Gedanken zu "Mariä Lichtmess"
Von Dekan Monsignore Richard Distler
Manchmal ist es ziemlich überraschend, welch uralte Traditionen christliche Feste haben. So reicht das Fest "Mariä Lichtmess" oder das Fest der Darstellung des Herrn schon bis ins 4. Jahrhundert zurück und vermutlich ist es noch älter. Um 450 nannte man es das "Fest der Begegnung" vom Jesuskind mit dem Tempel und mit den Vertretern des Volkes Gottes in der Gestalt des greisen Simeon und der Prophetin Hanna. Da wird das Christkind 40 Tage nach Weihnachten Gott geweiht.

Nach den alttestamentlichen Vorschriften galt eine Frau 40 Tage nach der Geburt als kultisch, das heißt als gottesdienstlich unrein und musste ein "Sündopfer" entrichten. Maria und Josef opfern ein junges Taubenpaar für den Tempel. Denn der erstgeborene Knabe galt als "Eigentum des Herrn" und musste deshalb von den Eltern durch ein Opfer ausgelöst werden. Wie bewegend dann die Szene im Tempel: Simeon erkennt in diesem Kind den Messias und lobpreist den Gott Israels, wenn er sagt: "Nun kann ich in Frieden sterben, denn meine Augen haben das Heil und das Licht gesehen, das du der ganzen Welt bereitet hast".
Was für Worte aus dem Mund dieses alten Menschen: Er schaut in Jesus den Retter und Messias für Juden und Heiden. Er nennt ihn ein Licht. Daher auch der Name dieses Festes "Lichtmess", von dem es schon im 4. Jahrhundert heißt: "Niemand soll dem Tragen der Lichter fernbleiben!" Dies deutet gewiss schon auf eine Lichterprozession hin, die es dann ab dem 5. Jahrhundert auch in Rom und ab dem 9. Jahrhundert in Gallien gab, dort verbunden mit einer Lichterweihe wie noch heute.
Interessant ist, dass in der Kindheitsgeschichte Jesu uns manch alttestamentliche Bräuche überliefert sind, die auch die Eltern Jesu geschätzt haben. Der Grund ist eben, dass der Neue Bund in Christus aus dem alten hervorgeht wie ein Baum aus seiner Wurzel. Dennoch erfahren wir bereits aus dem Mund des Simeon, dass dieser Christus zu einem Zeichen des Widerspruchs gegenüber seinem eigenen Volk werden wird.
Deshalb muss jeder, der seine Botschaft hört, sich für oder gegen ihn entscheiden. Hier zeichnet sich schon an der Schwelle des Neuen Bundes der dunkle Schatten des Kreuzes von Golgota ab. Maria selbst wird unter diesem Widerspruch gegenüber Jesus zu leiden haben, wenn Simeon sagt: "Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen".
Aber nicht nur damals, auch heute wird Christus für jeden unter uns zum Zeichen des Widerspruchs, auch heute ruft er uns zur Entscheidung für oder gegen ihn. Die Frage ist, ob wir als Christen diese Wahrheit auch annehmen, dass wir schon durch die Taufe von diesem großen "Lichtmesslicht" erleuchtet sind. So ist es die Berufung eines Christen, als Erleuchteter auch für andere zum Licht zu werden. Wenn heute manchmal Irrlichter in vielfacher Gestalt, bis hin zum dümmsten Aberglauben durch unsere Zeit geistern, dann ist auch nicht zu übersehen, dass viele Menschen auch heute Sehnsucht haben nach dem "wahren Licht, das jeden Menschen erleuchtet, der in diese Welt kommt", wie es im Johannesevangelium heißt. Der Lichtmesstag zeigt uns an, wo dieses wahre Licht zu suchen und zu finden ist.
01.02.13
Neumarkt: Gedanken zu "Mariä Lichtmess"