"Der Ort, wo Gott wohnt"
Von Dekan Monsignore Richard Distler
"Damit für Sie der Himmel offen bleibt, haben wir auf Erden viel zu tun", so lautete der Werbeslogan einer bekannten Luftfahrt-Fluglinie. Dass viele auf Erden viel zu tun haben, daran besteht kein Zweifel. Unser Zweifel gilt eher der Frage, ob der Himmel existiert und offen bleibt und ob uns da auch jemand empfängt, wenn wir sterben müssen. Tatsächlich hat es der Himmel des Glaubens schwer im Zeitalter der Luft- und Raumfahrt, in einer Zeit, in der wir mit den tollsten Weltraumteleskopen die fernsten Galaxien orten und betrachten können.
An diesem 15.August feiert die katholische Kirche das hohe Fest der Himmelfahrt Mariens. Aber Maria oder auch Jesus ist doch nicht in den Weltraumhimmel aufgefahren? Absolut nicht: Der Himmel des Glaubens ist nicht der Ort kalter Sterne und Gaswolken, sondern der Ort, wo Gott wohnt, der Ort innigster Gemeinschaft und Freude mit allen Engeln und Heiligen. In diese himmlische Gemeinschaft wird Maria am Ende ihrer Tage aufgenommen.
Das heutige Fest spricht von einem Leben, das total geglückt und gut angekommen ist. Anscheinend war dieses Leben dermaßen kostbar und wertvoll, dass es nicht dem ewigen Tod geweiht sein konnte, sondern allein nur dem Leben. Maria ist anscheinend ganz da, wo sie eigentlich hingehört. Es wird ihr die Nähe des Himmels geschenkt. Aber warum gerade ihr? Ist nicht jedes Menschenleben kostbar und wertvoll?
Genau darum geht es ja an diesem hohen Marienfesttag. Es geht um die Zusage Gottes, dass menschliches Dasein nicht sinnlos ist, sondern ganz wertvoll, weil es eine ewige Zukunft hat. Damit uns aber diese Zukunft geschenkt werden kann, brauchen wir eine Sehnsucht, die uns zum Himmel erhebt. Wer kennt das nicht: Das Grau des Alltags, Stress, Mutlosigkeit und schmerzliche Erlebnisse? All das zieht uns nach unten. Deshalb lautet das Motto des Festgottesdienstes, der an diesem Sonntag von jungen Frauen in der Neumarkter Hofkirche gestaltet wird: "Sehnsucht erhebt".
Der Blick zur "Frau am Himmel", wie Maria in der Geheimen Offenbarung genannt wird, kann Herz und Seele erheben. Es ist der der Blick auf Maria, das "große Zeichen am Himmel", das Gott der Kirche und der ganzen Menschheit geschenkt hat. Dieser Blick entlastet und befreit. Der Blick auf die mit Leib und Seele aufgenommene Muttergottes erlöst und erfreut. Er sagt uns, dass auch uns nicht das Verderben, sondern der Himmel blüht.
Maria ist das Zeichen der Hoffnung und des Trostes, dass nichts sinnlos ist, was wir auf Erden mit Leib und Seele, mit Herz und Verstand und mit Liebe und Hingabe tun: Alles wird aufgehoben im Himmel, alles hat Ewigkeitswert. Oder um nochmals auf den Werbeslogan dieser Luftfahrt-Fluglinie zurückzukommen: Gott hat uns in Jesus und Maria den Himmel offengehalten, damit all das viele, das wir auf Erden an Gutem zu tun haben, nicht sinnlos, sondern voller Hoffnung ist und in einer ewigen Zukunft aufbewahrt wird.
Schon um das Jahr 440 ist der 15. August als "Tag der Gottesmutter Maria" bezeugt. Ab dem Jahr 580 wurde dieser Tag vor allem im Osten als Tag des "Heimgangs oder der Entschlafung Mariens" gefeiert, während sich im Westen ab dem 8. Jahrhundert die Bezeichnung: "Aufnahme der heiligen Maria oder Himmelfahrt Mariens" durchsetzte.
Papst Pius XII. hat dann im Jahr 1950 diesem ältesten Mariensfest mit der Verkündigung des Dogmas von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel nochmals eine besondere Betonung und Würdigung gegeben. Er wollte ein paar Jahre nach dem Desaster des 2.Weltkriegs mit Millionen von Toten am Beispiel Mariens die
Sinnhaftigkeit und den hohen Wert eines jeden Menschenlebens vor Augen stellen, gewiss auch tröstend im Blick auf die derzeitigen Naturkatastrophen.
13.08.10
Neumarkt: "Der Ort, wo Gott wohnt"