Gedanken zum Advent
Von Dekan Richard Distler
In vielen Familien stehen in den kommenden vier Wochen wieder Adventskränze auf dem Wohnzimmertisch. Je mehr es auf Weihnachten zugeht, umso mehr
Kerzen werden entzündet. Der wohl älteste Adventskranz stammt bereits
aus dem Mittelalter. Die damalige Zeit war stark geprägt vom verlorenen
Paradies und vom Warten auf den wiederkommenden Christus. Deshalb
steckte man Kerzen in vier Äpfel, die durch Holzstäbe zu einem sogenannten
"Paradeis" in Kreuzesform verbunden wurden.
Der heutige Adventskranz
wurde durch den Hamburger Theologen Johann Wichern ins Leben gerufen.
Indem er Woche für Woche je eine neue Kerze entzündete, versuchte er in
einem Asyl für verwahrloste Kinder die jungen Menschen auf das Weihnachtsfest einzustimmen. Später wurden dann die vier Kerzen durch einen
Kranz aus Tannengrün miteinander verbunden.
"Stunde der Stille "
NEUMARKT. An den nächsten zwei Mittwochen, am 3. und 10. Dezember, ist um 19.30 Uhr in der Hofkirche eine Stunde der Stille mit besinnlichen Texten, Lieder, Stille und Gebet vor dem ausgesetzten Allerheiligsten geplant.
Für die Viererzahl der Kerzen gibt es zwei mögliche Deutungen. Zum einen
glaubte man früher, dass es von Adam und Eva an bis zur Geburt Christi
vier Zeitalter gab oder dass viertausend Jahre vergangen seien. So ist die
Vierzahl Sinnbild für das Warten der Menschheit auf den Erlöser. Oft werden
die vier Kerzen auch mit dem Alten Testament in Verbindung gebracht.
In
der ersten Abrahamskerze kann man den Segen sehen, den Gott durch Abraham allen Völkern zugesprochen hat.
In der zweiten, der Mosekerze, werden wir auf dem Weg nach Weihnachten an das Geschenk der zehn Gebote erinnert.
Die dritte Kerze ist die Prophetenkerze. Sie erinnert an den Bußruf
des Propheten Jesaja und des Johannes des Täufers:"Bereitet den Weg des
Herrn!"
Die vierte und letzte Kerze schließlich ist die Marienkerze. Sie
fordert dazu auf, wie die Muttergottes Christus mit offenem Herzen zu erwarten und aufzunehmen.
So ist der Advent eine stark geprägte Zeit voll tiefer
Glaubenssymbolik. Allem voran geht es darum, wie der große katholische
Theologe Karl Rahner schreibt, "dass Gott schon längst begonnen hat, seinen
Advent in der Welt und in den Herzen der Menschen zu feiern". Die Ewigkeit Gottes ist schon in meine und in unsere Zeit hineingekommen. Unter
dem ewigen Kommen und Gehen der Zeit wächst schon, oft ganz heimlich,
still und leise, das neue Leben, das Reich Gottes, das keinen Tod mehr kennt.
Letztlich dauert der Advent für uns Menschen ein ganzes Leben lang. Denn
unser Advent endet erst, wenn uns gesagt wird, wie dem Knecht im Gleichnis:"Komm und geh ein in die Freude deines Herrn!" So lädt uns der Advent
ein, uns darüber zu freuen, dass die Fesseln der Zeit, die Fesseln des Alltags
jetzt schon Schritt für Schritt von unseren Händen und Füßen abzufallen beginnen. Uns alle, die wir oft so schwer stöhnen unter dem Gefangensein und Versklavtsein in die gegenwärtige Zeit, lädt der Advent ein, uns in aller Stille
zu freuen, dass der Tag derFreiheit und der Erlösung schon ganz nahe ist.
27.11.08
Neumarkt: Gedanken zum Advent