Anleihegläubiger entscheiden


Die Pfleiderer-Firmenzentrale in Neumarkt.
Foto: Pfleiderer AG
NEUMARKT. Die Einigung mit den Gläubigern ist offenbar längst nicht so "perfekt", wie dies Pfleiderer verkündet hat (wir berichteten mehrfach). Beobachter rechnen mit einem "Showdown".

Am 20. Juni findet eine Versammlung der Anleihegläubiger des Neumarkter Unternehmens statt. Und hier ist sehr wohl fraglich, ob Pfleiderer die notwendigen 75 Prozent Zustimmung für seine Restrukturierungspläne bekommt.

Die Aktionäre sind offenbar die ganz großen Verlierer. Sie und die Anleihegläubiger sind bei der Versammlung am 20. Juni "die große Unbekannte", wird ein Analyst im Handelsblatt zitiert.

Ein Anwalt, der dazu aufruft, die Sanierungsvorschläge auf der Gläubigerversammlung abzulehnen, bringt laut Handelsblatt die Möglichkeit ins Spiel, daß "die Restrukturierung von Pfleiderer nichts anderes ist als der trickreich eingefädelte Coup von Heuschrecken des Finanzmarkts". Gemeint sind die Hedgefonds, die nach der geplanten Restrukturierung in dem Neumarkter Unternehmen das Sagen hätten.

Der Kurs der Pfleiderer-Aktie fällt unterdessen weiterhin ins Bodenlose: er liegt bei rund 40 Cent und ist damit nach Meinung von Analysten immer noch zu teuer.

Link zum Thema: Handelsblatt

Aktualisierung

Kurz nach Erscheinen des Berichts in neumarktonline meldete sich am frühen Freitag-Nachmittag Pfleiderer mit einer umfassenden Pressemitteilung, in der Vorstandsvorsitzender Hans Overdiek fein säuberlich zwischen "Gläubigern" und "Hybridanleihegläubigern" unterscheidet und auf einen Umsatzzuwachs des Unternehmens von acht Prozent im Jahr 2010 und von rund zehn Prozent im ersten Quartal 2011 hinweist.

"Die operative Entwicklung der ersten fünf Monate dieses Jahres ist ermutigend und die Einigung mit den Gläubigern ein großer Schritt nach vorne", erklärte Overdiek. "Jetzt muss es uns gelingen, die Hybridanleihegläubiger und unsere Aktionäre zu überzeugen, denn es gibt keine Alternative zur vollständigen Umsetzung des Restrukturierungskonzepts", heißt es in der Pressemitteilung weiter.

Die am Freitag vorgelegten Zahlen sind vom Abschlussprüfer "durchgesehen", allerdings noch nicht endgültig abgesegnet worden. Das sei erst möglich, "wenn der Fortbestand von Pfleiderer verabschiedet", das heißt "die finanzielle Restrukturierung von der Gläubigerversammlung und Hauptversammlung mit der erforderlichen Mehrheit gebilligt und umgesetzt worden ist".

Nach den vorgelegten Zahlen ist die Nettoverschuldung bei Pfleiderer zum 31. Dezember 2010 auf 960 Millionen Euro gestiegen. Im Jahr 2010 habe das Unternehmen ein Ergebnis von 92 Millionen Euro erwirtschaftet - nach Wertberichtigungen und Restrukturierungskosten ergäbe sich allerdings ein Minus von 583 Millionen Euro.

Die Pfleiderer-Pressemitteilung (leicht gekürzt):

Die Pfleiderer AG verzeichnete im Geschäftsjahr 2010 auf der Basis vorläufiger und ungeprüfter Zahlen einen Umsatzanstieg im Konzern von 8 Prozent auf 1.493 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Das Konzernergebnis nach Steuern (Ergebnisanteil Anteilseigner) war – wie angekündigt – durch hohe außerordentliche Aufwendungen für Restrukturierung und Abschreibungen auf Beteiligungen und Firmenwerte belastet; es belief sich auf -723 Millionen Euro (2009: -69,8 Millionen Euro). Das Ergebnis pro Aktie betrug -12,47 Euro (2009: -1,38 Euro). Die Nettoverschuldung per 31. Dezember 2010 stieg auf 960 Millionen Euro im Vergleich zu 854 Millionen Euro am gleichen Vorjahresstichtag.

Das den Pfleiderer-Aktionären zuzurechnende Eigenkapital belief sich wegen des hohen Konzernverlustes Ende 2010 auf -301 Millionen Euro (31. Dezember 2009: 343 Millionen Euro).

