Dem OB die Leviten gelesen


Noch ist die Diskussionsrunde entspannt – nach einer Stunde änderte sich dies schlagartig: IHK-Gremiumsvorsitzender Stefan Rödl, Oberbürgermeister Thomas Thumann, Moderatorin Eva Gaupp, Landrat Albert Löhner, Unternehmer Carl Fruth (von links).
Fotos: Erich Zwick
NEUMARKT. Eine Stunde lang hatte es so ausgesehen, als würde das "Wirtschaftsgespräch 2008" der Neumarkter Wirtschaftsjunioren als ein der stillen Adventszeit angepasster Meinungsaustausch über den Wirtschaftsstandort Neumarkt so vor sich dahinplätschern.

Doch dann gab Landrat Albert Löhner der Veranstaltung unter dem Motto "Wirtschaftsstandort Neumarkt – quo vadis?" eine unerwartete Wende. Zwar schlüpfte der Kreischef nicht gleich in die Rolle des Kaisers Nero, der das antike Rom niederbrannte, doch er zündete ein (verbales) Feuerwerk, das die Große Kreisstadt nicht im besten Licht erscheinen ließ.

Das Gezerre um das inzwischen gescheiterte Fachmarktzentrum war für ihn Dreh- und Angelpunkt, um mit dem Neumarkter Rathaus abzurechnen: "Das ist ein Trauerspiel sondergleichen", schimpfte er und im Nachsatz ergänzte er: "Das Fachmarktzentrum hindert andere Investoren."

Und dann holte er zum Rundumschlag in Richtung Stadtverwaltung aus: Großprojekte harren ihrer Fertigstellung, während ein jeder Zebrastreifen bejubelt würde. "Jahrelang wird nur debattiert und nichts fertig gestellt - das ist einer Stadt in der Größenordnung von Neumarkt einfach unwürdig", wetterte Löhner in Richtung Oberbürgermeister Thomas Thumann. Und auch die zahlreich erschienenen Stadträte ließ der Landrat nicht ungeschoren: "Sie sind mit der Stadtpolitik und den großen Projekten einfach überfordert."

In diesem Zusammenhang nannte Löhner das Projekt Stadthalle. Eine Stadt wie Neumarkt brauche sie, aber dazu brauche es auch eine andere politische Führung. Gegenwärtig verfahre man so, dass beim kleinsten Widerstand das ganze Projekt abgeblasen werden würde.

"Wir brauchen die Zusammenarbeit mit der Stadt", räumte Landrat Löhner ein, wobei er in Erinnerung rief, dass die wichtigsten Infrastruktureinrichtungen des Kreises in der Stadt angesiedelt sind, angefangen vom Klinikum, über die Gymnasien bis hin zur Berufsschule, um nur einige zu nennen.

In seiner Gegenrede konnte Oberbürgermeister Thomas Thumann darauf verweisen, dass beim Fachmarktzentrum eine Trennung vom Investor Krause unmittelbar bevorstehe und das Dilemma vor Beginn seiner Amtszeit begonnen habe, was auch für das PPP-Verfahren mit der Stadthalle zuträfe.

"Wir brauchen eine Optimierung der Zusammenarbeit", gab sich dann Landrat Albert Löhner versöhnlich, aber ganz traute er den Worten des Oberbürgermeisters dann doch nicht, als dieser von 58 Millionen Investitionssumme in Baumaßnahmen während der letzten drei Jahre sprach. "Sind da keine ‚Luftbuchungen’ dabei?", fragte er nach.

Als Thomas Thumann das verneinte, gab sich Albert Löhner immer noch nicht ganz zufrieden: "Na ja, die Stadt versteht wenigstens was von Marketing – die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit funktioniert."

Als einer der Zuhörer zaghaft anfragte, was wohl der Landrat anstelle des Oberbürgermeisters als erstes in Angriff nehmen würde, kam spontan die Antwort: "Der Bau einer Stadthalle" und "die Zusammenführung des Hallen- und Freibads unter einer Trägerschaft."

Aufgrund des doch nicht uninteressanten Disputs zwischen Landrat und Oberbürgermeister kamen die anderen beiden Podiumsdiskussionsteilnehmer, Stefan Rödl, der Vorsitzende des IHK-Gremiums Neumarkt, und der "innovative Unternehmer" Carl Fruth aus Lupburg beinahe ein wenig zu kurz.

Stefan Rödl machte sich für einen "Stadtmanager" stark, und Carl Fruth warnte davor, "nur mit einem Glöcklein zu läuten und dann zu meinen, es kämen die Investoren". Trotz der Heftigkeit, mit der die Diskussion über weite Strecken geführt wurde, hielt Moderatorin Eva Gaupp stets souverän "die Zügel in der Hand."
Erich Zwick


Trotz des schlechten Wetters platzte der Saal der gastgebenden Raiffeisenbank schier aus allen Nähten. Die Zuhörer brauchten ihr Kommen nicht zu bereuen.
02.12.08
Neumarkt: Dem OB die Leviten gelesen
Telefon Redaktion


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