Drei Wochen Verzögerung


Am Freitag fand das traditionelle Ernte-Pressegespräch statt.

NEUMARKT. Die ungünstige Witterung hat auch den Landwirten im Landkreis Neumarkt zu schaffen gemacht, hieß es beim Erntepressegespräch am Freitag am Neumarkter Stadtrand. In anderen oberpfälzer Gebieten kam auch noch das Hochwasser hinzu.

"Das Hochwasser hat Äcker und Wiesen überflutet, junge Pflanzen und ganze Ernten wurden vernichtet", sagte Franz Kustner, Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbandes Oberpfalz beim Erntepressegespräch des BBV-Bezirksverbandes auf dem Betrieb von Josef Liedlbier in Ungenricht bei Neumarkt. Dazu kommt der lange Winter und widrige Witterungsverhältnisse im Mai und Juni: "Die Bauern können deshalb erst zwei bis drei Wochen später mit der Ernte beginnen."

In der letzten Woche startete bei schöner Witterung die Wintergerstenernte 2013. Und jetzt rollen wieder die Mähdrescher. Sommergerste, Roggen, Triticale, Raps und Winterweizen befinden sich noch in der Korneinlagerungsphase. "Wir brauchen jetzt dringend zwischendurch Regen und dazu einige Tage oder Wochen mit Sonnenschein. Die Haupternte wird erst Anfang oder Mitte August in vollem Gange sein", sagte Kustner.

Trotz großer Schäden durch Witterung und Hochwasser erwarten die Landwirte in der Oberpfalz eine nur "unterdurchschnittliche" Getreideernte. "In diesem Jahr kamen die ertragsreicheren Winterkulturen gut über den Winter", sagte Kreisobmann Martin Schmid. Nach ersten Schätzungen muss trotzdem mit Totalausfällen auf rund vier Prozent der Acker- und Grünlandfläche in der Oberpfalz gerechnet werden.

"Auf unseren Böden, vor allem in den Tallagen gab es größere Probleme mit der Feuchtigkeit. Nach dieser extremen Nässe haben die Pflanzen nur flach gewurzelt und bei der jetzigen Trockenheit ist mit einer Notreife des Getreides zu rechnen", erklärt Schmid. Zurückhaltend sind auch die Erwartungen bei den Sommerrungen: "Die Sommergerste hat sich sehr unterschiedlich entwickelt und vor allem der Mais ist in seiner Entwicklung deutlich zurück", so BBV-Bezirkspräsident Kustner.

Auch bei Zuckerrüben oder Kartoffeln führt eine späte Aussaat sowie der kühle und nasse Frühsommer zu gedämpften Erwartungen. "Deshalb ist bei den sogenannten Hackfrüchten mit Einbußen zu rechnen." Der Bauernverband geht davon aus, dass die Landwirte in der Oberpfalz eine geringere Ernte als in den letzten Jahren einfahren werden.

"Doch neben der Menge entscheidet die Qualität, ob die Ernte zufriedenstellend ausfällt", sagte Betriebsleiter Josef Liedlbier. "Nur wenn das Wetter zur Erntezeit mitspielt, kann Weizen oder Gerste auch wirklich zum Backen oder Bierbrauen verwendet werden." Deshalb wünscht sich Landwirt Liedlbier "einen nicht zu heißen Juli mit etwas Regen für eine gute Kornfüllung und dann einen warmen und vor allem trockenen August für eine reibungslose Ernte".

Besonders entlang der Donau sowie in Bereichen Naab und Schwarzach hat das Hochwasser Land und Leute massiv getroffen. Insgesamt sind in Bayern nach Schätzungen des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums fast 70.000 Hektar Acker- und Grünland vom Hochwasser betroffen: 35.000 Hektar Grünland, 30.000 Hektar Ackerland, 2.500 Hektar Gemüsebau und Sonderkulturen. Die Oberpfalz ist dabei vergleichsweise glimpflich davon gekommen.

Das ganze Ausmaß der Schäden ist aber selbst heute noch nicht abschätzbar. Insgesamt muss in der bayerischen Land- und Forstwirtschaft von Schäden in Höhe von mindestens 115 Millionen Euro ausgegangen werden. Zudem sorgten in diesem Jahr viele Unwetter mit heftigen Niederschlägen und Hagel in mehreren Landkreisen für zusätzliche Überschwemmungen und Schäden an Hof und Flur. Neben enormen Verlusten an den Kulturen, unter anderem im Gemüsebereich, hat es eine Anzahl von Betrieben mit der gesamten Hofstelle einschließlich ihrer Wohngebäude getroffen, so BBV-Bezirkspräsident Franz Kustner. Entsprechend hoch sind dann auch die Schäden.

Auf dem Weltmarkt sind heuer keine Sondereffekte – wie beispielsweise die Hitze und Trockenheit in den USA und der Schwarzmeerregion 2012 – erkennbar. Doch auf einem globalen und volatilen Markt seien Vorhersagen nahezu unmöglich geworden. Neben Erntemengen gewinnen auch außerlandwirtschaftliche Einflüsse wie Wirtschaftswachstum, Dollarkurs oder Turbulenzen an den Finanzmärkten immer mehr Einfluss auf die Erzeugerpreise in Bayern. Den Getreide- und Rapsbauern rät Kustner sich regelmäßig zu informieren und die Märkte genau zu beobachten. Sein Rat für eine gelungene Vermarktung: "In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt: Wer seine Verkäufe aufteilt, fährt unter dem Strich ganz gut".
19.07.13
Neumarkt: Drei Wochen Verzögerung
Telefon Redaktion


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