreichte die Pfleiderer AG einen Konzernumsatz von etwa 1,8 Milliarden Euro und ein EBITDA von knapp 249 Millionen Euro.
Für das letzte Quartal 2008 wie auch für das nächste Jahr geht das Unternehmen von keiner Verbesserung des Gesamtmarktes aus, in Teilen wird es zu weiteren Eintrübungen kommen. Vor diesem Hintergrund hat sich die Pfleiderer AG dazu entschieden, den Wachstumskurs vorläufig zugunsten eines in allen Bereichen und Regionen durchzuführenden strikten Kostenmanagements zurückstellen.
So werden im laufenden Geschäftsjahr die noch geplanten Investitionen überprüft und gegebenenfalls angepasst. Ein erheblicher Beitrag zur Kostenreduktion wird auch durch die weiteren Produktionsoptimierungen erwartet. Positiv beeinflussen werden die Kostensituation darüber hinaus die inzwischen in einigen Teilen reduzierten Rohstoffkosten.
Angesichts der schwer einzuschätzenden gesamtwirtschaftlichen Lage sind seriöse Prognosen derzeit mit großen Unsicherheiten behaftet, hieß es am Dienstag. Die Pfleiderer AG geht für das zu Ende gehende Geschäftsjahr davon aus, beim Umsatz das Vorjahr zu übertreffen und im Ergebnis im Zielkorridor 2007 zu liegen.
11.11.08
Neumarkt: Pfleiderer will sparen