Gedanken zum Advent

Von Dekan Monsignore Richard Distler

Wann eigentlich hat der Advent aufgehört, die stillste Zeit im Jahr zu sein? Das muss schon lange her sein. Manchmal meint man, der Advent sei zur stressreichsten Zeit geworden. Da ist das und jenes zu besorgen, da sollte man da und dort gewesen sein. So viele Wichtigkeiten, soviel Rennen und Organisieren. Wir nehmen es uns zwar vor und haben im Geheimen doch Sehnsucht nach dem, der uns, den so Gestressten, Ruhe verschaffen möchte, nach Gott, nach dem Erlöser. "Wohl uns solch eines Herren", so singen wir sogar in einem Adventslied. Aber nehmen wir denn unsere eigene Sehnsucht auch wirklich wahr und ernst? Haben wir wirklich Sehnsucht nach Orten, wo wir mal nichts leisten, nichts kaufen, nichts kochen und nicht vorbereiten müssen. Nach Orten und Räumen der Stille, wo wir einfach nur da sein dürfen und wo wir unseren Puls und Herzschlag wieder wahrnehmen? Oder kurz: Wird es uns gelingen, den Advent wieder als eine "Zeit der Stille" neu zu entdecken?

Fragen wir uns deshalb heute an der Schwelle zum Advent: Worauf kommt es bei mir und bei meiner Familie an? Was möchte ich nicht versäumen? Wo muss ich unbedingt präsent sein und was kann ich streichen und auslassen? Was dient meiner Selbstbesinnung und Selbstfindung? Wie schaffe ich es, dass ich nicht ins Rotieren komme, sondern dass meine Seele wieder zum Leib kommt und der Leib zur Seele. Eine Möglichkeit ist der Ruf, der auf der großen Johannesglocke unserer Neumarkter Hofkirche wie für alle Zeiten eingegossen ist: "Eine Stimme ruft. Bereitet dem Herrn den Weg!" Es ist also die Frage, wie eben oder uneben, wie krumm oder gerade ist mein Weg und mein Lebensweg, damit der Herr sich auf den Weg zu mir machen kann. In vielen Pfarreien in unserem Dekanat und Landkreis werden Orte und Räume der Stille und der Besinnung angeboten. Nur wer weiß, was seine Prioritäten sind und was ihm wichtig ist, der wird solche Chancen nutzen, den Advent wieder zu einer Zeit der Stille werden zu lassen.

Lange galt der Advent als eine Bußzeit und die violette Farbe der Liturgie in der Kirche und des Messgewands deutet heute noch darauf hin. Bußzeit heißt: Nachdenken, sich besinnen: Woher komme ich, wohin gehe ich und wer bin ich eigentlich? Eine Buße im geistlichen Sinn ist keine Strafe wie das Bußgeld beim Amtsgericht, sondern eine gute Tat, die Böses wieder zum Guten wenden möchte. Der Advent als Bußzeit ist eine Zeit, die jedem die Chance zur Umkehr und zum Neuanfang schenkt. Aber dies ganz persönlich zu erkennen, dazu bedarf es wiederum der "Zeit der Stille". Wer sie neu entdeckt, der ahnt wohl kaum, welcher Segen und welche neue Kräfte ihm dabei geschenkt werden kann.
Ihnen einen gesegneten Advent!
01.12.12
Neumarkt: Gedanken zum Advent
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