Betäubung oder Besinnung ?

Von Dekan Monsignore Richard Distler

Dem Jahreswechsel begegnen die einen mit euphorischen Gefühlen, andere sehen ihn eher nüchtern und pragmatisch. Irgendwie wird man ja in der Nacht von Silvester zum Neujahr nicht um ein Jahr, sondern nur um einen Tag älter

wie jeden Tag auch. Gibt es vielleicht doch keinen Grund, in einen besonderen Jubel auszubrechen und diesen durch Krach, Lärm und Raketen noch zu steigern? Was also ist denn beim Jahreswechsel eigentlich angesagt: Betäubung oder doch Besinnung? Eines ist wohl gewiss: Beim Jahreswechsel spüren wir besonders stark die Ungewissheit und die Unsicherheit unserer eigenen Zukunft, aber auch die von geliebten Mitmenschen. Keiner von uns weiß sicher, ob er auch das Ende des neuen Jahres noch erlebt. "Unsicher sind die Berechnungen der Irdischen", so heißt es schon im Alten Testament. Tatsächlich bewegt sich unser Leben auf einem dünnen Eis, Einbrüche nicht ausgeschlossen.

Krankheiten, Unfälle, Rückschläge, Niederlagen: Das Leben ist manchmal grausam und birgt viele Risiken sich. Aber was tun im Blick auf die Ungewissheit und Unsicherheit der Zukunft?

Manche zelebrieren den Lärm, die Ablenkung oder die Betäubung. So ähnlich machte man es in früheren Zeiten, als die Welt noch voller Geister und Dämonen war. Aber je mehr man Krach machte, umso größer war wohl auch die Angst. Diese Variante des Jahreswechsels vertreibt jedoch auch heute nicht das Ungewisse und Bedrohliche der Zukunft. Und nochmals: Aber was dann tun im Blick auf alles Ungewisse? Was rät uns da der Glaube? In einem Lied aus dem Gotteslob Nr. 157 von Jochen Klepper heißt es: "Der allein der Ewige heißt und Anfang, Ziel und Mitte weist im Fluge unserer Zeiten. Bleib du uns gnädig zugewandt und führe uns an deiner Hand, damit wir sicher schreiten". Da wird uns also nicht zur Betäubung, sondern zur Besinnlichkeit geraten. Da wird uns geraten, unsere unsichere und brüchige menschliche Existenz in Gott festzumachen.

Verfällt nicht ein Mensch in eine falsche Selbstsicherheit, der sich von einem Jahr ins andere treiben lässt, ohne je einmal innezuhalten? Da rennt man dahin und dorthin und man muss fast überall gewesen sein. Nach außen hin gibt man eine gewisse "Coolness" vor. Wie aber sieht es im Inneren aus? Darauf gibt das 5.Kapitel aus dem Jakobusbrief eine nüchterne Antwort: "Ihr, die ihr Handel treibt, Reisen und Gewinne macht. Ihr wisst doch nicht, was morgen sein wird. Rauch seid ihr, den man eine Weile sieht und dann verschwindet er. Sagt lieber, wenn der Herr es will, werden wir leben". Aus diesen Zeilen spricht die Demut und Bescheidenheit eines gläubigen Menschen, der weiß: In diesem Leben gibt es keine totale Sicherheiten, Absicherungen oder Lebensversicherungen. Letztlich sind wir nicht einmal die Herren unseres Lebens, wenn wir es nicht an einem andern, an Gott festmachen. Solche Einsicht macht uns bescheiden und demütig, Sie gibt unserem Leben Format und vor allem eine größere Tiefe. "Diese Einsicht und dieser kleine und entscheidende Vorbehalt", so sagt einmal Gert Otto, "unterscheidet den Weisen vom Toren und den nachdenklichen vom oberflächlichen Menschen". Wäre das nicht auch eine Art, den Jahreswechsel zwar nicht ausgelassen, aber doch etwas gelassener und doch mit innerer Freude und Zuversicht zu begehen?
30.12.12
Neumarkt: Betäubung oder Besinnung ?
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