Das operative Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) belief sich im Berichtszeitraum auf 92 Millionen Euro, im Vergleich zu 117,9 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2009. Unter Berücksichtigung der Restrukturierungsaufwendungen reduzierte sich das EBITDA im Geschäftsjahr 2010 auf 40 Millionen Euro (Vorjahr 100,4 Millionen Euro). Das Konzernergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) belief sich im Geschäftsjahr 2010, belastet durch hohe außerordentliche Abschreibungen, auf -583 Millionen Euro. Ohne außerordentliche Aufwendungen belief sich das EBIT auf -15 Millionen Euro. Im Geschäftsjahr 2009 betrug das EBIT -16,1 Millionen Euro, bereinigt um außerordentliche Aufwendungen waren es 8,2 Millionen Euro.

Die außerordentlichen Belastungen von 568 Millionen Euro resultieren aus Wertberichtigungen in der Region Nordamerika in Höhe von 464 Millionen Euro, aus Wertberichtigungen auf zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte in Höhe von 27 Millionen Euro sowie auf Restrukturierungskosten im Zusammenhang mit Werksschließungen in Höhe von 61 Millionen Euro und überige Restrukturierungskosten von 15 Millionen Euro.

Das Finanzergebnis war im Geschäftsjahr 2010 negativ bei -79 Millionen Euro nach einem Finanzergebnis von -48,8 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2009. Der Anstieg resultierte im Wesentlichen aus höheren Finanzierungskosten sowie einer höheren Verschuldung.

Die vorläufigen und ungeprüften Ergebnisse des ersten Quartals 2011 zeigen auf Basis einer vor allem in Westeuropa verbesserten operativen Entwicklung einen Anstieg des Konzernumsatzes um rund zehn Prozent auf 391 Millionen Euro im Vergleich zu 355,6 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Das EBITDA belief sich auf 20 Millionen Euro nach 22,2 Millionen Euro im 1. Quartal des Vorjahres.

Das Geschäftsjahr 2010 war – bei Pfleiderer wie in der gesamten Holzwerkstoffbranche - im Wesentlichen gekennzeichnet durch eine weiterhin unbefriedigende Kapazitätsauslastung, die Preisanpassungen verhinderte und den Konsolidierungsdruck verstärkte.

Ein weiterer wesentlicher Ergebnisfaktor des Geschäftsjahres war die negative Entwicklung der Einkaufspreise bei wichtigen Rohstoffen, die nicht durch höhere Verkaufspreise kompensiert werden konnte. Rohstoffkosten sind für 55 bis 60 Prozent der Kosten von Pfleiderer verantwortlich. Die Einkaufspreise bei Holz stiegen in Westeuropa um 19 Prozent, in Osteuropa um 31 Prozent und in Nordamerika um 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Eine vergleichbare Entwicklung gab es bei den Einkaufspreisen für Harz und Leim, die in Westeuropa um 17 Prozent, in Osteuropa um 30 Prozent und in Nordamerika um 12 Prozent stiegen.

Die von Pfleiderer durch die Schließung von drei Standorten aktiv vorgenommenen Kapazitätsanpassungen, die einhergingen mit einer Marktkonsolidierung, zeigten im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres erste Erfolge. So konnten unter anderem durch höhere Auslastung die Margen verbessert werden.

Die Umsetzung eines von Roland Berger gemeinsam mit dem Vorstand der Pfleiderer AG entwickelten Restrukturierungskonzepts soll dazu führen, dass Pfleiderer mittelfristig wieder Margen im zweistelligen Bereich erzielt und damit im Branchendurchschnitt der besten Wettbewerber agiert. Das Restrukturierungskonzept ist die Basis für die bereits am 12. Mai diesen Jahres bekannt gegebene Einigung mit den Gläubigern des Pfleiderer-Konzerns, die zu einem erheblichen Forderungsverzicht, der Bereitstellung eines weiteren Kreditrahmens und zur Beteiligung an einer Kapitalerhöhung bereits sind.

Die Einigung steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Hybridanleihegläubiger sowie der Aktionäre der Pfleiderer AG. Eine Versammlung für die Anleihegläubiger ist für den 20. Juni einberufen. Die Aktionäre sollen in einer außerordentlichen Hauptversammlung am 21. Juli 2011 über die entsprechenden Maßnahmen abstimmen.

Hans H. Overdiek, Vorstandsvorsitzender der Pfleiderer AG: "Die operative Entwicklung der ersten fünf Monate dieses Jahres ist ermutigend und die Einigung mit den Gläubigern ein großer Schritt nach vorne. Jetzt muss es uns gelingen, die Hybridanleihegläubiger und unsere Aktionäre zu überzeugen, denn es gibt keine Alternative zur vollständigen Umsetzung des Restrukturierungskonzepts."

Der Abschluss 2010 ist bereits vom Abschlussprüfer durchgesehen worden. Ein Testat kann aber erst erteilt werden, wenn der Fortbestand von Pfleiderer verabschiedet ist, d.h. die finanzielle Restrukturierung von der Gläubigerversammlung und Hauptversammlung mit der erforderlichen Mehrheit gebilligt und umgesetzt worden ist. Bis zur endgültigen Feststellung und Erteilung des Testats können die Zahlen sich noch ändern.

10.06.11
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