"Damit ihr Hoffnung habt"

Von Dekan Monsignore Richard Distler

Bei Ausgrabungen in einer algerischen Stadt fand man vor ein paar Jahren einen Mosaikfußboden aus der Römerzeit. Auf diesem Fund aus dem 2.Jahrundert war die lateinische Inschrift zu lesen: "Jagen, Baden, Spielen und Trinken, das ist das Leben". Aber ist das schon das Leben, wie es damals die vornehmen Römer praktiziert haben? Was trägt uns dann, wenn wir das Leben nicht mehr genießen können? Bräuchten wir nicht eine Lebensperspektive für gute und böse Tage, eine Perspektive, die uns die Lebensangst aushalten lässt und die womöglich sogar die Grenze des Todes überschreitet?

Eine solche Perspektive zeigt uns der hohe Feiertag Christi Himmelfahrt. Aber Jesus kann doch nicht gleich einer Rakete in den Himmel, also in unser Universum aufgefahren sein.

Absolut nicht, das wäre ein völliges Missverständnis. Der "Himmel der Himmelfahrt" ist jener Himmel, von dem Jesus nach seiner Auferstehung zu Maria von Magdala spricht: "Ich gehe zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott". Aber ist dieser Heimgang Jesu für uns überhaupt eine Perspektive? Wenn er in den Himmel entschwindet, dann ist doch die Welt ohne Gott, dann gibt es doch keinen Ort mehr, wo Gott wohnt. Wie kann ich dann noch zu ihm beten, wenn mich die Sorgen quälen, wenn ich den Kürzeren ziehen muss oder krank werde? Haben da nicht diese vornehmen Römer recht, die auf ihren Fußboden die Worte schreiben ließen: "Jagen, Baden, Spielen und Trinken, das ist das Leben?"

Tatsächlich zeigt uns Christi Himmelfahrt auch die dunkle und verborgene Seite Gottes. Gleichzeitig aber ist es ein Fest voller Trost und Hoffnung. Es ist ein Fest, das uns sagt: Jesus nimmt Abschied und bleibt dennoch in der Welt gegenwärtig. Wie ist dieser Widerspruch auszuhalten? Bei seinem Weggehen nimmt Jesus alle Sorgen und Nöte dieser Erde mit zum Vater in den Himmel. Er versteht sie auch, weil er selbst ganz schlimm gelitten hat. Zum andern ist er nicht mehr nur auf seine Jünger bezogen: Nein, jetzt gehört er als Auferstandener und Erhöhter allen Menschen dieser Welt. Für alle ist er jetzt ansprechbar und anrufbar. Aber ganz viel hat er uns von sich zurückgelassen: Seinen Geist, sein Wort, sein Sakrament, seine Taten, seine Liebe, seine Hingabe, seine Gebote und seine Spuren.

Wer diese Spuren sucht und ihnen folgt, der erfährt jetzt schon mitten im Alltag eine "kleine Himmelfahrt". Für den ist das Leben mehr als nur sinnloser Genuss wie bei diesen vornehmen Römern. Für den ist diese Erde kein Jammertal, sondern ein Ort voller Hoffnung und Zuversicht. Oder kurz: Jesus geht zum Vater, "damit ihr Hoffnung habt", wie das Motto des Ökumenischen Kirchentags lautet, Hoffnung für dieses Leben und weit darüber hinaus.
12.05.10
Neumarkt: "Damit ihr Hoffnung habt"
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